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Ein Gruppe von Mädchen tippt auf ihren Smartphones herum.
© imago images/Bildgehege

Wie sich Jugendliche online engagieren: Videos gucken, spielen - und mitmischen

Medienforscher fragen nach dem digitalen Engagement von Kindern und Jugendlichen: Nicht alle Nachrichten interessieren - und Greta ist ein großes Vorbild.

Schotten Kinder und Jugendliche sich in virtuellen Räumen ab, wenn sie stundenlang über ihren Smartphones hängen? Oder gehen sie über die sozialen Medien auch in einen echten Austausch mit ihren Peers – und mit dem gesellschaftlichen Geschehen um sie herum? Was Erwachsene sich besorgt fragen, hat das Leibniz-Institut für Medienforschung in Hamburg jetzt im Auftrag der Deutsche Telekom Stiftung erforscht.

Videos-Gucken, Musikhören und Spiele spielen stehen tatsächlich an der Spitze der Online-Aktivitäten aller befragten Altersgruppen von neun bis 17 Jahren. Doch schon bei den 12- bis 14-jährigen und den 15- bis 17-Jährigen schiebt sich die Nutzung des Internets für die Hausaufgaben mit 73 und 77 Prozent der positiven Antworten vor das Spielen (65 beziehungsweise 70 Prozent).

Immerhin 56 Prozent der Älteren lesen online aber auch Nachrichten, ein Viertel sucht Kontakt zu Menschen aus anderen Ländern. Und 17 Prozent diskutieren mit anderen über politische oder soziale Probleme. Das sind zentrale Ergebnisse aus der Studie „Digitale Teilhabe von Kindern und Jugendlichen“, die die Telekom Stiftung am Dienstagvormittag veröffentlicht hat. Zuerst berichtet hat am frühen Morgen der Tagesspiegel Background Digitalisierung & KI.

Das Team vom Hamburger Hans-Bredow-Institut hat im Juni und Juli 2019 bundesweit 1044 Neun- bis 17-Jährige befragt. „Digitale Teilhabe“ legen die Medienforscher dabei breit aus. Zunächst geht es darum, wie sie sich mit anderen Menschen und der Gesellschaft in Beziehung setzen – etwa beim gemeinsamen Spielen oder eben mit gezieltem politischen Interesse. Konkreter wird es bei der Frage nach der Nutzung aktueller Nachrichten.

Lustige oder sonderbare Nachrichten am interessantesten

Bei den Nachrichtenquellen überwiegt das Fernsehen – 69 Prozent derjenigen, die Nachrichten wahrnehmen, informieren sich dort. Es folgen – jeweils über alle Altersgruppen - soziale Netzwerke (41 Prozent) und Radionachrichten (28 Prozent). Sind schon die gedruckten Zeitungen mit 14 Prozent abgeschlagen, gilt dies erst recht für Websites oder Apps von Zeitungen mit nur sieben Prozent. Bei den älteren Jugendlichen guckt aber schon knapp ein Viertel in ein Printprodukt und 13 Prozent nutzen dessen App.

[Lesen Sie auch unseren aktuellen Artikel zum Thema: Der Medienwissenschaftler Guido Zurstiege erforscht das wachsende Bedürfnis nach "Digital Detox"]

Das Spektrum der Nachrichten, die wirklich interessieren, ist wiederum sehr breit: Mit 31 Prozent liegen „lustige oder sonderbare Nachrichten“ knapp vor News über Stars, Sportnachrichten und Lifestyle. Nur sieben Prozent finden internationale Nachrichten äußerst oder sehr interessant, bei Wissenschaft und Technologie sind es immerhin zwölf Prozent.

Partizipation im eigentlichen Sinn kommt erst beim Umgang mit den Nachrichten ins Spiel: Hier bewerten oder liken mit 36 Prozent der Nutzer ebenso viele die Nachricht wie mit Freunden darüber reden. Knapp ein Drittel kommentiert Nachrichten in sozialen Netzwerken, aber nur 14 Prozent teilen sie auch online. Bei den Älteren liegen die Werte jeweils deutlich höher, so bewerten 58 Prozent gelesene Nachrichten, 26 Prozent teilen sie und 56 Prozent reden darüber.

Fridays for Future führen zu stärkerem Engagement

Der Schritt zum aktiven gesellschaftlichen Engagement ist dann doch sehr weit. Lediglich fünf Prozent sagen, dass sie sich an gesellschaftlich relevanten Kampagnen oder Initiativen etwa zum Klimaschutz beteiligen. Bei den Älteren sind es immerhin zehn Prozent. Gleichzeitig fühlen sich sechs Prozent der Neun- bis Elfjährigen, 18 Prozent der Zwölf- bis 14-Jährigen und 35 Prozent der 15- bis 17-Jährigen gut „über die für unser Land wichtigsten politischen Themen“ informiert.

Konkret gefragt wurde nach der Schülerbewegung Fridays for Future – und dabei zeigt sich ein deutlich stärkeres Engagement. Von Fridays for Future und von Greta Thunberg haben je nach Altersgruppe zwischen 72 und 89 Prozent gehört. Insgesamt 46 Prozent haben sich über die Bewegung im Internet informiert. Unter den 15- bis 17-Jährigen nahm immerhin ein Viertel an einer FFF-Demo teil, in der mittleren Altersgruppe waren es 18 Prozent und bei den Jüngsten sieben Prozent.

Sie wünschen sich Tipps zur Online-Suche nach Politikthemen

Noten verteilen die Medienforschenden nicht für die „digitale Teilhabe“, aber sie identifizieren fünf Nutzertypen – vom „spielorientierten Wenignutzer“ - mit 1,5 Onlinestunden pro Tag - über die „Spiel- und Unterhaltungsorientierten“ (2,7 Stunden) bis zu den „Informations- und Kommunikationsorientierten“ (2,9 Stunden).

Zarte Hinweise, wie sich das Online-Verhalten von Kindern und Jugendlichen in Richtung einer stärkeren gesellschaftlich-politischen Partizipation entwickeln könnte, geben sie selber. So wünscht sich ein Drittel der 15- bis 17-Jährigen Ratschläge zum Erkennen von Fake News und jeder Fünfte hätte gerne Tipps, wie man sich online über politische Themen informieren kann. Die Hamburger Forscher empfehlen, das Spektrum an Beteiligungsmöglichkeiten für Jugendliche zu erweitern – online und offline – und sie bei der Organisation eigener Aktivitäten zu unterstützen.

Fragen auch zur Online-Sicherheit

Gefragt wurde auch nach "Unterstützungsbedarf" zum Thema Sicherheit im Internet. Quer durch alle Altersgruppen fordern 16 Prozent Schülerinnen und Schüler "Ratschläge, wie man anderen helfen kann, wenn man mitbekommt, dass sie online belästigt/gemobbt werden". Bei den Älteren sind es 21 Prozent. Tipps zur Online-Sicherheit wünschen sich 17 Prozent der Befragten.

Anlässlich des am heutigen Dienstag stattfindenden „Safer Internet Day“ hat der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Johannes Wilhelm Rörig, erneut gefordert, den Kinderschutz bei digitalen Angeboten zu verbessern. „Wir brauchen eine Debatte zum Verhältnis von Datenschutz und Kinderschutz im Netz“, erklärte er am Montag in Berlin. Damit Kinder die Chancen und Risiken der digitalen Welt richtig einschätzen können, sprach er sich für ein eigenes Schulfach Medienkompetenz aus.

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