Hochschule: Party machen gegen den Studienabbruch
Studienanfänger brauchen gute Kontakte zu Mitstudierenden, um motiviert zu bleiben. Hochschulen können dabei helfen - auch mit Partys für Erstsemester.
Erstsemesterpartys und Räume für Arbeitsgruppen könnten für Studienanfänger ebenso wichtig sein wie Hilfe bei fachlichen Problemen. Das legt eine aktuelle Studie des Centrums für Hochschulentwicklung (CHE) in Gütersloh nahe. Untersucht wurden Faktoren, die hinter der verbreiteten Neigung zum Studienabbruch stehen könnten. Wie berichtet, beenden 29 Prozent der Bachelorstudierenden ihr Studium ohne Abschluss.
Bei den Bildungsinländern, die in Deutschland zur Schule gegangen sind, aber einen ausländischen Pass haben, sind es sogar 43 Prozent. Ein Team von Hochschulforschern um Ronny Röwert hat für die Studie das vom CHE entwickelte Befragungstool Quest eingesetzt. Es bestimmt die individuelle Wahrscheinlichkeit des Studienerfolgs mittels psychometrischer Daten. Befragt wurden rund 29 000 Studierende an bundesweit 28 Universitäten und Fachhochschulen, die Quest einsetzen.
Studienabbruch wegen Leistungsproblemen und mangelnder Motivation
„Mangelnde Studienmotivation“ wird als zweithäufigster Grund angegeben, das Studium abzubrechen – gleich nach Leistungsproblemen. Das CHE hat nun die Wechselwirkungen zwischen den Kompetenzen der Studierenden, ihrer Motivation und den Angeboten an der Uni untersucht. Diesen Zusammenhang beschreiben die Forscher als „soziale Adaption“. Sie wird als hoch eingestuft, wenn Studierende regelmäßig soziale Kontakte zu Kommilitonen und Lehrenden haben, Hilfsangebote der Hochschule kennen und bei Bedarf auch nutzen.
Die Schlussfolgerung, dass eine gelungene soziale Adaption die Gefahr des Studienabbruchs senkt, liegt dabei auf der Hand. Die Hochschulforscher haben allerdings herausgefunden, dass Studierende aus Nicht-Akademiker-Haushalten und mit Zuwanderungshintergrund eine deutlich geringere soziale Adaption haben – und das, obwohl es sich um besonders erfolgreiche Bildungsaufsteiger handelt. Als „Risikogruppe“, die vermehrt zum Studienabbruch neigt, müsse „die Kombination eines nicht-akademischen Familienhintergrundes, einer Einwanderungsgeschichte und männlich“ gelten.
Schlechter adaptiert seien auch Studierende mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung und solche mit gesundheitlichen Einschränkungen. An der FH, wo in kleineren Gruppen gelernt wird und der Austausch untereinander sowie mit den Lehrenden enger ist, gelinge die Adaption insgesamt besser als an der Uni.
Eigener Sprachkodex an der Uni: Viele fühlen sich fehl am Platze
Begründet wird die mangelnde Adaption Studierender aus Nicht-Akademiker-Familien mit fehlender „Gruppenzugehörigkeit“. Demnach beherrschen sie nicht von vornherein den an der Hochschule verbreiteten Sprachkodex und fühlten sich insbesondere in den ersten Semestern oft fehl am Platze. Dies leiten Autoren der Studie aus dem Forschungsstand zu sozialer Adaption ab, die Studierenden wurden dazu nicht befragt.
Wollten die Hochschulen etwas gegen Studienabbruch und für mehr Chancengerechtigkeit tun, müssten sie nicht nur fachbezogene Hilfsangebote verstärken. „Neben einer guten Studienberatung und Brückenkursen brauchen Studienanfänger/innen ebenso Gelegenheiten für soziale Begegnungen auf dem Campus“, heißt es. Zu den geforderten „niedrigschwelligen Angeboten für gemeinschaftliche Aktivitäten“ zählt projektorientiertes Arbeiten zu Beginn des Studiums ebenso wie die Erstparty der Fachschaft.