Verfolgte Forscher: Grüne fordern mehr Engagement für Wissenschaftsfreiheit
Weltweit wird die Wissenschaftsfreiheit angegriffen. Die Grünen im Bundestag wollen erreichen, dass sich Deutschland stärker für verfolgte Forschende einsetzt.
Die Grünen im Bundestag fordern ein aktiveres Eintreten der Bundesregierung für die Wissenschaftsfreiheit. Im Ausland müsse man kritische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die drangsaliert oder verfolgt werden, „im Rahmen ihrer diplomatischen Möglichkeiten“ unterstützen, heißt es in einem Antrag, den die Grünenfraktion am Freitag in den Bundestag einbringen wird. Auslandsvertretungen in Ländern, die die Wissenschaftsfreiheit einschränken, sollten zusätzliches Personal für Wissenschaftspolitik beschäftigen. Es müsse regelmäßig über den Stand der Forschungs- und Wissenschaftsfreiheit sowie über die Bedrohungslage von Studierenden und Forschenden berichten.
"Weltweit versuchen Autokraten, den freien Geist in Ketten zu legen“, begründet Kai Gehring, der wissenschaftspolitische Sprecher der Fraktion, den Antrag. Wenn Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler „mit ihrer Forschung Herrschaftsansprüche infrage stellen“, würden sie vielerorts eingeschüchtert und bedroht - egal ob es um Sozialwissenschaften, die Gender- oder Klimaforschung geht.
CEU, Brexit: "Schläge für den europäischen Forschungsraum"
Die Wissenschaftsfreiheit werde längst auch in Europa angegriffen, betonte Gehring. „Der Weggang der CEU aus Budapest und der Brexit sind bittere Schläge für unseren gemeinsamen europäischen Forschungsraum.“ Neo-Nationalisten versuchten, „die Errungenschaften der letzten Jahrzehnte rückgängig machen“. Jetzt gelte es, ihnen die Stirn zu bieten – mit mehr internationalem Austausch der Wissenschaft.
In Deutschland sollten verfolgten und geflüchteten Wissenschaftlern bessere Perspektiven als bisher geboten werden, „damit sie ihre Arbeit in Sicherheit ohne Angst fortsetzen können“ – auch nach dem Auslaufen spezieller Programme. Die Philipp Schwartz-Initiative der Alexander von Humboldt-Stiftung müsse die Zahl ihrer Stipendien verdoppeln können. Vor dem Druck, der zuweilen aus ihren Herkunftsländern ausgeübt wird, müssten Exilanten auch hierzulande geschützt werden. Von der Politik fordern die Grünen, auch solche „Einschüchterungen“ auf zwischenstaatlicher Ebene zu thematisieren.
Appell, Experten nicht gezielt abzuwerben
Gleichzeitig warnen die Antragsteller davor, „Verbindungen im Forschungs- und Wissenschaftsbereich vorschnell zu kappen“. Vielmehr gelte es, Kontakte zwischen Gesellschaften aufrecht zu erhalten, auch wenn zu Machthabern Distanz gehalten werde. Insbesondere aus strukturschwachen Regionen sollten Expertinnen nicht etwa abgeworben, sondern im Sinne der Brain Circulation in einen Austausch auf Augenhöhe einbezogen werden.
Die Grünen drängen darauf, die deutschen Hochschulen insgesamt attraktiver zu machen – und damit auch für internationale Gäste und Bewerberinnen. Zum einen müssten bessere Karriereperspektiven unterhalb der Professur entstehen, das würde auch deutsche Rückkehrer aus dem Ausland anziehen. Ebenso fehle es Hochschulen an ausreichend Diversität und Chancengleichheit. Mangelnde Geschlechtergerechtigkeit und zu wenige Erstakademiker sowie Studierende und Lehrende mit Migrationsgeschichte schreckten bislang viele internationale Spitzenbewerbungen ab, heißt es.
Die Hochschulen müssten zudem mehr Deutschkurse, aber auch mehr Lehrveranstaltungen auf Englisch anbieten, um international attraktiv zu sein. Für ein „weltoffenes Land für freie Wissenschaft“ – so der Titel des Grünen-Antrags – brauche es ebenso Univerwaltungen, in denen „Englisch als globale Wissenschaftssprache“ gesprochen wird.