Wahl an der Humboldt-Universität: HU-Studierende fordern Alternative zu Präsidentin Kunst
"Für uns gibt es keinen Grund, Kunst wiederzuwählen": Studierendenvertreter fordern eine Gegenkandidatur zur Präsidentin und äußern heftige Kritik.
Studierendenvertreter der Humboldt-Universität fordern, die Uni solle bei der im Herbst anstehenden Präsidentenwahl eine ernsthafte Gegenkandidatin beziehungsweise -kandidaten zu Amtsinhaberin Sabine Kunst suchen. Es sei ratsam, eine "tatsächliche Alternative" zu Kunst zu finden, heißt es in einem offenen Brief des Referent_innenRats an das Kuratorium der HU, das das Wahlverfahren jetzt mit einer entsprechenden Ausschreibung in die Wege geleitet hat.
Wie berichtet, wird Kunst für eine zweite Amtsperiode antreten. Eine Ausschreibung für das Präsidentenamt mit dem Hinweis, dass die Amtsinhaberin erneut kandidiert, erschien am Donnerstag in der "Zeit".
Zwar würden durch einen solchen Hinweis "Mitbewerber_innen entweder abgeschreckt werden, oder sollten sie sich doch bewerben, diese Kandidaturen nicht ganz ernstgenommen werden", heißt es in dem RefRat-Brief (der RefRat ist der Asta der HU). Es gebe aber "aus Sicht der gesamten Universität gute Gründe dafür, die Amtszeit von Prof. Kunst sehr kritisch zu sehen".
Studierende hatten bereits einen Abwahlantrag gegen Kunst gestellt
Studierendenvertreterinnen und -vertreter hatten bereits vor einiger Zeit im Konzil, dem Wahlgremium der HU, wegen ihrer seit langem anhaltenden Auseinandersetzungen mit Kunst einen Antrag auf Abwahl der Präsidentin und auch von HU-Vizepräsident Ludwig Kronthaler gestellt, waren damit aber gescheitert. Diesen Antrag hätten die Studierenden aber nicht nur aus eigenem Interesse gestellt, heißt es nun.
Vielmehr kritisiert der RefRat die "katastrophale Lage der zentralen Universitätsverwaltung". Kunst und Kronthaler hätten zwar vom Konzil und Kuratorium das klare Mandat gehabt, die Haushaltssituation zu stabilisieren und Governance-Prozesse zu verbessern. Stattdessen hätten sie sich "in Schaukämpfe mit uns als Vertretung der Studierenden und mit den Personalräten verwickelt".
"Für uns als Studierenden gibt es keinen Grund, Kunst wiederzuwählen", sagte Juliane Ziegler, Referentin für Studium und Lehre auf Nachfrage: "Gespräche mit dem Präsidium bringen nichts mehr."
"Haushaltssituation der HU verschlechtert sich drastisch"
Von einer Governance-Reform seien bisher "nur willkürliche Personalentscheidungen und -freistellungen" zu sehen, heißt es in dem offenen Brief weiter. Viele Referate würden schon lange nur kommissarisch geleitet. Es sei bisher auch nicht zu sehen, was die neu eingerichtete Controlling-Abteilung mache. Die Abteilung Haushalt sei "drastisch" unterbesetzt, die Haushaltssituation der HU verschlechtere sich zunehmend.
"Wir erwarten vom Kuratorium, dass es sich ein komplettes Bild der Lage der HU macht, bevor es dem Konzil eine Wiederwahl von Prof. Kunst vorschlägt - ein Bild, das nicht nur auf Berichten des Präsidiums basiert", schließt der Brief des RefRats: "Sicherlich sind nicht nur die studentischen Vertreter_innen dafür offen, sich andere Visionen für die HU anzuhören, als die, die wir in den letzten Jahren vorgelebt bekommen haben."
Ein Studierendenvertreter bringt Gewalt ins Spiel
Auf Twitter äußerten sich Studierendenvertreter noch deutlich drastischer zur Ankündigung Kunsts, ein zweites Mal kandidieren zu wollen.
João Fidalgo, der die Kommission für Lehre und Studium des Akademischen Senats leitet, schrieb gar: "Ich habe Fragen. Vor allem eins: ab wann ist körperliche Gewalt menschlich nachvollziehbar? Ich frage für eine Freundin", antwortete er auf einen Tweet des studentischen AS-Mitglieds Bengt Rüstemeier, der zuvor gefragt hatte, ob sich Kunst trotz Rücktrittsaufforderungen durch die Studierenden sicher sei, erneut kandidieren zu wollen.
Fidalgo erklärte auf Anfrage, sein Tweet sei ein "Witz" und eine Anspielung auf den Umgang des Präsidiums mit dem umstrittenen HU-Geschichtsprofessor Jörg Baberowski.
Konkret gehe es dabei um einen Vorfall kürzlich: Baberowski soll einem Vertreter der trotzkistischen Gruppe IYSSE das Handy aus der Hand geschlagen haben, als dieser Baberowski filmte, wie er IYSEE-Wahlplakate abriss. Die Studierendenvertreter vermissen auch nach diesem Vorfall, der auf der "World Socialist Web Site" dokumentiert ist, Konsequenzen gegen Baberowski.
In Bezug auf Kunsts Umgang mit Baberowski erklärte Fidalgo, er hoffe, die HU finde jemanden, "der_die in der Lage ist, Konflikte in anderer, weniger eskalativen Weise zu moderieren". Fidalgo hat seinen Tweet inzwischen gelöscht: Er sei von außen nicht verständlich.