6 Tote durch Lungenkrankheit aus Wuhan: Erster Fall von Coronavirus in den USA
Die Zahl der mit dem Coronavirus Infizierten steigt rapide. Die WHO berät in einer Krisensitzung. Die wichtigsten Hintergründe zur Lungenkrankheit.
Der Ausbruch eines Coronavirus in China weitet sich aus. Die neue Lungenkrankheit in China hat zwei weitere Patienten das Leben gekostet. Das teilte die Gesundheitsbehörde der zentralchinesischen Metropole Wuhan am Dienstag mit. Damit sind nun sechs Todesfälle seit dem Ausbruch der Krankheit im Dezember bestätigt.
Auch die Zahl der Infizierten stieg deutlich. Inzwischen gibt es 308 bestätigte Fälle in China, berichtete das Staatsfernsehen. Darunter entfallen 270 Infektionen allein auf die Provinz Hubei mit der Metropole Wuhan, wo das neuartige Virus seinen Ausgang genommen hatte.
In der Südprovinz Guangdong sei bei 14 Patienten das neue Coronavirus festgestellt worden. In Shanghai gibt es sechs Fälle und in Peking fünf. In der Provinz Zhejiang und der Metropole Chongqing sind es ebenfalls jeweils fünf Infektionen. Zwei wurden aus der Stadt Tianjin gemeldet, einer aus der Provinz Henan.
Insgesamt fünf Fälle wurden aus Thailand, Japan und Südkorea gemeldet, alle soweit bekannt bei Personen, die sich in Wuhan aufgehalten hatten. Am Dienstag meldeten die Gesundheitsbehörden in Taiwan erstmals eine Erkrankung.
Betroffen sei eine etwa 50-jährige Taiwanesin, die in der zentralchinesischen Stadt Wuhan gearbeitet habe und von dort zurück nach Taiwan geflogen sei. Laut der Mitteilung vom Dienstag wurde die Frau direkt nach ihrer Ankunft in ein Krankenhaus gebracht und unter Quarantäne gestellt.
Auch in den USA wurde erstmals ein Fall der neuen Lungenkrankheit nachgewiesen. Es handele sich um einen Mann, der nach einer Reise in die chinesische Provinz Wuhan am 15. Januar in die Westküstenmetropole Seattle zurückgekehrt sei, teilte die US-Gesundheitsbehörde CDC am Dienstag mit. Der Mann habe bei der Rückreise noch keinerlei Symptome bemerkt, hieß es. Er sei in gutem Zustand im Krankenhaus. Es bestehe nur ein sehr geringes Risiko, dass er weitere Menschen anstecken könne.
Internationale Experten haben allerdings Zweifel angemeldet, ob die veröffentlichten Zahlen der Realität entsprechen. Erste Experten warnen davor, dass Virus auch nach Europa und nach Deutschland kommt. Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Wuhan-Virus im Überblick:
Um welche Erreger handelt es sich?
Das Virus, von der Weltgesundheitsorganisation bislang „2019-nCoV“ benannt, gehört wie Sars und das gelegentlich in Nahost auftretende Mers zur Familie der Coronaviren. Es befällt obere und untere Atemwege und kann Lungenentzündungen auslösen. Bisher stammen Patienten aus fast allen Altersgruppen, Männer und Frauen sind in etwa gleich häufig betroffen. Auch viele normale Erkältungen werden durch – allerdings andere – Coronaviren, die meist nur die oberen Atemwege befallen, verursacht.
Wie groß ist die Ansteckungsgefahr?
Diese Virengruppe gilt als deutlich weniger infektiös als etwa Grippeerreger (Details erklärt der renommierte Virologe John Oxford im Interview). Ob das auch für 2019-nCoV gilt, ist nicht abschließend geklärt. Ob die derzeit bekannten Fakten auf eine besondere Virulenz hindeuten, ist bei Experten noch umstritten.
Bis Montag war nicht einmal sicher nachgewiesen, dass das Virus überhaupt von Mensch zu Mensch übertragen wird. Dies gilt jetzt allerdings als nachgewiesen, auch aufgrund der Krankenhausangestellten, bei denen der Erreger nun nachgewiesen wurde.
Viele der Patienten haben sich aber offenbar auf einem Markt, wo Fisch und Fleisch angeboten wird, infiziert. Nach Informationen der Behörden hatten einige der jetzt Erkrankten aber keinen solchen Kontakt, was bereits auf Übertragbarkeit von Mensch zu Mensch hinwies.
Wie könnte das Virus nach Deutschland gelangen?
Alle Infizierten und Verdachtsfälle, die bislang aus anderen Ländern als China gemeldet wurden, hatten sich zuvor in Wuhan aufgehalten. Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes wies entsprechend am Montag darauf hin, dass nach derzeitigem Wissensstand vor allem ein Risiko für Regionen bestehe, die "viel Reiseverkehr" mit Wuhan hätten.
In den Reisehinweisen des Auswärtigen Amtes wird selbst das Infektionsrisiko für deutsche Reisende in Wuhan "als moderat eingeschätzt". Ihnen wird geraten, den Kontakt mit kranken Menschen und Tieren sowie Märkte mit Tierprodukten zu meiden und "gesteigert auf eine adäquate Handhygiene" zu achten. Auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt bislang keine Reisebeschränkungen.
Welches Risiko geht von dem Virus für Deutschland aus?
Auch wenn Chinas Nationale Gesundheitskommission mittlerweile die Übertragbarkeit des Virus von Mensch zu Mensch bestätigte, geht das deutsche Robert-Koch-Institut von Einzelfällen aus. Es gebe weiterhin "keine Hinweise auf eine fortgesetzte Übertragung von Mensch zu Mensch", heißt es.
