Stephen Hawking feiert 75. Geburtstag: Ein Physiker auf der Suche nach der Weltformel
Stephen Hawking begeistert Experten und Laien mit Theorien zum Ursprung des Kosmos und zu Schwarzen Löchern. Heute wird der Physiker 75 Jahre alt.
Der Körper ist hilflos, der Geist brillant: Stephen Hawking gilt als Popstar der Wissenschaft. Am 8. Januar wird er 75 Jahre alt – dabei leidet er an der unheilbaren Muskel- und Nervenkrankheit ALS (Amyotrophe Lateralsklerose). Sie schreitet bei ihm langsam voran, hat ihn aber nahezu bewegungsunfähig gemacht. Erst kürzlich wurde er behandelt: nach einem Treffen mit dem Papst in Rom.
Von Reisen hält das Hawking, der im Rollstuhl sitzt und seit einem Luftröhrenschnitt vor etwa 30 Jahren nicht mehr sprechen kann, nicht ab. Er verständigt sich über einen Sprachcomputer und ist stets mit einem Stab von Leuten unterwegs. Eine seiner Pflegerinnen heiratete er 1995, diese zweite Ehe hielt elf Jahre.
An ALS erkrankte Hawking als Physikstudent – ein Wendepunkt: „Plötzlich begriff ich, dass es eine Reihe wertvoller Dinge gab, die ich tun könnte, wenn mir ein Aufschub gewährt würde.“ Er brachte es weit: 1979 wurde er Professor für Mathematik in Cambridge, über 30 Jahre hatte er den Lucasischen Lehrstuhl inne. Hawking begeistert Experten und Laien mit Theorien zum Ursprung des Kosmos und zu Schwarzen Löchern. „Ich möchte das Universum ganz und gar verstehen“, sagt er. „Ich möchte wissen, warum es so ist, wie es ist, und warum es existiert.“
Er zeigte: Schwarze Löcher sind keine Endstationen
Schwarze Löcher sind keine Endstationen. Zwar saugen sie alles ein, was ihnen zu nahe kommt, lassen nicht einmal das Licht entkommen. Hawking konnte aber zeigen, dass Schwarze Löcher langsam verdampfen – eine Folge der Quantenphysik. Das Verdampfen dauert extrem lange. Die Hawking-Strahlung, die dabei entsteht, ließ sich bisher nicht nachweisen.
Bereits als Doktorand hatte Hawking zusammen mit Roger Penrose einen mathematischen Beleg für die Urknalltheorie geliefert. Diese Idee war umstritten, unter anderem weil in ihr die Naturgesetze nicht mehr gelten und ein Schöpfungsakt notwendig schien. Hawking beschäftigte sich mit Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie und zeigte, dass sie einen Anfang des Universums voraussagte – „ein Ergebnis, das die Kirche interessiert zur Kenntnis nahm“, schrieb Hawking in seiner Autobiografie „Meine kurze Geschichte“. Später betonte er, dass der Anfang des Universums nicht zwangsläufig in einer Singularität gelegen haben muss.
Stephen Hawking tritt auch als Mahner auf
Machten ihn nur seine Theorien berühmt? Hawking argwöhnte im Gespräch mit der BBC, dass noch etwas anderes dahintersteckt: „Ich bin der Archetypus eines behinderten Genies. Die Menschen sind fasziniert von dem Gegensatz zwischen meinen extrem eingeschränkten körperlichen Fähigkeiten und den gewaltigen Ausmaßen des Universums, mit dem ich mich beschäftige.“
Hawking schreckt nicht davor zurück, zu populären Themen wie Zeitreisen und Außerirdischen Stellung zu nehmen. Zudem tritt er als Mahner auf: Intelligente Roboter, Klimawandel, Atomkrieg und manipulierte Viren könnten die Erde gefährden, warnt er. Die Menschheit müsse sich Ausweichmöglichkeiten im All schaffen für den Fall einer Katastrophe. Gemeinsam mit dem russischen Milliardär Juri Milner plant er, unzählige etwa briefmarkengroße Raumschiffe auf eine 20-jährige Erkundungsreise zum Sternensystem Alpha Centauri zu schicken. „Früher oder später müssen wir zu den Sternen schauen“, sagt er. (dpa)
Silvia Kusidlo