Streit um befristete Stellen in der Wissenschaft: Unis und Außeruniversitäre wollen kein neues Gesetz
Nachwuchswissenschaftler hoffen auf eine Gesetzesnovelle, die den Missbrauch von Befristungen eindämmt. Die Wissenschaftsallianz pocht auf Flexibilität - und auch SPD und Union streiten weiter.
Droht bei den politischen Initiativen, die Nachwuchswissenschaftlern bessere Arbeitsbedingungen bringen sollen, eine Blockade? Unis und Wissenschaftsorganisationen haben Vorbehalte gegen ein Gesetz, das kurzzeitige Befristungen von Arbeitsverträgen verhindern soll. In einem Brief an Ministerin Johanna Wanka (CDU) und die Koalitionsfraktionen pocht die Allianz der Wissenschaftsorganisationen darauf, Personal weiterhin flexibel beschäftigen zu können.
Dabei geht es der Allianz um nichtwissenschaftliche Mitarbeiter, die die SPD aus dem Wissenschaftszeitvertragsgesetz herauslassen will. Es regele die Befristungen für Qualifizierungen, also etwa für promovierende Mitarbeiter, erklärte die stellvertretende Vorsitzende des Bildungsausschusses, Simone Raatz (SPD) am Dienstag. „Das nichtwissenschaftliche Personal erfüllt dagegen Daueraufgaben, die mit Dauerstellen zu besetzen sind.“
Allianz: Leitlinien gegen Befristungsmissbrauch reichen
Doch die Allianz warnt, dies gefährde Drittmittelprojekte. Mehr noch: Auch die Qualifizierungszeit für wissenschaftliche Mitarbeiter solle nicht – wie von SPD und Gewerkschaften angestrebt – gesetzlich geregelt werden . Dies hält die Allianz für „entbehrlich“, weil sich wissenschaftliche Einrichtungen schon durch Leitlinien verpflichten würden, Nachwuchswissenschaftler so zu beschäftigen, dass sie ihre Qualifizierungsziele erreichen können.
Wer sich um seine Existenz sorgt, kann nicht nachdenken
Dass die Vertreter der Allianz skeptisch sind, hatte sich schon am Montag bei der Wissenschaftskonferenz der SPD-Fraktion gezeigt. Horst Hippler, Präsident der HRK, sagte: „Mehr Sicherheit in der Wissenschaft ist nicht wirklich möglich. Wissenschaft ist sehr dynamisch. Wir können nicht alles zementieren.“ Die SPD erkennt das teilweise an: „Selektivität und Konkurrenz sind auch Merkmale von Wissenschaft“, sagte SPD–Fraktionsvize Hubertus Heil. Darum wolle die SPD befristete Verträge auch nicht abschaffen. Wohl aber gebe es Missbrauch, der beendet werden müsse. Fraktionschef Thomas Oppermann erklärte: „Wissenschaft braucht Zeit zum Nachdenken.“ Wer sich ständig um seine Existenz sorge, könne jedoch nicht gut nachdenken.
"Wissenschaft lebt von der Bestenauswahl"
CDU-Bildungsexperte Michael Kretschmer sagte am Dienstag, im Kern sei man sich mit der SPD einig, aber nicht bei Details etwa zu nichtwissenschaftlichen Mitarbeitern. Dass es für Daueraufgaben Dauerstellen geben müsse und sich Befristungen an Projektlaufzeiten und Qualifizierungszeiten orientieren sollten, „kann jeder unterschreiben“. „Aber Wissenschaft lebt vom Wechsel und von der Bestenauswahl, Menschen müssen auch wieder aus dem System ausscheiden können“, sagt Kretschmer. Ein gemeinsamer Gesetzentwurf müsse jetzt sorgsam erarbeitet werden, die Union lasse sich dabei nicht unter Zeitdruck setzen. SPD-Expertin Raatz spricht dagegen von einer Blockadehaltung der Unionsfraktion. Ein Eckpunktepapier zum Zeitvertragsgesetz sei bereits zwischen dem BMBF und den Berichterstatterinnen beider Fraktionen abgestimmt gewesen.
Amory Burchard, Anja Kühne
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