Was die Huawei-Gegner übersehen: Mobilfunk ist per se unsicher – und das ist gewollt
Der chinesische Staat ist gefährlich, aber ein Ausschluss von Huawei bei 5G trotzdem unrealistisch. Das muss die EU heute beherzigen. Ein Kommentar.
Die 3G-Netze haben das mobile Internet möglich gemacht, 4G-Netze Videotelefonie und mobiles Streaming. 5G ist das Zukunftsversprechen schlechthin: Ärzte, die per Fernzugriff OP-Roboter steuern; Autos, die ihre Umgebung in Mikrosekunden auslesen. Keine Frage, diese Infrastruktur muss sicher und stabil sein.
Der politische Streit hat sich auf eine einfache Frage verengt: Soll die chinesische Firma Huawei vom Ausbau der 5G-Netze in Deutschland ausgeschlossen werden?
An diesem Mittwoch will die EU-Kommission in Brüssel einen Werkzeugkasten vorstellen.
Darin enthalten: Vorschläge, wie in Europa der Ausbau des neuen 5G-Mobilfunknetzes sicher und schnell erfolgen kann. Bereits durchgesickert ist, dass ein Huawei-Verbot nicht zu den Empfehlungen gehören soll, aber wohl auch keine pauschale Erlaubnisklausel für China-Technik. Ohnehin hat niemand ernsthaft geglaubt, dass das Warten auf ein europäisches Statement die innerdeutsche Debatte löst. Die Fronten sind klar: Die Bundesregierung um Angela Merkel, Peter Altmaier und Horst Seehofer ist gegen ein pauschales Huawei-Verbot.
Verlängerter Arm der KP?
Auf der anderen Seite steht eine wachsende Zahl von Außen- und Sicherheitspolitikern aller Parteien. Für sie ist Huawei der verlängerte Arm der Kommunistischen Partei – ein trojanisches Pferd, mit dem Daten abgegriffen und sabotiert werden können. In der Union soll Norbert Röttgen inzwischen mehr als 50 Abgeordnete um sich versammelt haben, auch Grüne und FDP sowie Teile der SPD sympathisieren mit einem Huawei-Ausschluss.
Was die Huawei-Gegner übersehen: Ein Verbot löst weder das Problem der Sicherheit noch das der Stabilität von 5G-Netzen. Mobilfunknetze werden nicht durch den Einsatz von Huawei-Technik unsicher, sie sind es per se.
Das ist gewollt: Deutsche Ermittler profitieren von unverschlüsselten Daten und Hintertüren im Mobilfunknetz. Zur Erinnerung: Nicht China ist bisher beim systematischen Datenklau in deutschen Netzen erwischt worden, sondern der Bündnispartner USA. Nicht chinesisches Equipment wurde dazu benutzt, sondern Lücken in der Hardware des US-Herstellers Cisco.
Mehrkosten in zweistelliger Milliardenhöhe
Die Telekom, Vodafone und O2 setzen seit Jahren auf Huawei-Technik. Ein Verzicht würde in Europa Mehrkosten in Höhe von 55 Milliarden Euro verursachen, meint die Branche. Deutsche Betreiber müssten etwa die Hälfte ihrer Bestandsnetze austauschen. Autobauer fürchten außerdem ein chinesisches Revanche-Foul, sollte Huawei in Deutschland ausgeschlossen werden. Wie viel darf eine Nulltoleranzpolitik kosten? Und warum nur bei der Infrastruktur? Wer glaubt, dass chinesische Hardware ein System kompromittiert, müsste auch auf quasi jedes Mobiltelefon und jeden Computer verzichten. Stabile Mobilfunknetze setzen zudem auf einen Mix unterschiedlicher Hersteller – weniger Auswahl bedeutet hier weniger Ausfallsicherheit. Die Sorge, dass die chinesische Regierung bei der Beteiligung von Huawei in Deutschland zukünftig auf Knopfdruck große Teile des Netzes lahmlegen könnte, ist unbegründet.
Entscheidend sind regelmäßige Updates
Es ist wie bei jedem Computer mit Software: Entscheidend sind gute Wartung und regelmäßige Updates. Dafür sind die Netzbetreiber zuständig. Sie wachen über alle Komponenten, und hier sind harte Vorgaben des Gesetzgebers klug: Keine Technik-Monokulturen, redundante Systeme, gutes Sicherheitsmanagement.
All diese Punkte hat die Bundesregierung bereits im Oktober in den Entwurf des Sicherheitskatalogs hineingeschrieben – und das ist gut so. Der chinesische Staat ist gefährlich. Es wäre unverzeihlich, wenn Dissidenten dort verfolgt und inhaftiert würden, weil deutsche Netze nicht sicher sind. Daher darf chinesische Hardware nicht bedenkenlos integriert werden. Die Briten haben gestern bereits vorgemacht, wohin der Weg geht: Regulierung mit strengen Vorgaben, aber ohne Ausschluss von Huawei. Andere Länder in Europa warten noch auf die deutsche Entscheidung. Ein Grund mehr, das Thema nicht als Hintertür für Stimmungsmache oder Profilschärfung für die Zeit nach Angela Merkel zu instrumentalisieren.
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