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Angela Merkel kommt zu einer Pressekonferenz im Bundeskanzleramt.
© Fabrizio Bensch/Reuters Pool/dpa

Lockdown-Lockerung erst im Januar?: Politik reicht Wirkung der Corona-Auflagen bisher nicht aus

Am Montag gibt es den nächsten Corona-Gipfel von Bund und Ländern. Klar ist: Der wichtige Grenzwert einer Inzidenz von 50 liegt in weiter Ferne.

Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach dämpft die Hoffnungen, dass die Corona-Schutzmaßnahmen bald gelockert werden können. Der Teil-Lockdown wirke schwächer als erwartet, schrieb er auf Twitter.

Seinen Berechnungen zufolge werde der von Kanzlerin Angela Merkel angestrebte Grenzwert einer Inzidenz von 50 beim jetzigen R-Wert erst in sieben Wochen erreicht. Das wäre Anfang Januar. „Auch Kontakte sinken nicht so stark wie erhofft“, schrieb er weiter. Zudem gebe es in Schulen zu wenig Sicherheit. Aus seiner Sicht sei eine Verlängerung der Maßnahmen nötig.

Auch die Bundesregierung machte am Freitag noch einmal deutlich, dass sie nach der Halbzeit des Teil-Lockdowns an den Einschränkungen absehbar festhalten will. „Für die Bundesregierung kann ich sagen, dass bei diesem Stand der Dinge für Montag jedenfalls keine Lockerungen von Einschränkungen zu erwarten sind“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. „Die kann es noch nicht geben.“

Am Montag beraten Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten über die seit Anfang vergangener Woche geltenden Einschränkungen. Bereits bislang war geplant, dass diese den ganzen November über aufrecht erhalten bleiben. Mit den Worten Seiberts bleibt nun zunächst weiter unklar, ob weitere Maßnahmen für nötig gehalten werden und wie es danach weitergeht.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hält es für angebracht, dass Bund und Länder ihre Lockdown-Beschlüsse im Wesentlichen beibehalten. Söder sagte gegenüber der „Bild“-Zeitung, die Konferenz am Montag komme „zu früh, um endgültig zu entscheiden“. Söder empfahl als Richtschnur: „Lieber öfter treffen und dann entscheiden, als jetzt nächste Woche festzulegen, was für zwei, drei Wochen gelten soll.“

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Seibert wies darauf hin, dass sich weiter immer mehr Menschen mit dem Virus anstecken. „Der Anstieg der Zahlen hat sich abgeflacht, aber sie steigen eben immer noch an.“ Er sagte, es müsse abgewartet werden, wie die Maßnahmen wirken. „Jeder Tag zählt.“ Es sei zu früh für ein abschließendes Urteil. Mit Lockerungen würde das Land steigende Infektionszahlen riskieren, sagte Seibert.

Söder will für Weihnachten kein Ende der Auflagen versprechen

Das Ziel sei die Annäherung an eine Sieben-Tage-Inzidenz von 50. Diese Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner und Woche liegt seit Tagen deutlich über 130. Erst bei der Größenordnung um die 50 sei es aber wieder möglich, dass die Gesundheitsämter einzelne Kontakte von Infizierten nachvollziehen könnten, sagte Seibert. Er rief einen Satz von Merkel in Erinnerung: „Es soll kein Weihnachten in Einsamkeit werden.“ Um das zu erreichen, komme es aber auf die Verantwortung jedes Einzelnen an.

Söder will allerdings für das Weihnachtsfest kein Ende der Corona-Beschränkungen versprechen. Auf die Frage, wie man Weihnachten feiern werde, sagt der CSU-Chef dem „Münchner Merkur“: „Ehrlich gesagt, kann es keiner zu hundert Prozent garantieren. Ich appelliere an die Eigenverantwortung der Bürger, jetzt konsequent mitzumachen.“

Das Ziel des aktuellen Teil-Lockdowns müsse sein, die Sieben-Tage-Inzidenz unter 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen zu senken. „Ich wünsche mir ein Weihnachten mit Familie und Freunden.“

Spahn: Coronavirus hat eine „lange Bremsspur“

Auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will noch keine Prognose dazu abgeben, ob die für November verhängten härteren Corona-Auflagen im Dezember tatsächlich gelockert werden können.

