CDU-Kritik an Müller wegen Islam-Institut in Berlin: "Senat schließt liberale Strömungen des Islam aus"
In einem offenen Brief fordern CDU-Abgeordnete, liberale Muslime wie Seyran Ates am geplanten Institut für Islamische Theologie an der HU zu beteiligen.
In den Streit um die Gründung eines universitären Instituts für islamische Theologie hat sich jetzt die Berliner CDU eingeschaltet. Drei Abgeordnete kritisieren in einem offenen Brief an den Regierenden Bürgermeister Michael Müller massiv das Vorgehen bei der Etablierung des Instituts an der Humboldt-Universität (HU).
„Die Planungen des Senats schließen die liberalen Strömungen innerhalb des Islam aus“, heißt es in dem Schreiben (hier im Wortlaut). Erstunterzeichner ist Burkard Dregger, innenpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus, unterschrieben haben auch Hildegard Bentele, bildungspolitische Sprecherin, und Hans-Christian Hausmann, wissenschaftspolitischer Sprecher der Fraktion.
Auch die Ates-Moschee soll eingebunden werden
Sie fordern unter anderem, dass die am Freitag eröffnete „Ibn-Rushd-Goethe Moschee“ der Rechtsanwältin und Autorin Seyran Ates in den Aufbau des HU-Instituts eingebunden werden sollte.
Bislang beteiligt sind die fünf in Berlin vertretenen großen Islam-Verbände: die staatliche türkische DITIB, die Islamische Föderation Berlin, der Verband der Islamischen Kulturzentren, der Zentralrat der Muslime in Deutschland und die Islamische Gemeinschaft der schiitischen Gemeinden Deutschlands. Sie haben – nach dem Ausstieg der Alevitischen Gemeinde – gemeinsam mit der Wissenschaftsverwaltung und Hochschulvertretern die vor einem Jahr präsentierten „Eckpunkte Islamische Theologie“ erarbeitet. Und sie sind in der Arbeitsgruppe vertreten, die derzeit an der Humboldt-Universität um die Gründung des Instituts ringt. Es soll im Herbst 2018 eröffnen und ab dem Wintersemester 2018/19 erste Studierende aufnehmen.
"Monopolisierte Stellung des traditionell-konservativen Islam"
Dass nur diese fünf Verbände beteiligt sind, werde „die ohnehin monopolisierte Stellung des traditionell-konservativen Islam in Berlin und Deutschland weiter zementieren“, kritisieren Dregger, Bentele und Hausmann. „Angesichts der großen Chance, die uns die Neugründung eines Islamischen Instituts in der Hauptstadt bietet“, wäre das „fatal“, heißt es. Mit dem Berliner Institut verbinde sich für ihn die Hoffnung, der Islam könne „kompatibel werden mit unserer Rechts- und Werteordnung in Mitteleuropa“, sagte Burkard Dregger dem Tagesspiegel. Die Beteiligung auch der liberalen Verbände solle „dafür sorgen, dass Glaubensvorstellungen modernisiert werden, indem sie den gesellschaftlichen Wandel berücksichtigen – so wie das auch im christlichen Glauben üblich ist“, sagte Dregger.
Der Senat formuliert zurückhaltender - aus Angst vor den Verbänden?
In den Eckpunkten zur geplanten Institutsgründung werden solche Forderungen an eine „Modernisierung“ des Islam vermieden. Dort heißt es etwa, „wie im Kontext anderer Theologien“ solle „die religionsbezogene Kompetenz in Gesellschaft und Wissenschaft“ gestärkt werden, „auch um den interkulturellen und interreligiösen Diskurs auf eine breitere akademische Basis zu stellen“. Burkard Dregger, der bis Ende 2016 integrationspolitischer Sprecher seiner Fraktion war, wirft dem Senat vor, aus „Angst“ vor den Islam-Verbänden so vorsichtig zu formulieren.
In dem offenen Brief an den Regierenden Bürgermeister wird insbesondere kritisiert, dass der Senat den fünf Verbänden im künftigen Beirat des Islam-Instituts eine Stimmenmehrheit zusichert. Damit könnten ohne ihre Zustimmung andere Verbände nicht nachträglich aufgenommen werden. In einem direkten Appell an Michael Müller, der auch Wissenschaftssenator ist, heißt es: „Bitte korrigieren Sie jetzt die falsch angelegten Pläne für den Beirat.“
"Fahrlässig, keine Korrektur vorzunehmen"
Konkret schlagen die drei Abgeordneten vor, neben den fünf Verbänden auch das „Muslimische Forum Deutschland“, den „Liberal Islamischen Bund“ sowie verbandsunabhängige Theologen am Beirat zu beteiligen – „um auch liberalen Muslimen eine Stimme zu verleihen“. In den Beirat gehöre ebenso Moschee-Gründerin Seyran Ates. „Es wäre fahrlässig, keine Korrektur vorzunehmen“, sagte Dregger. Ansonsten könnten die konservativen Verbände „ihren Weg fortsetzen, ohne sich zu verändern“.
Einen Gastbeitrag des Islam-Experten Harry Harun Behr zur den Chancen der Berliner Neugründung lesen Sie hier.