Coronavariante aus Vietnam: Was bisher über die neue Mutante bekannt ist
Das Coronavirus verändert sich durch zufällige Kopierfehler. Wenn ein Mensch von zwei Varianten infiziert wird, könnten sie sich aber auch zusammentun.
Die Regierung von Vietnam hat am Wochenende bekanntgegeben, dass eine neue Variante des Coronavirus im Land entdeckt worden sei. Der Gesundheitsminister Nguyen Thanh Long sagte Berichten staatlicher Medien zufolge, die neue Variante weise sowohl Eigenschaften der britischen als auch der indischen Form auf. Sie sei sehr leicht übertragbar, vor allem über die Luft.
„Zu dieser Variante ist leider wenig bekannt“, sagte Richard Neher vom Biozentrum der Universität Basel dem Tagesspiegel. Nach den bislang berichteten Eigenschaften sieht er „noch keinen Grund zur Sorge“.
Veränderte Eigenschaften des Erregers
Erste genetische Analysen ergaben nach Angaben der Zeitung „VnExpress“, dass das Spike-Protein der vietnamesischen Variante dem der zuerst in Indien nachgewiesenen Variante B.1.617.2 sehr ähnlich ist. Allerdings hat es darüber hinaus eine zusätzliche Mutation, Y144, die auch in der zuerst in Großbritannien nachgewiesenen Variante B.1.1.7. in ähnlicher Form vorkommt.
Ob diese Mutation neu und zufällig an der gleichen Position im Viruserbgut entstanden ist oder durch eine Kombination von Viruserbgutstücken der indischen und der britischen Variante in doppelt infizierten Patienten, ist offen.
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Bei den bislang kursierenden Varianten geht man davon aus, dass sie im Laufe ihrer Vermehrung und Verbreitung Mutation für Mutation angehäuft und somit Eigenschaften erworben haben, mit denen sie sich gegen die ursprünglich verbreiteten Varianten durchsetzen konnten. Solche Mutationen entstehen beim millionenfachen Kopieren des Erbguts für neue Viren. Die allermeisten verändern die Eigenschaften des Virus nicht, doch einige können die Übertragbarkeit des Virus erleichtern oder Menschen häufiger schwer erkranken lassen.
Die britische Variante B.1.1.7, die inzwischen auch in Deutschland die vorherrschende Variante ist, ist aufgrund ihrer Mutationen leichter von Mensch zu Mensch übertragbar als die zuvor zirkulierenden Varianten. Es gibt auch Hinweise darauf, dass mehr Infizierte unabhängig von ihrem Alter infolge der Erkrankung sterben.
Vermischung in infizierten Zellen
Die jetzt auch bei der vietnamesischen Variante gefundene Mutation Y144 der britischen Variante führt dazu, dass dem Spike-Protein ein Aminosäurebaustein fehlt. Dadurch ändert sich die Form des Proteins, mit dem die Viren in die Zellen gelangen. Möglich ist auch, dass die Antikörper des Immunsystems dieses veränderte Spike-Protein nicht mehr binden.
[Mehr zum Thema: Angst vor Corona-Mutanten - was man jetzt über die neuen Virusvarianten wissen muss]
Menschen, die eine Infektion mit einer ursprünglicheren Variante durchgemacht haben, oder die mit einer ursprünglicheren Variante des Spike-Proteins immunisiert worden sind, könnten dann weniger gut vor einer Infektion mit der vietnamesischen Variante geschützt sein.
Es ist möglich, dass die auch in Vietnam zirkulierende indische Variante B.1.617.2 diese Eigenschaft durch eine weitere Mutation erworben hat. Sie könnte aber auch durch Rekombination entstanden sein: die Vermischung der indischen mit der britischen Variante.
Eine solche Rekombination hat das Forschungsteam um Ben Jackson von der britischen University of Edinburgh und das wissenschaftliche Konsortium „COVID-19 Genomics UK“ bei Infizierten im Vereinigten Königreich beobachtet.
Sie entdeckten Varianten des Virus, die einige, aber nicht alle Merkmale der britischen Variante aufweisen, und vermuten, dass ganze Erbgutabschnitte dieser Virustypen von anderen Varianten übernommen wurden. Das ist möglich, wenn eine menschliche Zelle von zwei unterschiedlichen Virusvarianten infiziert wird und bei der Produktion neuer Viren Mischformen entstehen.
Die britische Variante wurde in Vietnam erstmals im Dezember identifiziert. Auch die indische Variante wurde bereits nachgewiesen. Es ist also denkbar, dass die neue Variante durch Rekombination entstanden ist. Dagegen spricht, dass es für die Varianten bislang wenig Gelegenheiten gab zusammenzutreffen: Bis Sonntag hatten sich erst 7107 der etwa 100 Millionen Einwohner Vietnams infiziert. (mit dpa)
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