ExoMars: Schiaparellis harte Landung auf dem Mars
Ist die Raumsonde Schiaparelli auf der Marsoberfläche zerschellt oder nur seine Software abgestürzt? Für die Esa ist die Mission in jedem Fall ein Erfolg.
Nach einer Nacht zwischen Hoffen und Bangen ist Europas Raumfahrtchef Jan Wörner der Missmut anzuhören. „Crash? Ich verstehe Ihre Frage nicht“, reagiert der sonst so besonnene Deutsche auf das Interesse am Schicksal des Testmoduls „Schiaparelli“. 50 Sekunden vor der erwarteten Landung auf dem Roten Planeten war am Abend zuvor der Kontakt abgerissen. Die Sorge ist groß, dass es als 577 Kilogramm schwerer Weltraumschrott im Sand liegt. Operation geglückt, Patient tot? Wörner sieht es weniger fatalistisch: „Wir haben die Daten, wir haben Testergebnisse – ich bin sehr froh.“
Die ehrgeizige Expedition ExoMars gilt als eine Art kosmisches Reifezeugnis für die Esa. Mindestens teilweise hat sie bestanden. Der Satellit „Trace Gas Orbiter“ (TGO), der „Schiaparelli“ transportierte, hat das 139-minütige Flugmanöver erfolgreich absolviert und zieht wie geplant seine Bahnen um den Mars. Er soll Methanspuren in der oberen Atmosphäre aufspüren und damit Hinweise auf Leben. Wenn 2020 ein Rover zur Marsoberfläche gebracht wird, soll der TGO zudem als Relaisstation fungieren.
Die Generalprobe für das Absetzen eines Rovers ist missglückt
Bei der Esa und ihrem russischen Partner Roskosmos geht es nun darum, das Rätselraten über den Landeanflug von „Schiaparelli“ aufzulösen – schließlich war es ihre Generalprobe für das Absetzen eines Rovers. „Es könnte sein, dass der Lander auf dem Boden liegt und sein Bordfunk kaputt ist oder es ist die Software abgestürzt. Dann können wir einen Reset machen“, sagt Flugleiter Michel Denis. Das würde in den nächsten Tagen mit Hilfe eines Orbiters wie dem 13 Jahre alten „Mars Express“ geschehen.
Die sanfte Landung auf dem Mars gilt als kompliziert. „Eine Sonde schwankt beim Abstieg wie ein Klavier, das Möbelpacker auf einer Treppe hin und her zerren“, sagte einmal der Raumfahrtexperte Iwan Anikejew. Das Kontrollzentrum kann jedoch in den entscheidenden sechs Minuten nicht mehr eingreifen.
Möglicherweise stellten die Bremsraketen zu früh ihren Dienst ein
Frühe Daten über ein indisches Radioteleskop und von „Mars-Express“ legen nahe, dass „Schiaparelli“ wohl die meisten Etappen gut gemeistert hat: das Abbremsen beim Eintritt in die Marsatmosphäre, die Entfaltung des Fallschirms und die Abtrennung des Hitzeschildes. Dann brach die Kommunikation ab. Eine Teilanalyse der detaillierten Daten, die Schiaparelli während des Absinkens an den TGO gesendet hat, weist darauf hin, dass die Bremsraketen zwar gezündet hatten, aber möglicherweise zu früh ihren Betrieb einstellten, teilte die Esa mit. Es sei unklar, in welcher Höhe das passierte. Der „Mars Reconnaissance Orbiter“ der Nasa flog in der Nacht zum Donnerstag zweimal über den Landeplatz, bekam aber keine Antwort von Schiaparelli. Die geplante Abfolge der Ereignisse zeigt eine Animation:
Man analysiere nun, warum es keine sanfte Landung gab, sagte David Parker, Esa-Direktor für bemannte Raumfahrt und robotische Exploration. Schließlich wolle man daraus lernen. Für die Zukunft der Marsforschung geht es auch um die noch nicht gesicherte Finanzierung der zweiten Phase von ExoMars. Noch fehlen 260 Millionen Euro, die die Mitgliedstaaten bei einer Ministerkonferenz im Dezember freigeben müssen. Raumfahrtdirektor Wörner gibt sich gelassen. „Sie (die Minister) werden sehen, dass die Mission ein Erfolg ist“, sagt er. „Wir haben die Funktionen, die wir für die Mission 2020 brauchen. Wir müssen sie nicht überzeugen, wir müssen es ihnen nur zeigen – die Ergebnisse sind offensichtlich.“ Es gebe keinen Grund, jetzt die zweite Phase abzublasen. dpa / jas