Unerwartetes Herzinfarktrisiko: Das Herz bricht auch vor Glück
Nicht nur der Stress nach einem großen Verlust, körperlicher Anstrengung oder beim Sex kann dem Herz schaden, sondern auch positive Emotionen.
Nicht nur traurige Ereignisse – wie der Verlust eines geliebten Menschen – können einem das Herz brechen. Auch intensive Glücksgefühle lösen manchmal das Takotsubo-Syndrom aus. Bei dieser meist vorübergehenden Herzschwäche weitet sich die linke Herzkammer und ähnelt dann einer krugförmigen japanischen Tintenfischfalle (Takotsubo). Typische Symptome sind Brustschmerzen und Atemnot, ähnlich wie bei einem Infarkt. Offenbar führen sowohl negative als auch positive Emotionen zu einer Reaktion des zentralen Nervensystems, die auf dieselbe unbekannte Weise das Herz schädigt, berichten die Mediziner um Jelena Ghadri von der Universität Zürich im „European Heart Journal“.
Happy-Heart versus Broken-Heart
Zusammen mit Christian Templin und weiteren Kollegen wertete Ghadri Daten von 485 europäischen und US-amerikanischen Patienten aus, bei denen das Takotsubo-Syndrom diagnostiziert worden war. Bei 465 der überwiegend weiblichen Patienten traten die Symptome nach dem Erlebnis starker negativer Emotionen auf, darunter der Tod des Ehepartners oder eines nahen Verwandten, ein schwerer Unfall, Kummer wegen einer Krankheit oder Beziehungsprobleme.
20 Betroffene dagegen berichteten von einem freudigen Ereignis kurz vor der Einlieferung ins Krankenhaus. Dazu zählten eine Überraschungsparty, eine Hochzeit, der Sieg eines Rugbyteams oder die Geburt eines Enkels. Die Patienten der Broken-Heart-Gruppe waren im Schnitt 65 Jahre alt, die der Happy-Heart-Gruppe 71. Elektrokardiogramm, Blutwerte und weiterer Krankheitsverlauf waren in beiden Gruppen sehr ähnlich.
Freude und Trauer aktivieren ähnliche Nerven
Obwohl freudige und traurige Erlebnisse ganz unterschiedliche Reaktionen im Gehirn auslösen, aktivieren wahrscheinlich beide ebenfalls gemeinsame Nervenbahnen im zentralen Nervensystem, die das Herz schädigen, sagt Templin. Um den noch unbekannten Mechanismus der Krankheitsentstehung aufzuklären, wollen die Forscher nun mithilfe der funktionellen Magnetresonanztomografie die Hirnregionen analysieren, in denen die Gefühle der Patienten verarbeitet werden.
Dass auch freudige Ereignisse dem Herzen schaden können, dürfte eigentlich nicht ganz überraschend sein. Schließlich sei bekannt, dass das Risiko eines Menschen, einen Herzinfarkt zu erleiden, an seinem Geburtstag um 27 Prozent höher ist als an jedem anderen Tag im Jahr, schreiben die Autoren. (wsa/Joachim Czichos)