Spektakuläre Landung auf dem Roten Planeten: Nasa-Rover „Perseverance“ kommt heil auf dem Mars an
Mit einem gewagten Manöver wird der kleinwagengroße Roboter im Jezero-Krater abgesetzt. Er soll unter anderem Spuren urzeitlichen Lebens finden.
Geschafft! Die US-Raumfahrtbehörde Nasa hat erneut einen rund eine Tonne schweren Rover erfolgreich auf dem Mars abgesetzt. Vier Minuten vor 22 Uhr deutscher Zeit setzte „Perseverance“ (Durchhaltevermögen) auf der Oberfläche auf. Erst waren es nur einige Daten, die den Erfolg vermeldeten, kurz darauf gab es das erste Bild. Bei der Nasa, aber auch bei Partnerinstituten weltweit und hinter zahlreichen Bildschirmen, wo Raumfahrtbegeisterte die Landung verfolgten, wurde laut gejubelt.
„Perseverance“ (Durchhaltevermögen) ist ein sechsrädriger Geologie-Roboter, der den Jezero-Krater auf der Nordhalbkugel genau erkunden soll. Neben hoch aufgelösten Bildern der Landschaft und digitalen Geländemodellen sind eine flache Ebene mit einigen Felsen und in der Ferne Andeutungen von Hügeln zu sehen. Die Hoffnung der Forscher: Womöglich findet der Rover mit seinem Arsenal an verschiedensten Messgeräten Hinweise auf mikrobielles Leben, das vor Jahrmillionen dort existierte.
Gestartet war Perseverance im Juli 2020 an Bord einer „Atlas-V“-Rakete – zusammengefaltet in einer Raumkapsel, die ihn vor den harschen Bedingungen im Weltall und vor allem während des Eintritts in die Marsatmosphäre schützt. Um die wertvolle Fracht vom Reisetempo von knapp 20.000 Kilometern pro Stunde auf Null abzubremsen und im Krater abzusetzen, haben die Nasa-Fachleute auf ein komplexes Manöver gesetzt, das bereits beim Rover-Zwilling „Curiosity“ (Neugier) gelang, der 2012 im Gale-Krater niederging.
Es wurde um einige Details erweitert und geht kurzgefasst so: Eintritt in die Atmosphäre, wodurch die Sonde abgebremst wird. Dann öffnet sich ein Fallschirm, der weiter bremst. Schließlich werden Bremstriebwerke gezündet bis das Modul 20 Meter über dem Boden schwebt. Nun klappen die sechs Räder aus und der gesamte Rover wird an Nylonseilen herabgelassen. Die Seile werden gekappt und der schwebende „Sky Crane“ fliegt mit dem restlichen Triebwerksschub davon, um fern des Rovers aufzuschlagen.
Allen Beteiligten war klar, dass bei dem Manöver einiges schiefgehen kann, wie sie in diversen Pressekonferenzen vorab deutlich gemacht hatten. Zumal der Jezero-Krater aus Forschersicht zwar höchst interessant ist, wegen des Geländes aber für frühere Missionen stets als „zu gefährlich“ ausgeschlossen wurde. Nun wurde das Risiko als akzeptabel eingestuft. Ob es der Technologie zu verdanken ist oder einer gehörigen Portion Glück – es ist gelungen.
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In den Minuten zuvor ist die Anspannung in den Nasa-Kontrollräumen selbst per Videostream nahezu greifbar. Konzentriert blicken die Fachleute auf die Monitore, überprüfen die Daten, die aus der Ferne eintreffen.
Einer alten Tradition folgend, waren zuvor Erdnüsse ausgeteilt worden. Wenn das Team diese knabbert, so der moderne Aberglaube, werde eine heikler Missionsschritt gelingen. Während früher große Becher mit den Nüssen herumgereicht wurden, hatten die Experten der Pandemie wegen nur kleine Päckchen erhalten und schieben sich die Nüsse einzeln hinter die Gesichtsmasken – die natürlich mit dem Missionslogo bedruckt waren.
Klatschen, Jubeln und Luftsprünge
Zahlen werden durchgegeben, noch immer ist Perseverance vielfach schneller als ein Jumbojet, aber das Tempo nimmt ab seitdem der Rover in die Marsatmosphäre eingedrungen ist. 21.53 Uhr (MEZ) gibt es den ersten Beifall im Kontrollraum: Der Bremsfallschirm ist entfaltet. Eine Minute später wieder Applaus, der Rover kann mit seinem Radar die Oberfläche erkennen. Fünf Kilometer noch bis zur Oberfläche. Die Bremstriebwerke zünden. 21:55 Uhr wird der „Sky-Crane“ aktiviert, der den Rover sanft ablassen soll. Eine Minute später überschlagen sich die Stimmen: „Touchdown confirmed!“ Klatschen, Jubeln, Luftsprünge. Die Erleichterung ist allen anzusehen.
