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Studierende sitzen in einem Hörsaal und schreiben eine Klausur.
© Uwe Anspach/dpa

Kompromiss beim Hochschulpakt: Stadtstaaten sollen nicht benachteiligt werden

Bislang wurden Hochschulstandorte belohnt, die die meisten Studienplätze aufgebaut haben. Bis auch Qualitätskriterien zählen, erhalten sie eine Übergangsfrist.

Im Ringen um den neuen Hochschulpakt zeichnet sich offenbar eine Kompromisslösung ab. Die Vereinbarung von Bund und Ländern könnte vorsehen, dass die Mittel in einem „Korridor bis Mitte der 2020er Jahre“ nach den bisherigen Regeln verteilt werden, sagte der Präsident der Hochschulrektorenkonferenz, Peter-André Alt, am Mittwoch nach der Tagung des HRK-Senats in Berlin. Das sei die Kompromissformel, nach der der neue Hochschulpakt Anfang Mai von der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz (GWK) beschlossen werden könnte. Es geht um voraussichtlich rund zwei Milliarden Euro im Jahr.

Zuletzt war vor allem in den bei Studierenden besonders beliebten Stadtstaaten wie Berlin und Hamburg befürchtet worden, sie könnten durch neue Verteilungskriterien ab 2021 benachteiligt werden. Bislang belohnte der Hochschulpakt Länder, die seit 2007 überproportional viele zusätzliche Studienanfängerplätze aufgebaut haben. In der Neuauflage des Pakts, durch den die Bundesmittel verstetigt werden, sollen neben zusätzlichen Studienplätzen zwei weitere Kriterien hinzukommen: die Studierenden, die ihre Bachelor- und Masterprogramme in der Regelstudienzeit plus zwei Semestern abschließen, und die Absolventenquote. Und da tun sich die stark nachgefragten Hochschulen, die eine Überlast von Studierenden tragen, teilweise schwer.

Regelstudienzeit plus zwei wird mit 60 Prozent gewichtet

Die Kompromissformel sieht laut Alt vor, dass ab Mitte der 2020er Jahre die beiden zusätzlichen Kriterien schrittweise zum Tragen kommen. Mittelfristig sollen neu aufgebaute Studienanfängerplätze und die Abschlüsse bei der Mittelvergabe mit jeweils 20 Prozent gewichtet werden. Die Studierenden in der Regelstudienzeit plus zwei Semester im Bachelor und im Master – die etwa für Auslandsaufenthalte und Praktika gewährt werden – zählen zu 60 Prozent. Mit einer ähnlichen Regelung bei der Vergabe der Landesmittel mache Berlin bereits gute Erfahrungen, sagte Alt. Der Nachteil der ostdeutschen Länder, die wegen des demografischen Wandels kaum zusätzliche Studienanfängerplätze aufbauen können, solle durch einen Solidaritätsbeitrag der westdeutschen Länder ausgeglichen werden.

Geeinigt haben sich die Länder Alt zufolge auch darauf, eine jährliche Steigerung der Paktmittel von drei Prozent mitzufinanzieren. Nun müsse Bundesforschungsministerin Anja Karliczek (CDU) den Bundesanteil rechtzeitig mit dem Bundesfinanzministerium verhandeln, forderte der HRK-Präsident. Karliczek hatte die jährliche Steigerung allerdings bislang abgelehnt.

Neuer Wettbewerb für angewandte Forschung gefordert

Kein Kriterium im Hochschulpakt ist Alt zufolge die Betreuungsrelation zwischen Lehrenden und Studierenden – und damit auch nicht die Schaffung von Dauerstellen. Die Erwartung, dass die Hochschulen mit verstetigten Mitteln unbefristete Stellen schaffen, verbinde sich aber auch mit dem Qualitätspakt für die Lehre, der ebenfalls 2020 ausläuft, sagte Alt auf Nachfrage. Hier fordert die HRK, dass neben dem bisherigen Wettbewerb um die Finanzierung von innovativen Lehrprojekten auch feste Mittel für die Grundfinanzierung der Lehre verteilt werden. Abgelehnt wird weiterhin eine vom Wissenschaftsrat empfohlene und vom Bund favorisierte „Deutsche Lehrgemeinschaft“, die die Mittel wettbewerblich vergeben soll. Die HRK plädiert für eine von ihr organisierte „Plattform“, auf der sich Hochschulen über gute Lehre und über Forschung dazu austauschen.

Gleichzeitig fordern die Rektorinnen und Präsidenten einen neuen Wettbewerb. Mit jährlich 500 Millionen Euro solle anwendungsbezogene Forschung an Fachhochschulen und an technischen Universitäten gefördert werden. In der frühen, experimentellen Forschungsphase gebe es eine Förderlücke, erklärte Alt. Wenn sich Bund und Länder auf so einen Wettbewerb einigen könnten, wäre auch die von den Fachhochschulen ins Spiel gebrachte Transfer-Gemeinschaft – parallel zur grundlagenorientierten Deutschen Forschungsgemeinschaft – vom Tisch.

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