Wanka will Bundesprogramm für Nachwuchsforscher: Auf dem Weg zur Professur
Es geht voran für den wissenschaftlichen Nachwuchs: Jetzt will auch Bundesforschungsministerin Wanka ein bundesfinanziertes Programm, um mehr Stellen für junge Forscher zu schaffen. Die Max-Planck-Gesellschaft will Dreijahres-Verträge für Doktoranden zur Regel machen.
Der „Aufschrei“ der wissenschaftlichen Mitarbeiter hallt seit Jahren durchs Land. Sie hangeln sich von einem Kurzzeit-Vertrag zum nächsten. Sie engagieren sich weit über den Achtstundentag hinaus, viele müssen aber von einer halben Stelle oder weniger leben. Und sie sehen nach der steinigen Qualifikationsphase zu wenig Perspektiven auf eine Karriere im Wissenschaftsbetrieb. Das treibt nicht nur die Betroffenen um, sondern auch die Politik und die Wissenschaftsorganisationen: Was tun für den wissenschaftlichen Nachwuchs? Gefordert wurde wiederholt ein großes Bundesprogramm. Jetzt hat Bundesforschungsministerin Johanna Wanka (CDU) die Rufe erhört, die sie lange ignoriert hatte.
Nach Bewährung auf die Lebenszeit-Professur
Der Bund sei bereit, sich für ein Programm für Nachwuchswissenschaftler zu engagieren, sagte Wanka am Mittwoch der Nachrichtenagentur dpa. „Im großen Umfang“ sollten zusätzliche Stellen für junge Wissenschaftler geschaffen werden, über die sie „nach einer befristeten Bewährungszeit eine Lebenszeit-Professur“ bekommen könnten. Neben dieser Tenure Track-Option gehe es auch um mehr Dauerstellen unterhalb der Professur. Sie werde jetzt auf die Länder zugehen, um ein gemeinsam finanziertes Programm zu verabreden, sagte Wanka.
Die Ankündigung überrascht
Die Ankündigung überrascht. Denn bislang hatte Wanka ein bundesfinanziertes Nachwuchsprogramm abgelehnt: Die Lage der wissenschaftlichen Mitarbeiter zu verbessern sei Ländersache. Mit den Bafög-Millionen, um die der Bund die Länder durch die volle Übernahme der Ausbildungsförderung entlastet, könnten sie zusätzliche Dauerstellen an den Hochschulen finanzieren. An diese Mittel erinnert sie jetzt auch im Zusammenhang mit dem neuen Programm.
Bislang schafft aber nur eine Handvoll Länder neue Beschäftigungsverhältnisse aus den Bafög-Mitteln, darunter Rheinland-Pfalz, wo 200 neue Stellen an den Hochschulen finanziert werden und jede zweite Juniorprofessur einen Tenure Track erhalten soll. Vielerorts fließt das Geld aber nur teilweise in die Hochschulen und dann eher – wie in Berlin – in Bauprogramme.
Bayern empfiehlt das eigene Tenure-Track-Modell
„Um mehr jungen Wissenschaftlern dauerhafte Karriereoptionen zu eröffnen“ sei eine gemeinsame Initiative von Bund und Ländern zu begrüßen, sagte Vera Reiß (SPD), Ministerin in Rheinland-Pfalz und Vorsitzende der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz von Bund und Ländern (GWK). Auch der Sprecher der SPD-regierten Länder, Hamburgs Bildungssenator Ties Rabe, hält Wankas Einlenken für einen Fortschritt. Nun könnten erstmals die Möglichkeiten der Grundgesetzänderung genutzt werden: Der Bund kann bekanntermaßen künftig im Hochschulbereich Projekte von überregionaler Bedeutung dauerhaft fördern.
Wie könnte das Programm im Einzelnen aussehen? Wanka selber konkretisierte ihren Vorschlag am Mittwoch nicht. Bayerns Wissenschaftsminister Ludwig Spaenle (CSU) empfiehlt das bayerische Tenure Track-Modell, wie es an der TU München praktiziert wird. Es garantiert den Aufstieg vom Assistenz-Professor zur Vollprofessur, wenn die Evaluation nach sechs Jahren positiv ausfällt.
Die SPD-Bundestagsfraktion erneuert ihren Vorschlag eines „Pakts für den wissenschaftlichen Nachwuchs“. Unter anderem sollten damit 1000 Stellen geschaffen werden: Promovierte könnten sich auf Junior-Professuren bewerben, Habilitierte auf W2-Stellen, sagt Hochschulexpertin Simone Raatz. Wanka müsse nun zügig die Beratungen mit der Koalition sowie den Ländern aufnehmen, „um bis zum Sommer 2015 zu einem gemeinsamen Konzept zu kommen“. Wanka wolle am 17. April in der GWK in konkrete Gespräche mit den Ländern eintreten, hieß es aus ihrem Ministerium.
Die CDU ist eher zurückhaltend
Die CDU-Fraktion gibt sich zurückhaltend. „Wenn der Bund sich engagiert, dann keinesfalls mit Dauerstellen“, sagte Michael Kretschmer, stellvertretender Fraktionsvorsitzender für Bildung und Forschung. Es dürfe nicht um einen Einstieg in die Grundfinanzierung der Unis gehen. Kretschmer betont, Wankas Vorschlag sei nur ein Baustein der Maßnahmen für den wissenschaftlichen Nachwuchs. Auch bei der Reform des Zeitvertragsgesetzes gehe es voran. Damit sollen die teilweise unzumutbaren Befristungen eingedämmt werden, von der vor allem wissenschaftliche Mitarbeiter in der Promotionsphase betroffen sind.
Dreijahresverträge für MPG-Doktoranden
Klagen über Befristungen gab es in der Vergangenheit auch aus den Instituten der Max-Planck-Gesellschaft (MPG), einer der großen Wissenschaftsorganisationen. Zwar widerspricht die MPG den Beschwerden: „Prekäre Beschäftigungsverhältnisse hat es bei uns nie gegeben“, sagt eine Sprecherin. Gleichwohl lag es bisher bei den Instituten, wie lange sie ihre Doktoranden anstellen. Das soll sich jetzt ändern: Alle Promovierenden erhalten künftig einen Vertrag über drei Jahre, der um zwölf Monate verlängert werden kann. Das kündigte MPG-Präsident Martin Stratmann am Mittwoch an: „Damit haben Doktoranden eine klare Perspektive für ihr Promotionsvorhaben.“
Ihre Offensive für junge Forscher will sich die MPG 50 Millionen Euro jährlich kosten lassen, was einer Steigerung um 40 Prozent entspricht. Beendet werden soll auch eine Art Zweiklassengesellschaft unter den rund 5000 MPG-Doktoranden. 3000 bekommen Stipendien, nur 2000 sind mit einem „Fördervertrag“ tatsächlich angestellt. Die Stipendiaten hatten den Nachteil, dass sie sich selber krankenversichern mussten, sie zahlten auch nicht in die Renten- und die Pflegeversicherung ein. Das führte regelmäßig zu Konflikten. Künftig werden nun alle Doktoranden mit einem Vertrag sozial abgesichert. Mit den neuen Bedingungen bleibe man „mit den internationalen Top-Einrichtungen konkurrenzfähig“, erklärte Stratmann.
Prateek Mahalwar, Sprecher der MPG-Doktoranden, nennt die Entscheidung der MPG „historisch“. Jetzt bleibe nur zu wünschen, dass auch die Karriereperspektiven nach der Promotion schnell verbessert werden.
Amory Burchard, Tilmann Warnecke
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