Der Kampf gegen die Ebola-Epidemie: Die Welt in Isolation
In Westafrika ist die Ebola-Epidemie außer Kontrolle. Auch im Rest der Welt steigt die Angst vor Ansteckung. Was wird getan, um die Krankheit einzudämmen?
Mediziner, Pflegepersonal und Hilfskräfte sind überfordert. Liberias Präsidentin Ellen Johnson Sirleaf warnte, die Epidemie in ihrem Land nähere sich einer „Katastrophe“. Das Land hat alle Schulen sowie die Märkte im Grenzgebiet zu Sierra Leone und Guinea geschlossen. Sierra Leone hat den nationalen Notstand ausgerufen. Im Osten sollen zahlreiche Gebiete unter Quarantäne gestellt werden.
Die Hilfsorganisation „Ärzte ohne Grenzen“ erklärte am Donnerstag, die Epidemie sei außer Kontrolle. Es mangele an qualifiziertem Personal. Außerdem nehmen in den drei Krisenländern Plünderungen und Gewalttaten zu. Hilfsorganisationen beginnen, ihr Personal abzuziehen. So berichtet die US-Organisation „Samaritan’s Purse“, bis zum Wochenende jene Mitarbeiter evakuieren zu wollen, die nicht unbedingt erforderlich seien. Die medizinischen Fachkräfte würden jedoch weiterhin Patienten betreuen.
Welche Vorkehrungen werden in anderen Ländern getroffen?
Liberia, das unmittelbar betroffen ist, hat die meisten Grenzstationen geschlossen. Nachdem in der vergangenen Woche ein Fluggast nach mehreren Zwischenstopps nach seiner Landung in der nigerianischen Metropole Lagos zusammengebrochen war, lässt das Land ankommende Passagiere auf mögliche Infektionen kontrollieren. Bei Verdachtsfällen, die etwa durch Fieber oder Kopfschmerz auffallen, werden die Reisenden zur weiteren Untersuchung in gesonderte Räume gebracht.
Kenia, Äthiopien und Tansania im Osten des Kontinents haben nun ebenfalls Kontrollen an den internationalen Flughäfen angekündigt. So soll das Einschleppen des Virus verhindert werden.
Zudem weisen Fluggesellschaften ihr Personal an, verstärkt auf mögliche Erkrankungen der Passagiere zu achten und Verdachtsfälle zu melden, berichtet die „New York Post“. An 20 US-Flughäfen seien „Quarantäne Offiziere“ im Einsatz, um mögliche Patienten zu erkennen.
Wie groß ist die Gefahr, dass die Krankheit nach Europa kommt?
Das kann keiner zuverlässig sagen. Allerdings hat das Virus noch nirgendwo so lang und so stark gewütet wie derzeit in Westafrika. Daher herrscht große Besorgnis, dass die Krankheit auch andere Kontinente erreicht, zumal sie für alle Infizierten lebensbedrohlich ist. „Mit der Zunahme der Infektionen und deren Ausbreitung in den Städten und in der Mittelschicht steigt auch das Risiko, dass das Virus von Erkrankten oder von Infizierten, die noch nicht erkrankt sind, in andere Regionen gebracht wird“, sagt Matthias Borchert, Arzt und Epidemiologe am Institut für Tropenmedizin und Internationale Gesundheit der Charité. Deshalb sei es besonders wichtig, bei Flugreisenden aus den betroffenen afrikanischen Ländern auf Fieber unklarer Ursache zu achten.
„Ebola ist zwar für Infizierte hochgefährlich, andererseits aber nicht so ansteckend wie etwa Masernviren“, sagt Norbert Suttorp, Direktor des Instituts für Infektiologie der Charité. Da es hierzulande weder Wirtstiere des Erregers gibt noch „Buschfleisch“ gegessen wird, sei die Ansteckungsgefahr gering. Enge Bezugspersonen von Infizierten und das Personal in Kliniken sind am meisten gefährdet. „Man kann sich schützen“, sagt Suttorp. „Die größte Gefahr besteht in der Nachlässigkeit.“
Wie reagiert Europa auf die Ansteckungsgefahren?