Die Bundesbehörde verweist zudem auf eine aktuelle Risikoeinschätzung des Europäischen Zentrums für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC), wonach das Risiko einer weiteren Ausbreitung innerhalb der EU, sollte ein Fall festgestellt werden, "als gering bis sehr gering" anzusehen ist.
Entsprechend schätzt das deutsche Robert Koch-Institut das Risiko für die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland "zurzeit als sehr gering" ein. Diese Einschätzung könne sich allerdings aufgrund neuer Erkenntnisse kurzfristig ändern.
Welche Vorsichtsmaßnahmen gibt es?
Das Robert-Koch-Institut beobachtet die Entwicklungen bei dem neuartigen Virus und steht dazu mit der WHO im Kontakt. Die Berliner Charité hat nach Angaben ihres Virulogen Christian Drosten bereits "alle Testsysteme hoch gefahren", um eine Infektion mit dem neuen Coronavirus bei Bedarf schnell nachweisen zu können.
"Wir müssen damit rechnen, dass wir Fälle nach Deutschland bekommen", sagte Drosten am Morgen im "Deutschlandfunk". "Deutsche Kliniken sollten sich bereits jetzt darauf vorbereiten, solche Patienten behandeln zu können." Bei einer - aus heutiger Sicht sehr unwahrscheinlichen - größeren Ausbreitung des Coronavirus könnte Deutschland seinen Nationalen Pandemieplan umsetzen.
Deutschlands größter Flughafen in Frankfurt am Main sieht aktuell keine Notwendigkeit für Schutzmaßnahmen, zumal dort keine Direktflüge aus Wuhan landen. Der Flughafenbetreiber steht laut seiner Sprecherin aber "in einer engen Abstimmung mit den Behörden" und im Austausch mit anderen Flughäfen.
Durch vergangene Epidemien sei der Airport auf ein mögliches Auftreten der neuartigen Infektion sehr gut vorbereitet. Bei einer weiteren Ausbreitung der Lungenkrankheit würden die Rettungskräfte am Flughafen im Erkennen von Symptomen geschult werden.
Temperaturmessen bei Passagieren, wie es auf Flughäfen in anderen Ländern derzeit als Vorsichtsmaßnahme praktiziert wird, hält Charité-Experte Drosten für wenig sinnvoll. Schließlich verzichteten Kranke mit Symptomen eher auf eine Reise, sagte er im Deutschlandfunk. Bei Infizierten, bei denen sich das Virus noch in der Inkubation befinde, trete hingegen noch kein Fieber auf. Fiebermessen auf Flughäfen habe daher eher eine "psychologische" Wirkung.
Wie kann ich mich vor Infektion schützen?
Jenseits Asiens sind bisher keine Fälle bekannt. Wer in Asien Märkte, wo rohes Fleisch und lebende Tiere verkauft werden, besucht, sollte ohnehin auf Hygiene achten. Diese ist generell gerade auch in der Grippesaison hilfreich zur Abwehr von allen möglichen Viren und auch Bakterien. Händewaschen mit Seife reduziert die Keimlast um mehrere Größenordnungen.
Ungewaschene Hände, die möglicherweise kontaminierte Flächen oder Personen berührt haben, sollten den Schleimhäuten des Nase-Rachen-Raumes, zu denen auch das Auge zählt, fernbleiben. Von offensichtlich erkrankten hustenden und niesenden Personen sollte man sich fernhalten.
Die in Asien allgegenwärtigen Gesichtsmasken können das Infektionsrisiko senken, schon allein, weil es dann schwerer ist, unbewusst eine jener Schleimhäute zu berührten. Sie sind aber vor allem für Erkrankte sinnvoll, um andere zu schützen.
Welche Symptome deuten auf das Virus hin?
Fieber, sonstige grippeartige Symptome, Kurzatmigkeit sind von Sars bekannt und soweit es dazu Informationen gibt, gilt dies auch für das neue Virus. Eine Lungenentzündung muss ärztlich, möglichst unter Zuhilfenahme von Röntgendiagnostik, festgestellt werden.
Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?
Es existieren keine antiviralen Medikamente gegen Coronaviren. Patienten können nur symptomatisch und unterstützend behandelt werden, bei Lungenversagen auch intensivmedizinisch. Zudem ist etwa von Sars bekannt, dass häufig zusätzliche bakterielle Infektionen folgen. Diese können antibiotisch behandelt werden, was aber nur geschehen sollte, wenn sie sicher nachgewiesen sind.
In jüngerer Zeit wurden auch medizinische Daten veröffentlicht, die nahelegen, dass Antibiotika virale Infektionen noch verschlimmern können.
Wie positioniert sich die WHO?
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat, so meldete die Deutsche Presse Agentur am Dienstagmorgen, ihren Notfallausschuss einberufen. Die Experten sollen am Mittwoch darüber beraten, ob eine Gesundheitsnotlage ausgerufen werden soll, wie die WHO am Montag berichtete.
Diese unabhängigen Experten empfehlen auch Maßnahmen, die möglicherweise ergriffen werden sollten. Ruft die WHO einen internationalen Gesundheitsnotstand aus, empfiehlt sie damit schärfere Maßnahmen zur Bekämpfung der Seuche. Dazu können unter anderem Grenzkontrollen, das Einrichten von spezialisierten Behandlungszentren oder mögliche Impfungen medizinischer Fachkräfte gehören. (mit dpa und AFP)