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Studierende sitzen im Hörsaal.
© Ralf Hirschberger/picture alliance / dpa

Hochschulen: Jeder Dritte bricht das Bachelorstudium ab

29 Prozent der Bachelorstudierenden beenden ihr Studium ohne Abschluss. An Unis ist die Quote leicht gesunken, an Fachhochschulen gestiegen. Besonders häufig geben Migranten auf.

Fast jeder dritte Bachelorstudierende in Deutschland bricht das Studium ab. Als Gründe dafür werden am häufigsten die hohen Anforderungen an der Hochschule und mangelnde Studienmotivation genannt. Die Abbrecherquote von 29 Prozent aus dem Jahr 2014 - ermittelt für Studienanfänger der Jahre 2010 und 2011 - hat sich gegenüber früheren Untersuchungen von 2006 und 2009 insgesamt nicht signifikant verändert. Allerdings ist sie an den Universitäten leicht gesunken (von 33 auf 32 Prozent) und an den Fachhochschulen deutlicher gestiegen (von 23 auf 27 Prozent) (zur Langfassung der Studie geht es hier).

Im Schnitt der Hochschularten deutlich höher ist die Abbrecherquote in der Gruppe der Studienanfänger mit Migrationshintergrund, die in Deutschland zur Schule gegangen sind, aber keinen deutschen Pass haben: Von ihnen verlassen 43 Prozent die Hochschule ohne Abschluss. Dies würde durch eine Sonderauswertung erstmals untersucht.

Mehr Anfänger in "abbruchintensiven" Fächern an der FH

Die Abbrecherstudie hat das Deutsche Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) durchgeführt, befragt wurden insgesamt 6000 junge Menschen, die im Jahr 2014 exmatrikuliert wurden, sowie Fakultätsleitungen und Beratungseinrichtungen der Hochschulen.

Für den Anstieg der Quote an den Fachhochschulen sei der höhere Anteil von Studienanfängern in den „abbruchintensiven“ Ingenieurwissenschaften mit verantwortlich, heißt es. Zudem gebe es weniger Anfänger in den „abbrucharmen“ Wirtschaftswissenschaften. Allerdings hören an den FHs fast in allen Fachbereichen mehr Studierende als früher ohne Abschluss auf, auch in der BWL ist die Quote von 15 auf 19 Prozent gestiegen. Studienleiter Ulrich Heublein erklärt das damit, dass die FHs einen großen Anteil der Studierenden aufgenommen haben, die in den vergangenen Jahren zusätzlich an die Hochschulen gekommen sind: „Das ist eine große Herausforderung.“ Dennoch müssten sich einige Fächer fragen lassen, was bei ihnen falsch laufe – etwa die Informatik, wo die Abbrecherquote an FHs bei 41 Prozent liegt.

Abbruchquoten beim Bachelor.
Abbruchquoten beim Bachelor.
© Anna Schmidt/tsp

An den Unis fällt auf, dass sich die Abbruchwerte bei den Ingenieuren stark verringert haben: Von den Studienanfängern 2006/2007 bis zu denen von 2010/11 von 48 auf 32 Prozent. Laut Heublein liegt das vor allem am Maschinenbau. Dort hätten Wirtschaftsverbände Druck gemacht, um die Fachkultur zu verändern – und Programme finanziert, die die Studienbedingungen verbesserten. Gestiegen sind die Quoten dagegen bei den Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. In den Natur- sowie den Geisteswissenschaften veränderten sich die Werte nicht.

Und was kommt nach dem Studienabbruch? Ein halbes Jahr danach haben 43 Prozent eine Ausbildung begonnen, 31 Prozent jobben. Das zeige, dass der Studienabbruch kein Scheitern der beruflichen Karriere bedeute, sagte Bildungsministerin Johanna Wanka (CDU). Wichtig seien eine gute Berufsorientierung bereits in der Schule und eine gezielte Unterstützung von Studienanfängern. Dass trotz der Bologna-Reform die Abbrecherquoten nicht entscheidend sinken, führte Wanka auch auf die immer heterogenere Studierendenschaft zurück.

