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Bunt, schön sortiert - und in diesem Fall zum Glück noch groß genug, um wieder ausgehustet zu werden: in der Umwelt gefundenes Mikroplastik.
© CSIC

Mikrokunststoff in der Luft: Unser Leben in der Plastikwolke

Forscher zeigen, dass offenbar lauter Mikroplastik um uns herum schwebt. Ein guter Grund, jetzt tief Luft zu holen - und endlich etwas zu unternehmen.

Eine Studie von Wissenschaftlern des Bremerhavener Alfred-Wegener-Instituts zeigt, dass Mikroplastik wahrscheinlich rund um den Globus in der Luft schwebt. Das bedeutet: Wir atmen es ein. Oft. Vermutlich jeden Tag.

Wir leben schon lange im Plastikhauch

Muss uns das beunruhigen? Wir wissen es nicht. Noch ist jedenfalls keine dadurch ausgelöste Krankheit bekannt. Und das, obwohl wir das Zeug mit Sicherheit schon über Jahre und Jahrzehnte inhalieren, weil wir seit Mitte des 20. Jahrhunderts massiv Kunststoff in die Umwelt gebracht haben. Und die Menschen in den Industrieländern, die den Partikeln über die längsten Zeiträume ausgesetzt waren und sind, sind bis jetzt nicht aufgrund einer vielleicht doch auf die Kunststoffteilchen zurückzuführenden Epidemie reihenweise umgefallen.

Im Gegenteil: Die Lebenserwartung steigt nach wie vor. Zudem gilt Plastik, das in einen Organismus hineinkommt, allgemein als „inert“. Das heißt, es wäre dann einfach nur da und würde keine chemischen Reaktionen auslösen - also wirkungslos bleiben. Es wird meist auch wieder herausgeschafft, über den Schleim der Atemwege etwa.

Kein Stopp an der Grenze der Nachweisbarkeit

Es gibt also angesichts dessen, was man weiß, keinen Grund zur Panik. Doch das, was man weiß, ist eben auch nicht viel. Beruhigend müsste eigentlich der Hinweis eines Experten des Umweltbundesamtes sein. Der sagt, das nachweisbare Mikroplastik sei schlicht viel zu groß, um tief in die Lunge einzudringen. Aber Plastik, das einmal die Größe einer Aldi-Tüte oder einer Styroporplatte hatte, zerfällt immer weiter. Es macht nicht an der Nachweisbarkeitsgrenze Halt. Das Problem könnte also ein Mikroplastik sein, das mit gängigen Methoden bisher kaum nachzuweisen ist. Über dieses „Nanoplastik“ und seine möglichen Wirkungen ist aber kaum etwas bekannt.

Wissenschaftlich gesichert ist: Je kleiner ein Teilchen, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass es in den Körper gelangt, bis hinein in die Zellen. Richtet es dort Schaden an? Oder liegt es untätig-ungefährlich herum? Wird es durch zelluläre Müllentsorgung wieder ausgeschleust?

Viele Gründe für weniger Plastik

Dazu gibt es wieder einmal zu wenig solide Forschungsdaten – zumal es eben viele strukturell und chemisch unterschiedliche Arten von Mikro- und Nanoplastik gibt. Manches setzt vielleicht gefährliche Moleküle frei, manches ist faserig und hat vielleicht ähnliche Wirkungen wie Asbest. Vielleicht sind die Mengen, denen wir ausgesetzt sind, aber auch vollkommen ungefährlich. Vielleicht härten sie uns aufgrund von als „Hormesis“ bezeichneten zellulären Widerstandsmechanismen sogar gegen Plastik und anderen Dreck ab.

Vielleicht, vielleicht. Lauter offene Fragen. Es ist deshalb wichtig, schnellstens die Forschung auf diesem Gebiet gezielt auszubauen. Aber eben nicht nur. Denn es gibt jede Menge Gründe, jetzt - und eben nicht erst, wenn irgendwann in Zukunft vielleicht sichere Daten vorliegen - international und mit Nachdruck dafür zu sorgen, dass viel, viel weniger Kunststoff als bisher in die Umwelt gelangt. Dass er in zerkleinerter Form „vielleicht“ ungesund ist, ist nur einer davon.

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