„Eigentlich ist es zu früh, das jetzt schon zu bewerten“, sagte er im ARD-„Morgenmagazin“. Das Coronavirus habe eine „lange Bremsspur“, so dass sich neue Maßnahmen immer erst „sehr zeitverzögert“ niederschlügen.

[Alle aktuellen Entwicklungen in Folge der Coronavirus-Pandemie finden Sie hier in unserem Newsblog. Über die Entwicklungen speziell in Berlin halten wir Sie an dieser Stelle auf dem Laufenden.]

Ob der derzeitige Teil-Lockdown einen Unterschied mache, werde sich erst „in den nächsten Tagen“ zeigen, sagte Spahn. Die Steigerung der Neuinfektionen sei zwar „stark zurückgegangen“. Allerdings stiegen die Infektionszahlen weiterhin – „aber wir müssen runter. Da sind wir eben noch nicht“, mahnte Spahn.

Bundesbürger glauben, dass die Maßnahmen wirken werden

Mehr als die Hälfte der Bundesbürger geht davon aus, dass die seit Anfang November geltenden Schutzmaßnahmen gegen des Coronavirus Erfolg zeigen werden. Dies geht aus dem aktuellen Politbarometer von ZDF und Tagesspiegel hervor.

Demnach glaubten 55 Prozent, dass die Auflagen den Anstieg der Corona-Infektionen wirksam begrenzen werden. 43 Prozent bezweifeln das. Noch weitergehendende Maßnahmen fordern 26 Prozent, 58 Prozent finden die geltenden Bestimmungen gerade richtig und 14 Prozent halten sie für übertrieben.

Am Freitagmorgen hatte das Robert Koch-Institut (RKI) einen neuen Höchststand bei den Neuinfektionen registriert. Demnach meldeten die Gesundheitsämter dem RKI binnen 24 Stunden 23.542 positive Tests. Am vergangenen Samstag war mit 23.399 verzeichneten Fällen der bisherige Spitzenwert erreicht worden. Im Vergleich zum Donnerstag stieg die Zahl der gemeldeten Fälle am Freitag um knapp 1700.

Anstieg der Positivrate bei Tests verlangsamt

Das sogenannte Sieben-Tage-R lag dem RKI-Lagebericht vom Donnerstagabend zufolge bei 0,93 (Vortag: 0,89). Das heißt, dass 100 Infizierte rechnerisch etwa 93 weitere Menschen anstecken.

[Alle aktuellen Fallzahlen auf einen Blick finden Sie in unserem interaktiven Überblick zu allen Corona-Fällen in allen Berliner Bezirken, allen deutschen Kreisen, Bundesländern und weltweit. Hier finden Sie stets die neuesten Zahlen.]

Der Wert bildet jeweils das Infektionsgeschehen vor acht bis 16 Tagen ab. Liegt er für längere Zeit unter 1, flaut das Infektionsgeschehen ab. Positiv zu werten ist, dass dies bereits seit einigen Tagen der Fall ist.

Auch der Anstieg der Positivrate bei den Tests, ein weiter wichtiger Indikator für das Infektionsgeschehen in einem Land, hat sich zuletzt deutlich verlangsamt, wie aus den letzten RKI-Zahlen dazu vom Mittwoch hervorgeht. Demnach betrug die Positivquote in der Woche vom 2. November (KW 45) bei 1,56 Millionen durchgeführten Test 7,88 Prozent.

In der Kalenderwoche 44 lag der Wert bei einer vergleichbaren Anzahl Tests bei 7,26 Prozent. In KW 43 betrug der Wert bei etwas weniger Untersuchungen (1,4 Millionen) 5,51 – in der Woche davor (12. bis 18.Oktober) bei 3,55 Prozent. Den bisherigen Spitzenwert gab es in der Woche ab dem 30. März mit 9,03 Prozent bei gut 408.000 Tests. In Kalenderwoche 35 (bis 30.8.) waren es noch rund 0,7 Prozent bei 1,1 Millionen Tests.

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