Durchblick von außen: Schonendere Diagnose bei Herzschmerzen
Wenn die Brust schmerzt, ist nicht immer gleich ein Herzkatheter nötig. Bei Patienten mit niedrigem Risiko reicht mitunter eine CT-Aufnahme.
Auf diesem Gebiet spielt Deutschland weltweit in der Spitzenliga mit: Fast eine Million Mal werden in jedem Jahr mit einem – über die Leiste oder den Unterarm eingeführten – Katheter die Herzkranzgefäße eines Menschen untersucht. Wenn aufgrund der Beschwerden des Patienten und nach den ärztlichen Voruntersuchungen ein starker Verdacht besteht, dass sie gefährlich verengt sein könnten, ist diese Untersuchung heute Standard. Allerdings kommen auch viele Menschen mit untypischen Brustschmerzen zum Arzt, bei denen die Wahrscheinlichkeit für eine Koronare Herzerkrankung (KHK) nicht sehr groß ist. Und selbst wenn er heute zur Routine gehört: Der Herzkatheter ist ein Eingriff in den Körper. Er zieht zwar ausgesprochen selten Komplikationen nach sich, doch wenn, dann können sie gravierend sein.
Forscher der Charité haben unter Federführung des Radiologen Marc Dewey nun im „British Medical Journal“ erstmals Daten der CAD-Man-Studie vorgelegt. Sie zeigen: Mit einer Computertomografie (CT) kann man vielen Patienten mit einem vergleichsweise niedrigen Risiko für eine Koronare Herzerkrankung den Herzkatheter ersparen. Die 340 Teilnehmer der Studie wurden zwischen 2009 und 2014 nach dem Zufallsprinzip in zwei Gruppen geteilt: Die eine bekam sofort eine Katheter-Untersuchung, die andere zunächst eine CT und anschließend nur dann einen Herzkatheter, wenn sich auf den Röntgenaufnahmen Auffälligkeiten der Gefäße gezeigt hatten.
Bleibt die Treffsicherheit unter Routinebedingungen bestehen?
Tatsächlich war das nur bei 14 Prozent der Teilnehmer der Fall. Wurde bei ihnen anschließend ein Herzkatheter durchgeführt, so fand sich fünfmal häufiger eine KHK als in der Vergleichsgruppe. Der Herzkatheter hatte sich folglich deutlich öfter „gelohnt“. Auch über drei Jahre später hatten die Teilnehmer der CT-Gruppe nicht häufiger einen Infarkt oder ein anderes schweres „Ereignis“ an Herz und Herzkranzgefäßen. Die Computertomografie habe sich als sicheres diagnostisches Instrument erwiesen, schreiben die Autoren. Die Strahlenbelastung sei bei beiden Untersuchungen ähnlich.
Größer wird sie allerdings für die 14 Prozent der Patienten, die nach der CT-Untersuchung doch noch einen – ebenfalls von Bildgebung begleiteten – Herzkatheter brauchen, etwa, weil eine Gefäßstütze (Stent) gelegt werden muss. Für sie wäre, im Nachhinein betrachtet, die heutige Standard-Lösung günstiger, auch weil man sie gleich zur Behandlung nutzen kann.
Und es gibt weitere Einschränkungen: So arbeiten an universitären Zentren wie der Charité erfahrene Untersucher mit Geräten der neuesten Generation, es ist also nicht auszuschließen, dass die Treffsicherheit der Untersuchung unter Routinebedingungen schlechter würde. Zudem war die Studiengruppe der Charité relativ klein. Die mit sechs Millionen von der EU geförderte Discharge-Studie, die ebenfalls unter Deweys Leitung läuft und an der 25 Kliniken aus 16 Ländern beteiligt sind, soll in einigen Jahren mehr Klarheit bringen. 1000 Patienten sind bereits eingeschlossen, weitere Teilnehmer werden gesucht.
- Kontakt: herzschmerzen@charite.de oder Tel. 450627264