Migranten sind doppelt benachteiligt

Als „doppelt benachteiligt“ beschreibt die Stiftung Mercator Studienanfänger mit Migrationshintergrund – als Erstakademiker und durch ihre soziale Herkunft. Diese Gruppe müsse sich in der Schule, beim Übergang an die Hochschule und im Studium „mit einer Kumulation von Problemlagen auseinandersetzen“, heißt es in einer ergänzenden Analyse zur Studienabbrecher-Untersuchung des DZHW im Auftrag der Stiftung (die Langfassung finden Sie hier).

Gefahndet wird dabei nach den Ursachen für die hohe Abbrecherquote von 43 Prozent unter Studierenden mit Migrationshintergrund. Aus der Gruppe der insgesamt 6000 untersuchten Exmatrikulierten wurden 1113 „Bildungsinländer“ näher befragt, die in Deutschland aufgewachsen sind, ihren Hochschulzugang hier erworben haben, aber nicht über die deutsche Staatsbürgerschaft verfügen.

Die Weichen in Richtung Studienabbruch werden schon beim Übergang auf die weiterführende Schule gestellt. Studierende, die nicht mit einem klassischen Abitur vom Gymnasium an die Hochschule kommen, haben deutlich schlechtere Chancen, ihren Bachelorabschluss zu schaffen. Beim Abschluss von der Fachoberschule oder dem Berufskolleg sind Migranten überrepräsentiert, 46 Prozent von ihnen brechen das Studium ab, unter den Deutschen sind es 36 Prozent.

Studiert wird nicht was begeistert, sondern was hohes Einkommen verspricht

Negativ auf den Studienerfolg wirkt sich auch die Fachwahl aus. Junge Leute mit Migrationshintergrund haben dabei oft extrinsische Motive, sie streben prestigeträchtige Berufe an, die ein hohes Einkommen versprechen, statt ihren Neigungen zu folgen. Nach dem Abbruch beklagen dann viele, dass sie bei der Fachwahl dem Wunsch und Rat ihrer Eltern gefolgt sind.

Geht es um die Gründe für den Studienabbruch, stehen Leistungsprobleme für Migranten ebenso wie für Deutsche an erster Stelle. Gleichwohl sei davon auszugehen, dass schlechtere Schulnoten, vor allem in Deutsch, Migranten häufiger an den Studienanforderungen scheitern lassen, heißt es. Wer zu Hause nicht Deutsch spreche, habe oft Schwierigkeiten mit der Wissenschaftssprache. Die Bildungsinländer geben zudem öfter finanzielle Probleme und die familiäre Situation als Gründe für den Abbruch an.

HRK-Chef plädiert für Orientierungsphasen vor dem Studium

Was nun können die Hochschulen tun, um die Abbrecherquoten zu senken? Den Einstieg ins Studium mit bis zu einjährigen Orientierungsphasen zu erleichtern, würde Deutschen und Migranten gleichermaßen helfen. Der Präsident der Hochschulrektorenkonferenz (HRK), Horst Hippler, hat bereits an die Länder appelliert, verstärkt solche Programme zu finanzieren. Die Stiftung Mercator forderte zudem, Deutsch als Wissenschaftssprache müsse schon in der Oberstufe, aber auch zu Studienbeginn angeboten werden, ebenso wie Schreib- und Rhetorikkurse.

Solche Angebote dürften nicht mehr wie bislang freiwillig sein, sondern sollten für alle verpflichtend in die Curricula der Studiengänge integriert werden. Das wäre wiederum für Migranten besonders wichtig, sagte Ulrich Heublein vom DZHW. Gerade jene, die Unterstützung und Beratung am meisten brauchen, würden sie oft nicht in Anspruch nehmen.

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