Tierhaarallergien vorbeugen: Haustiere senken das Risiko für Allergien
Kinder, die mit vielen Haustieren aufwachsen, haben ein geringeres Risiko, eine Allergie zu entwickeln. Das legt eine Studie schwedischer Forscher nahe.
Tiere im Haushalt können Kinder vor Allergien schützen. Das legen neue Studien nahe. Der Effekt sei umso größer, je mehr Hunde und Katzen mit einem Kleinkind zusammenleben, berichten Bill Hesselmar von der Universität Göteborg und Forscherkollegen in der Fachzeitschrift "PLOS One". Während in den untersuchten Haushalten ohne Tier fast die Hälfte der Kinder im Alter von sieben bis neun Jahren zumindest einmal im Leben eine allergische Episode hatten, zählten die Forscher umso weniger Allergiefälle je mehr Haustiere die Familien hatten.
Mehr Tiere = weniger Allergien?
"Früher wurde die Haltung von Haustieren als Risikofaktor für die Entwicklung von Allergien angesehen", schreiben die Forscher. Mehrere Studien aus den vergangenen 20 Jahren haben jedoch gezeigt, dass dies wahrscheinlich nicht der Fall ist. Hesselmar selbst berichtete bereits vor fast 20 Jahren, dass das Zusammenleben mit Tieren Kinder schützen könne.
Auch andere Forschergruppen (etwa um Dennis Ownby von der Georgia Regents University in Augusta, USA, oder Charlotte Braun-Fahrländer von der Universität Basel, Schweiz) kommen zu dem Schluss, dass Haustiere besonders in den ersten Lebensmonaten positive Auswirkungen auf das spätere Auftreten von Allergien haben könnten. Wissenschaftler erklären das damit, dass die Entwicklung des Immunsystems wesentlich vom frühen Kontakt des Organismus mit Schmutz und Keimen abhängt. Und Hunde und Katzen schleppen nachweisbar mehr und unterschiedliche Mikroorganismen ein als in haustierfreien Haushalten zu finden sind.
Nun prüften Hesselmar und Kollegen, ob auch die Anzahl ("Dosis") der Haustiere eine Rolle für den Schutzeffekt spielt. Dazu nutzten sie zwei Erhebungen aus dem Raum Göteborg: In einer Querschnittsstudie wurden 1029 Kinder im Alter von sieben bis acht Jahren auf Allergien untersucht. Zugleich wurde erfragt, wie viele Hunde und Katzen im Haushalt lebten, als das Kind ein Jahr alt war. Dabei berücksichtigten die Wissenschaftler auch andere Einflussfaktoren wie etwa die Zahl der Geschwister.
Demnach hatten 49 Prozent jener Kinder, die ohne Haustier aufwuchsen, eine allergische Reaktion wie Asthma, Heuschnupfen oder Ekzem gezeigt. In Haushalten mit vier Tieren waren es hingegen nur etwa 28 Prozent. Die Auswertung einer Langzeitstudie mit 249 Kindern eines Geburtsjahrgangs brachte ein ähnliches Ergebnis.
Als Erklärung verweisen die Forscher auf den sogenannten "Farm-Effekt": Demnach entwickeln Kinder, die auf Bauernhöfen aufwachsen, seltener Allergien als Stadtkinder. Das Team um Hesselmar vermutet bei seinem Resultat "einen Mini-Farm-Effekt, bei dem die Haltung von Haustieren vor der Entwicklung von Allergien schützt".
Deutsche Experten reagieren zurückhaltend
Diese Einschätzung gäben die Daten jedoch nicht her, betont Erika von Mutius vom Klinikum der Universität München, die nicht an der Studie beteiligt war. Die Untersuchung bestätige frühere wissenschaftliche Ergebnisse, sagt das Mitglied des wissenschaftlichen Beirats des Allergieinformationsdienstes. Die Studie sei zwar seriös, aber "es fehlen Angaben, wie eng die Kinder mit den Tieren zusammengelebt haben".
Das sieht Susanne Lau von der Charité Berlin ähnlich: Zwar erbringe gerade die Untersuchung von Geburtsjahrgängen in der Regel robuste Daten zu einer Dosis-Wirkungs-Beziehung. Dennoch solle man kritisch hinterfragen, ob nicht noch andere Faktoren das Ergebnis beeinflusst hätten: "Familien mit vielen Haustieren haben womöglich einen ganz anderen Lebensstil als Familien mit keinem oder nur einem Haustier."
Schützende Faktoren müssen weiter untersucht werden
Wie genau der Zusammenhang von Tierhaltung und Allergien ist, müsse weiter erforscht werden, erklärt Dennis Ownby, Professor für Allergologie und Immunologie in einem Übersichtsartikel zum Thema. Unter anderem gibt es Hinweise, dass auch Haustiere in der Schwangerschaft einen positiven Einfluss auf das Immunsystem des Kindes haben könnten.
Studien, die sich mit älteren Kindern und ihren Haustieren befassen, brächten jedoch inkonsistente Ergebnisse und allen Kindern ein Haustier zu verschreiben, sei "unmöglich und vermutlich auch unerwünscht". Die wichtigere Frage sei, ob sich aus den Erkenntnissen beispielsweise probiotische Nahrungsergänzungsmittel entwickeln lassen, die das Zusammenspiel von menschlichen und tierischen Mikroorganismen nutzen, um allergischen Reaktionen vorzubeugen. Auch an der Verwendung von Stallstaubextrakten in einem Nasenspray werde bereits seit ein paar Jahren geforscht. (mit dpa)
Sarah Reim