Das Auswärtige Amt hat seine Warnung verschärft und rät von nicht nötigen Reisen in die drei von Ebola betroffenen Länder ab. Die medizinische Versorgung sei durch die „ohnehin defizitäre medizinische Versorgung noch weiter eingeschränkt“, heißt es auf der Webseite der Behörde. Evakuierungen von Erkrankten zur Versorgung beispielsweise in Deutschland können erschwert, verzögert oder sogar unmöglich sein.
Wie bereiten sich die europäischen Flughäfen vor?
Die meisten Flüge aus der Region nach Europa gehen über die Flughäfen in Frankreich. An den Pariser Flughäfen sind aber bisher keine besonderen Vorkehrungen getroffen worden, wie ein Sprecher der Flughafengesellschaft ADP mitteilte. Sollte ein Passagier aber verdächtige Symptome aufweisen, würde er beim Verlassen des Flugzeugs sofort in Obhut genommen.
An deutschen Flughäfen finden keine gezielten Kontrollen statt. „Von Frankfurt aus gibt es keine Flüge in die betroffenen Länder“, sagt der Flughafensprecher Christopher Holschier. Das bedeute aber nicht, dass es überhaupt kein Risiko gebe. An den Vorschriften, die verhindern sollen, dass Infektionskrankheiten eingeschleppt werden, habe sich bisher nichts geändert. Demnach werden etwaige Verdachtsfälle vom Piloten gemeldet, die Maschine kommt auf einen gesonderten Stellplatz auf dem Flughafengelände und erreicht gar nicht das Terminal. Dann werden die Passagiere von einem Arzt nach einem Ampelsystem eingeteilt. Rot bedeutet Verdacht – diese Personen werden in eine spezielle Klinik gebracht. Kontaktpersonen (gelb) kommen auf dem Flughafen in ein Isolierzimmer und warten dort die Diagnose aus der Klinik ab. Sollte sich etwa der Ebolaverdacht bestätigen, werden auch sie in die Klinik gebracht, ansonsten können sie gehen. Wer keinen Kontakt mit dem potenziellen Patienten hatte (grün), darf nach einer ärztlichen Beratung ebenfalls gehen.
Eine ähnliche Prozedur gibt es auch bei den Berliner Flughäfen: Meldet der Pilot einen Verdachtsfall, wird die Maschine auf dem Vorfeld abgestellt. Über das weitere Vorgehen entscheidet der Amtsarzt. Allerdings gibt es in Tegel und in Schönefeld keine Sanitätsstation. Die Patienten kämen dann umgehend in ein Krankenhaus oder die Maschine fliegt weiter zu einem entsprechend ausgestatteten Airport.
Was unternimmt die WHO?
Da sich die Lage immer weiter verschärft hat sie Weltgesundheitsorganisation WHO am Donnerstagabend ein 100-Millionen-Dollar-Programm für den Kampf gegen Ebola angekündigt. Es seien mehrere hundert zusätzliche Fachkräfte nötig. Besonders Ärzte, Krankenschwestern, Seuchenexperten und Logistiker seien erforderlich, teilt die WHO mit. Indem die Ausbrüche genauer analysiert werden, will man verhindern, dass sich das Virus weiter ausbreitet. Insbesondere soll ein Übergreifen auf Nachbarländer unterbunden werden, indem dort Verdachtsfälle rasch erkannt und isoliert werden sollen. Außerdem sollen durch das Hilfsprogramm die Grenzkontrollen in der Region verschärft werden. Um über konkrete Schritte im Kampf gegen Ebola zu sprechen, trafen sich am Freitagnachmittag die Präsidenten der westafrikanischen Staaten sowie WHO-Vertreter in der Hauptstadt Guineas, Conakry.