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Am 11. April tritt die neue Verordnung der Europäischen Union zum Schutz der Verbraucher in Kraft, um den umstrittenen Stoff Acrylamid in Pommes Frites und anderen Lebensmitteln weiter zu reduzieren.
© Ina Fassbender/dpa

Neue EU-Verordnung: Was hinter der Acrylamid-Warnung steckt

Die EU verordnet weniger Acrylamid im Essen. Was ist das für eine Chemikalie, woher kommt sie, wie schädlich ist sie wirklich?

Was ist Acrylamid? Acrylamid ist ein kleines, stickstoffhaltiges Molekül. Es wird industriell vielfach verwendet und spielt auch in der biologischen und medizinischen Forschung eine Rolle.

Worin kommt Acrylamid vor? Der Stoff entsteht bei Erhitzung von stärkehaltigen Lebensmitteln über 120 Grad, also etwa beim Backen, Frittieren, Rösten oder der industriellen Herstellung von Fertigprodukten aus Mehl oder Kartoffeln, also etwa Keksen oder Chips.

Ist Acrylamid gesundheitsschädlich? Acrylamid an sich ist nicht einmal in den realistisch in normalem Essen und Snacks höchstmöglichen Dosen problematisch. In Tierversuchen hat sich aber gezeigt, dass etwa in Ratten Acrylamid in Glycamid umgewandelt wird. Dieser Stoff ist krebserregend. Allerdings sind diese Tierversuchs-Ergebnisse kaum auf den Menschen zu übertragen, da dessen Stoffwechsel anders funktioniert. Die aktuelle Studienlage legt nahe, dass bei Menschen kaum Acrylamid zu Glycamid umgebaut wird.

Warum verordnet die EU-Kommission jetzt Maßnahmen zur Reduzierung von Acrylamid?

Die offizielle Begründung lautet, dass dies nötig sei, weil freiwillige Maßnahmen, die angemahnt worden waren und den Acrylamidgehalt in Lebensmitteln reduzieren sollten, nicht den erhofften Erfolg gebracht hätten. Diese Vorgaben wiederum beruhen unter anderem auf einem Gutachten der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) von 2015.

Zu welchem Ergebnis kam das EFSA-Gutachten?

Die Gutachter schlossen, so ist es sogar auf der Website des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit zu lesen, dass „aufgrund der uneinheitlichen Datenlage ein Zusammenhang zwischen der Acrylamidaufnahme und einer Krebserkrankung beim Menschen weder angenommen noch ausgeschlossen werden kann.“ Im Klartext: Manche Studien weisen in die eine, andere in die andere Richtung.

Tatsächlich gibt es auch Untersuchungen, etwa durchgeführt an der Uni Kaiserslautern, die bei acrylamidreicher Ernährung ein sinkendes Darmkrebsrisiko ausmachen. Grund könnten andere, ebenfalls bei hohen Temperaturen entstehende und vor Krebs schützende Stoffe sein, die etwa in Brotkrusten vorkommen. Die Grundlage der jetzt in Kraft getretenen so genannten „Pommes-Verordnung“ ist allein eine Modellrechnung, die zu dem Schluss kommt, dass eine Gesundheitsgefahr für den Menschen „nicht ausgeschlossen werden kann“. Wieder im Klartext: Man weiß nicht, ob Acrylamid gefährlich ist, und trotzdem verordnet man Maßnahmen zur Reduzierung.

Wie sollte man als Verbraucherin und Verbraucher reagieren?

Es gilt wie bei fast allen Themen rund um gesundes oder ungesundes Essen: Panik ist bei der wissenschaftlichen Datenlage völlig fehl am Platze. Man sollte sich möglichst abwechslungsreich und dem persönlichen Appetit entgegenkommend die Nahrung zusammenstellen. Möglichst wenige Fertigprodukte sollten gegessen werden.

Das ist für Menschen, die sich nicht aufgrund konkreter Erkrankungen speziell ernähren müssen, der beste Weg. Auf diese Weise erhält man am ehesten die Inhaltsstoffe, die man braucht und limitiert automatisch einzelne Substanzen, die vielleicht ungesund wirken können.

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