Durch die Coronakrise brechen Nebenjobs weg: Studierende in finanzieller Not
Zwei Drittel aller Studierenden haben Nebenjobs. Viele der Jobs brechen in der Coronakrise weg, Gefordert werden daher auch für Studierende zusätzliche Staatshilfen.
Jonas Brase weiß noch nicht, wie er im April seine Miete bezahlen soll. Vor der Coronavirus-Krise hat er in der Eventbranche gearbeitet. Über eine Agentur wurde er gebucht, arbeitete 40 Stunden im Monat.
Mit den Einsätzen bei Konzerten, Messen oder Sportveranstaltungen verdiente er 450 Euro im Monat. „Das fällt jetzt alles weg“, erzählt der Philosophie-Student der Universität Potsdam, der im Moment auf sein Erspartes zurückgreift.
Er bezieht Bafög, doch das reicht bei weitem nicht aus. Die Agentur versucht, andere Branchen zu erschließen. Jobs in der Lagerlogistik von Supermärkten werden angeboten. Diese, sagt Brase, seien allerdings schwer erreichbar von seiner Wohnung in Potsdam.
Das Bafög reicht nicht aus
In der Zwischenzeit hat er sich beim Robert-Koch-Institut beworben. Das will Studierende einstellen, die ein Urlaubssemester einlegen möchten, um Kontaktpersonen von Corona-Infizierten ausfindig zu machen. Stellen im Gesundheitswesen oder in der Versorgung sind derzeit gesucht wie noch nie.
Im Zweifel wäre Jonas Brase auch bereit, bei der Ernte zu helfen und das Studium in dieser Zeit hintenanzustellen. „Finanzielle Sicherheit ist mir in solchen Zeiten wichtiger, gerade weil das Semester wahrscheinlich nicht regulär stattfinden wird.“
So wie Jonas Brase geht es im Moment vielen Studierenden. Dem Deutschen Studentenwerk zufolge haben rund 68 Prozent der insgesamt 2,8 Millionen Studierenden in Deutschland einen Nebenjob, um Miete und Leben zu finanzieren. Kurzarbeitergeld ist bei geringfügigen Beschäftigungen ausgeschlossen.
Viele dieser Jobs fallen im Moment weg – und auch der weitere Studienverlauf ist ungewiss. Die Bibliotheken sind geschlossen, der Zugriff auf wichtige Materialien damit unmöglich. Deshalb wurden bereits zahlreiche Prüfungen verschoben – und an den meisten Hochschulen auch der Start des Sommersemesters.
Vereinzelte Professoren sind auf Skype umgestiegen
„Die Hochschule ist komplett geschlossen“, sagt der Musikstudent Simon Bauer. Für den Schlagzeuger, der an der Musikhochschule Stuttgart studiert, heißt das: Keine Proberäume, keine Noten. Im Moment übt er mit Videos aus dem Internet.
Ein digitales Semester wäre prinzipiell möglich, vereinzelte Professoren bereits auf Skype umgestiegen. Gleichzeitig sei das aber keine Dauerlösung: Viele Fächer wie beispielsweise Dirigieren könne man so nicht unterrichten.
Sein Studium finanziert Simon Bauer über Konzerte und privaten Musikunterricht. „Bis in den Herbst hinein fallen rund 20 Konzerte aus, von denen längst nicht alle verschoben werden können“, berichtet er. In finanzielle Nöte kommt der 22-Jährige damit nicht, weil er auf staatliche BAföG-Mittel zählen kann.
Die Bafög-Mittel sollen auch dann weitergezahlt werden, falls die Hochschulen geschlossen bleiben. Das hat Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) so bekanntgegeben. Falls Abschlussprüfungen ausfallen sollten, verlängert sich die Regelstudienzeit.
Außerdem soll es keine Nachteile für diejenigen geben, die sich im Gesundheitswesen, in sozialen Einrichtungen oder in der Landwirtschaft engagieren. Sie bekommen den Hinzuverdienst nur für die Zeit ihrer Tätigkeit angerechnet – und erhalten danach wieder ihren regulären Bafög-Satz. „Keiner soll sich wegen Corona um sein Bafög Sorgen machen“, lässt sich Karliczek in einem Statement zitieren.
Die Linke will einen Sozialfonds für Studierende
Doch nur zwölf Prozent aller Studierenden erhalten Bafög. Deshalb fordert etwa das Deutsche Studentenwerk weitere Staatshilfen. Die Linke sprach sich am Dienstag für einen Sozialfonds aus, aus dem Studierende unbürokratische und rückzahlungsfreie Zuschüsse zum Lebensunterhalt erhalten sollen.
Denn: Während beispielsweise Studierende in Teilzeit oder aus dem Ausland in der Regel kein Bafög erhalten, sehen manche auch die lange Bearbeitungsdauer als problematisch, die mitunter bei mehreren Monaten liegt.
„Viele sind prekär beschäftigt und können jetzt nicht drei Monate warten“, berichtet Daniel Irmer. Er ist Mit-Initiator des Bündnisses „Soforthilfe für Studis“. Fast 38 000 Unterzeichner hat seine Petition. Gefordert werden 3000 Euro Soforthilfe, die antragslos an alle Studierenden in finanzieller Notlage ausgezahlt werden sollen. Das entspreche dem durchschnittlichen Bedarf Studierender für den Zeitraum von drei Monaten.
Ein Notfallfonds des Studierendenwerks ist binnen kurzer Zeit ausgeschöpft
„Bei der nachträglichen Feststellung der Bedürftigkeit übernimmt der Bund die Kosten der Soforthilfe. Im Nichtbedürftigkeitsfall wandelt sich die Zahlung in einen zinslosen Kredit um, der mit Ablauf von 10 Jahren fällig wird“, erklärt Irmer, wie er sich die Soforthilfe vorstellt.
Hilfe für Studierende in Not wurde in Berlin bereits auf den Weg gebracht. „Das Studierendenwerk Berlin hält einen Notfonds für Studierende bereit, die durch die Corona-Krise ihren Job verloren haben und in eine Notsituation geraten sind“, sagt Wissenschaftsstaatsekretär Steffen Krach (SPD). Studierende können so eine einmalige Hilfe in Höhe von 500 Euro beantragen.
Die ersten 120.000 Euro aus dem Notfonds waren allerdings bereits am Dienstagnachmittag ausgeschöpft, wie das Studierendenwerk twitterte.
„Wir arbeiten derzeit daran, diesen Fonds weiter aufzustocken“, sagt Krach. Die Studierenden müssen dabei nachweisen, dass sie in einer akuten Notlage sind – und die Voraussetzungen für einen weiteren erfolgreichen Studienverlauf mitbringen.
Gabriel Rinaldi
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