Schülerleistungen: Eine Frage des Rankings
Berlins Schüler lesen so gut wie die in Bayern – rechnet man die Schüler heraus, deren Eltern im Ausland geboren wurden
„Ist Bildung messbar“?, lautete das Thema beim Symposium der Deutschen Arbeitsgemeinschaft Statistik am Dienstag in der Urania Berlin. „Die Antwort lautet: Ja, Bildung ist messbar“, sagte Olaf Köller, Direktor des Leibniz-Instituts für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik in Kiel. Als Gründungsdirektor des IQB, des Instituts zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen an der Humboldt-Universität, hat Köller selbst maßgeblich an Bildungsstandards mitgewirkt. Natürlich erschöpfe sich „Bildung“ keineswegs in dem, was die großen Schulstudien abprüfen, sagte Köller: „Aber wer nicht lesen kann, kann sich auch nicht die Welt erschließen.“
Mit einer weiteren Frage hatte Köller seinen eigenen Vortrag überschrieben: „Sind die bayerischen Schülerinnen und Schüler besser als die Berliner Schülerinnen und Schüler?“ Wieder lautete Köllers Antwort „ja“. Die Ländervergleiche belegten es schließlich. So kommen Berlins Neuntklässler mit einem Mittelwert von 483 im großen IQB-Bildungstrend von 2015 beim Lesen in die Schlussgruppe, wie auch Bremen und Hessen. Bayern hingegen liegt mit 513 Punkten in der Spitzengruppe, mit Schleswig-Holstein und dem führenden Sachsen (528 Punkte).
Hamburg liegt plötzlich auf Platz eins
Allerdings: Die Rangfolge in der Tabelle sieht ziemlich anders aus, betrachtet man nur diejenigen Schüler, deren Eltern beide in Deutschland geboren wurden. Dann liegt Berlin mit 522 Punkten etwa gleichauf mit Bayern (526 Punkte) und über dem deutschen Mittelwert von 518 Punkten. Die Tabelle wird dann nicht mehr von Sachsen, sondern von Hamburg angeführt, dessen Schülerinnen und Schüler hier einen Mittelwert von 541 Punkten erreichen. Hamburgs Tabellensieg war vor einigen Tagen dem „Hamburger Abendblatt“ aufgefallen, das enthusiastisch berichtet hatte: „Es ist ein kaum für möglich gehaltenes Ergebnis...“. Auch Hamburgs Schulsenator Ties Rabe (SPD) hatte sich höchst erfreut gezeigt – schließlich hatte Hamburg sich bis dahin beim Lesen bloß auf Platz 12 gewähnt. Köller berichtete amüsiert von Hamburgs Jubel. Schließlich zeigt die Tabelle auch, welche Länder ihre Neuntklässler mit Migrationshintergrund zu höheren Leistungen führen als andere: Hier liegt Hamburg mit 444 Punkten deutlich unter dem deutschen Mittelwert von 458 Punkten. Berlins Schüler mit Migrationshintergrund schlagen sich hingegen mit 452 Punkten ordentlich. Aber Bayern ist mit 474 Punkten wieder überlegen.
„Alle Länder haben Probleme“, summierte Köller. Die Bevölkerungen sollten darum nicht in der „Bundesligatabelle“ gucken, ob ihr Land hinter Bayern und Sachsen liegt, sondern beobachten, ob es Fortschritte macht. „Und die Regierung nicht wieder wählen, wenn es schlechter geworden ist.“