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Einsichtig. Robert De Niro hat selbst einen autistischen Sohn, daher sein Interesse für "Vaxxed". Nach scharfen Protesten hat er sich die Fakten genauer angeschaut - und den Film aus dem Festivalprogramm gestrichen.
© dpa

Robert De Niro und der Film "Vaxxed": Ein bitterer Nachgeschmack bleibt

Es verdient Respekt, dass Robert De Niro den Film des Fälschers und Impfgegners Andrew Wakefield aus dem Programm des Tribeca Film Festivals gestrichen hat. Doch schon die Debatte hilft der Selbstinszenierung des Quacksalbers. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Jana Schlütter

Robert De Niro gibt nicht gerne Interviews. Schon gar nicht über sein Privatleben. Umso aufmerksamer nahmen es die Medien zur Kenntnis, als er vor drei Jahren in einer TV-Show über seinen autistischen Sohn sprach – mit Tränen in den Augen. „Manchmal erdrückt es dich“, sagte er. „Es kann albtraumartig und verstörend sein. Dir bleibt keine andere Wahl, als dich damit abzufinden.“

Heute ist Elliot 18 Jahre alt. Die Krankheit, diese „zutiefst persönliche“ Erfahrung als Elternteil hat den Mitgründer des Tribeca Film Festivals erstmals dazu gebracht, sich in die Programmplanung einzumischen. Er wollte, dass am 24. April die Dokumentation „Vaxxed“ von Andrew Wakefield über den angeblichen Zusammenhang zwischen der Dreifach-Impfung gegen Masern, Mumps und Röteln und einem erhöhten Autismusrisiko gezeigt wird. Er wollte eine „Konversation ermöglichen“.

Das klingt vernünftig, ist jedoch unverantwortlich. Denn der 72-jährige Schauspieler und Filmemacher adelte damit das Machwerk eines längst entlarvten britischen Fälschers, dem 2010 die Approbation als Arzt entzogen wurde und der sich seitdem gekonnt als Whistleblower inszeniert: Der „medizinisch-industrielle Komplex“ habe sich gegen ihn verschworen. Wakefield ist eine Galionsfigur der Impfgegner, unbeirrt zitieren sie seine Studie aus dem Jahr 1998, die nicht nur widerlegt wurde, sondern bewusst manipulierte Daten enthält.

Wakefield stand erneut im Rampenlicht

Entsprechend scharf war die Kritik. Wissenschaftler, Journalisten und Doku-Filmer sorgten innerhalb von 24 Stunden für einen Shitstorm. De Niro verteidigte zuerst seine Entscheidung. Das Festival sei eine „Plattform, kein Richter“. Vor Kontroversen schrecke man nicht zurück. Aber es gehe nicht um eine Meinung, sagte unter anderem der Medizinjournalist Michael Specter vom „New Yorker“. Es sei vielmehr, „als würde Leni Riefenstahl einen Film über das Dritte Reich drehen“. Es sei schändlich, das ehrbare Festival dafür herzugeben. De Niro hörte zu, sah sich die Fakten der Forscher an, beriet sich mit seinen Kollegen – und strich den Film. Für diese Aufgeschlossenheit gebührt ihm Anerkennung.

Ein bitterer Nachgeschmack bleibt. Wakefield steht einmal mehr im Rampenlicht. De Niros Rückzug sei ein Beweis, „wie wirtschaftliche Interessen die freie Rede, die Kunst und die Wahrheit zensieren“, verkündet er. Dabei verbreitet Wakefield eine Paranoia, die nur ihm selbst nützt – nicht aber den autistischen Kindern und ihren Eltern.

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