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Studierende mit und ohne Kopftuch sitzen in einem Hörsaal.
© Ralf Hirschberger / picture alliance / dpa

Migranten an der Hochschule: Hoch motiviert, wenig informiert

Die Mütter sind es, die junge Migranten motivieren, ein Studium aufzunehmen. Was ihnen dann an der Hochschule fehlt, zeigt eine neue Studie.

Sozialer Aufstieg, bessere Verdienstmöglichkeiten und die Chance, den Wunschberuf zu ergreifen, sind die wichtigsten Anreize für junge Erwachsene mit Migrationshintergrund, ein Studium aufzunehmen. „Die Erfolgsfaktoren, die trotz milieubedingter Widrigkeiten einen Hochschulzugang ermöglichen“, hat jetzt die Stiftung Zentrum für Türkeistudien und Integrationsforschung an der Uni Duisburg-Essen untersucht.

Studienleiter Caner Aver führte Interviews mit 40 Studierenden in NRW, die türkischstämmig oder russischsprachig sind oder aus Italien stammen. Zusätzlich wurden 200 Studierende aus bildungsfernen Familien zu studienbegleitenden Angeboten befragt.

Vorbilder aus dem Umfeld leben vor, dass Bildungsaufstieg möglich ist

Dass Familien mit Migrationshintergrund hohe Bildungsziele haben, häufig aber wenig über Hochschulzugang und Studienbedingungen wissen, ist bekannt. Avers Interviews zeigen, dass vor allem die Mütter eine „tragende Rolle“ dabei spielen, für ein Studium zu motivieren. Wichtig sind auch Vorbilder aus der Herkunftsgruppe, die studiert haben: Sie „zeigen die Möglichkeiten eines Studiums und akademischen Berufs auf und leben vor, dass ein Bildungsaufstieg für Migrant*innen möglich ist“, heißt es. Bei Problemen an der Hochschule könnten die Migranten aber „nur begrenzt“ auf Erfahrungen in ihrem Umfeld zurückgreifen.

Stärker als die befragten Herkunftsdeutschen heben die Migranten auch die Rolle ihrer Lehrkräfte hervor. Die Mehrheit attestiere ihnen über die Vermittlung der Unterrichtsinhalte hinaus „ein hohes Maß an Engagement für ihre Schulkarriere“. Einige befragte Studierende mit türkischem und russischem Migrationshintergrund mussten sich aber auch gegen Lehrkräfte durchsetzen, die ihnen Abitur und Studium nicht zutrauten.

Migrantenorganisationen und Schulen beraten kaum zum Studium

Unabhängig von der Herkunft wird beklagt, dass die Studienorientierung an den Schulen nicht ausreichend und ineffizient sei. In den Angeboten der Migrantenorganisationen dominieren Elternseminare zum Schulsystem, Beratung bei Erziehungsproblemen, Hausaufgabenhilfe für die Schüler und Abiturvorbereitung. Beratung zum Übergang auf die Hochschule wird kaum angeboten.

Wie kann das Informationsdefizit ausgeglichen werden? Es gilt als Grund für den vermehrten Studienabbruch in dieser Gruppe. Die Befragten haben zu 85 Prozent an Einführungsveranstaltungen und Beratungen zu Studienbeginn teilgenommen, zufrieden waren damit aber nur 37 Prozent, weitere 44 Prozent waren teilweise zufrieden. Türkischstämmige Studierende wünschen sich eine intensivere Betreuung, etwa durch regelmäßige Informationstage, und eine bessere Kommunikation der Angebote – auch durch direkte Ansprache.

Informations-Angebote in der Muttersprache für Familien gefordert

In der Studie empfohlen werden „zielgruppensensible Angebote in der Muttersprache an Familien und Mütter“ und eine stärkere Kooperation der Hochschulen mit den Migrantenorganisationen. Ausgebaut werden sollte das „Talentscouting“ in NRW, mit dem an 17 Hochschulen talentierte Schülerinnen und Schüler aus Nichtakademikerfamilien unterstützt werden – auf dem Weg ins Studium und während des Studiums.

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