Drei Minuten später gibt es das erste Bild. Rund, wie der Blick aus einem Bullauge, verschwommen und grau in grau sind Hügel zu sehen. Die Nasa-Techniker johlen: Der Mars, wir haben es geschafft!
Auch Berliner Fachleute des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt beteiligt
Unmittelbar nach der Landung soll der Kameramast ausgefahren und die ersten Bilder der Umgebung erstellt werden. An der Auswertung der Daten sind übrigens auch Berliner Fachleute des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) beteiligt. Zügig werden dann alle weiteren Geräte gestartet und getestet, damit Perseverance bald die reguläre Forschungsarbeit in dem ausgetrockneten See beginnt und die 2,5 Milliarden Dollar (2,2 Milliarden Euro) teure Mission die ersehnten Daten liefert.
Dies betrifft einerseits die Geologie des Mars: Einst mit feucht-warmem, lebensfreundlichem Klima gesegnet, hat er sich über Jahrmillionen in einen Wüstenplanet verwandelt. Wie genau diese Wandlung erfolgte und ob möglicherweise früher vorhandene simple Lebensformen bis heute in geschützten Nischen überdauert haben, das sind die wichtigsten Fragen der Wissenschaft, zu denen die Mission weitere Antworten liefern soll.
[Mehr zum Thema: Wie Perseverance urzeitliche Lebensspuren finden will, lesen Sie ausführlich hier.]
Zum anderen soll der Rover Erkenntnisse liefern, die für astronautische Missionen hilfreich sind. Sauerstoff beispielsweise werden die Männer und Frauen unbedingt brauchen, die Atmosphäre des Mars hat davon viel zu wenig: zum Atmen wie auch für den Antrieb der Rakete, die sie heimbringt. Mit „Moxie“ (Mars Oxygen In-Situ Resource Utilization Experiment) wollen Forscher zeigen, dass man den Sauerstoff auch vor Ort gewinnen kann. Das Gerät verwendet Kohlendioxid, der mit 96 Prozent den größten Anteil der Marsatmosphäre ausmacht, und bildet daraus elektrochemisch Sauerstoff. Noch handelt es sich um ein Experiment, Moxie ist nur so groß wie eine Autobatterie. Um für reale Missionen nutzbar zu sein, müsste ein solcher Generator rund hundertmal größer sein, sagen die Wissenschaftler.
Missionsdauer beträgt ein Marsjahr - und zwei Erdjahre
Wenn sie den Mars erforschen, werden die Astronauten nicht nur zu Fuß oder mit Rovern unterwegs sein. Drohnen können die Arbeit erleichtern, womöglich gar Helikopter. Bei einer Atmosphäre, die rund hundertmal dünner ist als hier auf der Erde, ist das aber schwer. „Ingenuity“ (Erfindergeist) soll zeigen, dass es trotzdem geht. So heißt eine kleine Helikopterdrohne, die an der Unterseite des Rovers befestigt ist. Von dort wird sie sich lösen, warten bis das Gefährt mindestens 100 Meter weit weggerollt ist und aufsteigen.
Auf der Erde wurden in speziellen Foliezelten mit Mars-Luftdruck Flugversuche gemacht. Die knapp zwei Kilogramm leichte Drohne hat Rotorblätter mit 1,2 Metern Spannweite. „Sie müssen sich viel schneller drehen als auf der Erde, um trotz der dünnen Luft genug Auftrieb zu erzeugen“, sagt MiMi Aung, Leiterin des Ingenuity-Projekts bei der Nasa. Rund 2300 Umdrehungen pro Minute sollen das schaffen. Die Steuerung erfolgt weitgehend autonom. Die Erde samt technischem Personal ist viel zu weit entfernt, um den Kurs beeinflussen zu können. Aktuell benötigen Funksignale zwischen den beiden Planeten gut elf Minuten. Gelingt der Einsatz der Helikopter-Drohne, wäre dies der erste kontrollierte Flug auf einem anderen Planeten.
Die Missionsdauer von Perseverance beträgt vorerst rund ein Marsjahr (zwei Erdjahre). Den Strom für die Geräte erhält er wie sein Zwillingsbruder Curiosity aus einer Radionuklidbatterie. In Spitzenzeiten helfen zudem Li-Ionen-Akkus aus. Zumindest die Batterien würden weitaus länger Energie liefern, wie Curiosity zeigt, der seit acht Jahren im Dienst ist. Vielleicht erhalten auch Perseverance und seine „Betreuer“ auf der Erde die Chance auf eine Verlängerung – und somit auf weitere Erkenntnisse über die bewegte Geschichte unseres Nachbarplaneten.