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Dromedare
© Tierärztliche Hochschule Hannover

Impfstoff gegen Mers: Dromedare impfen, um Menschen zu schützen

Vor allem Jungtiere verbreiten das Mers-Virus in Saudi-Arabien. Ein Impfstoff lindert die Infektion – und die Ansteckungsgefahr.

Wenn Dromedare ein gefährliches Virus übertragen, konfrontiert das Forscher mit ungewohnten Problemen. Die Tiere sind teuer. Sie sind groß und lassen sich nicht einfach so in einem Labor der Schutzstufe drei halten. Und sie mögen es ganz und gar nicht, wenn ihnen jemand an die Nase will.

Zwei Teams um Jamal Sabir von der König-Abdulaziz-Universität in Dschidda und um Bart Haagmans vom Erasmus Medical Center in Rotterdam ließen sich davon nicht beirren. Wie sie im Fachblatt „Science“ berichten, konnten sie zum einen nachweisen, dass ein experimenteller Impfstoff bei Dromedaren die Infektion lindert. Zum anderen dokumentierten sie, wie verbreitet das Mers-Virus unter den Tieren in Saudi-Arabien ist.

Mers ist nicht mehr als ein Schnupfen für Dromedare. Beim Menschen jedoch kann sich das Virus tief in den Lungen festsetzen und dort die Lungenbläschen derart schädigen, dass die Patienten kaum noch Luft bekommen. Seit 2012 haben sich 1621 Menschen mit Mers angesteckt, zählt die Weltgesundheitsorganisation WHO. 584 Patienten starben daran. Von Saudi-Arabien aus, wo Krankenhausausbrüche und der Kontakt mit Kamelen die Epidemie bestimmen, trugen Reisende das Virus in 26 Länder, auch nach Deutschland und Südkorea. Sollte Mers sich immer besser an den Menschen anpassen, könnte es eine Pandemie verursachen, warnen Experten. Zumal es vermutlich über Husten und Niesen übertragen wird.

Bei jedem dritten jungen Dromedar war Mers nachweisbar

Um die Gefahr besser einschätzen zu können, machte das Team um Sabir zwischen Mai 2014 und April 2015 bei 1309 Dromedaren in Dschidda, Taif und Riad unter anderem Nasenabstriche. Bei zwölf Prozent aller Tiere fanden sie Mers, im Winter bei 23 Prozent. Am stärksten betroffen waren junge Dromedare unter einem Jahr, die auf den Märkten gehandelt wurden: Von ihnen war mehr als jedes dritte Tier infiziert, vielen lief die Nase. Das Erbgut von den 93 so isolierten Mers-Viren zeigte, dass es inzwischen fünf verschiedene Virengruppen gibt. Sie entwickeln sich ständig weiter. Das Virus, das im Frühsommer den Ausbruch in Südkorea auslöste, ähnelte am ehesten einem, das die Forscher im März 2015 bei einem Dromedar in Riad gefunden hatten.

Um diese Ansteckungsquelle auszutrocknen, entwickelt ein Team um Gerd Sutter von der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) einen Impfstoff für Dromedare. Die Forscher haben das Impfvirus MVA so verändert, dass es dem Immunsystem nun Oberflächeneiweiße von Mers zeigt. Zunächst testeten sie an Mäusen, ob der Körper daraufhin Antikörper entwickelt. Ob diese Antikörper schützen, konnten sie jedoch nicht an den Nagetieren nachweisen – sie erkranken nicht an Mers. Daher schifften Haagmans und seine Kollegen acht junge Dromedare von den Kanarischen Inseln in ein Labor in Barcelona. Vier davon sprühten sie den Impfstoff MVA-Mers-S in die Nase und spritzen ihn zusätzlich in die Halsmuskulatur. Das sei nicht einfach gewesen, erinnert sich Haagmans. Trotzdem mussten die Forscher die Prozedur nach vier Wochen wiederholen.

Die Tests für den humanen Impfstoff sollen bald beginnen

Nach abermals drei Wochen versuchten sie, alle acht Dromedare mit Mers zu infizieren. Das Ergebnis war ermutigend: Während den ungeimpften Tieren meist die Nase lief, ging es den geimpften Tieren nach wie vor sehr gut. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass die Impfung die Anzahl ansteckender Mers-Erreger in der Nasenschleimhaut von Kamelen deutlich reduziert“, sagt Albert Osterhaus von der Tierärztlichen Hochschule Hannover.

MVA-Mers-S gelte auch als Impfstoffkandidat für den Menschen – etwa für Krankenhauspersonal oder Tierpfleger, teilte die LMU mit. MVA habe sich als Impfvirus seit Jahrzehnten bewährt, eine Phase-1-Studie könne bald beginnen.

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