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Grundschüler arbeiten mit Tablets.
© dpa/Armin Weigel

IT-Ausstattung der Schulen: Die Fünf-Milliarden-Euro-Frage

Scheitert der Digitalpakt für die Schulen? Verbände und Schulen appellieren an die Länder, einzulenken. Derweil lähmt fehlende Vernetzung den Unterricht.

Eigentlich sollten die Schulen vom 1. Januar an Mittel aus dem Digitalpakt von Bund und Ländern bekommen. Doch danach sieht es nicht mehr aus. Die Länder lehnten die vom Bundestag beschlossene Grundgesetzänderung bei der Ministerpräsidentenkonferenz am Mittwoch geschlossen ab.

Die Bildungsverbände appellierten an Bund und Länder, schnell Planungssicherheit für die Schulen zu schaffen: „Wir haben kein Verständnis dafür, dass Kanzlerin Merkel auf dem Digitalgipfel visionäre Reden hält, aber sich in die unsäglichen Debatte der Gegner der Abschaffung des Kooperationsverbotes als Voraussetzung für die Umsetzung des Digitalpakts nicht einschaltet“, erklärte Udo Beckmann, der Bundesvorsitzende des Verbands Bildung und Erziehung (VBE): „Digitalisierung an Schulen muss zur Chefsache werden!“

Inhaltlich steht der Digitalpakt

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) appellierte an die Länderchefs, den Pakt nicht zu blockieren. Außerdem plädierte sie dafür, das Kooperationsverbot komplett aus dem Grundgesetz zu streichen: „Länder und Kommunen benötigen dringend die dauerhafte finanzielle Unterstützung des Bundes, um marode Schulen zu sanieren, deren digitale Ausstattung zu ermöglichen und um in das Personal zu investieren“, erklärte die GEW-Vorsitzende Marlis Tepe.

Auch der Deutsche Philologenverband fordert eine schnelle Einigung: „Die 40.000 Schulen in Deutschland brauchen den Schub nach vorne und endlich Planungssicherheit für eine zeitgemäße digitale Ausstattung mit Breitbandversorgung“, erklärte die Bundesvorsitzende Susanne Lin-Klitzing. Allerdings sei der Digitalpakt auch ohne eine Änderung des Grundgesetzes möglich.

Inhaltlich hatten sich Bund und Länder im November geeinigt. Doch Baden-Württembergs Bildungsministerin Susanne Eisenmann (CDU) hat für den Südwesten und für die unionsgeführten Länder erklärt, die Vereinbarung werde erst unterzeichnet, wenn Klarheit über die Grundgesetzänderung bestehe (siehe Artikel unten). Der Vorsitzende der Kultusministerkonferenz (KMK), Thüringens Bildungsminister Helmut Holter (Linke), will bei der KMK-Sitzung am Donnerstag gleichwohl für eine grundsätzliche Zustimmung aller Länder zum Digitalpakt werben.

Geld für Laptops können nur gut vernetzte Schulen beantragen

Was bringt der Digitalpakt, wenn er zustande kommt? „Digitalisierung der Schulen“ bedeutet den bisherigen Vereinbarungen zufolge vor allem, die Vernetzung innerhalb der Schulhäuser voranzubringen. Dazu gehören etwa eine WLAN-Ausstattung, die in alle Räume reicht, Schulserver und neue Lernplattformen. Dass mit den von 2019 bis 2023 zur Verfügung stehenden Milliarden Euro grundsätzlich keine digitalen Endgeräte für die Schüler finanziert werden, galt lange als ausgemacht.

Ermöglicht wird dies jetzt doch für Schulen, die bereits über eine moderne IT-Infrastruktur verfügen. Auch sie sollen beim Digitalpakt nicht leer ausgehen und können den neueren Planungen zufolge die Förderung von Laptops, Notebooks und Tablets beantragen. Vorgesehen sind dafür maximal 25 000 Euro pro Schule beziehungsweise 20 Prozent des Gesamtinvestitionsvolumens für alle Schulen eines Schulträgers.

Von den fünf Milliarden Euro für den Digitalpakt soll der Bund 90 Prozent bereitstellen, die Länder den Rest. Berlin würde nach dem Königsteiner Schlüssel gut 257 Millionen Euro erhalten.

Die Anbindung von Schulen an das Breitbandnetz, die zunächst auch vom Digitalpakt geleistet werden sollte, wollen Bund und Länder inzwischen aus Programmen des Bundesverkehrsministeriums finanzieren. Diese Programme müssen aber erweitert werden, um Schulen in allen Regionen förderfähig zu machen.

Weit zurück bei der IT-Ausstattung

Fest steht jedenfalls, dass in Deutschland der Stand der Digitalisierung in Schulen höchst unbefriedigend ist. Elf Schüler teilen sich im Schnitt einen Computer und nur 6,5 Prozent der Schulen können ihnen Tablets stellen – diese Erkenntnisse aus der internationalen ICILS-Studie zur Computer-Kompetenz von Achtklässlern bestimmen seit 2014 die Diskussion. Neue bundesweite Erhebungen dazu gibt es noch nicht, die KMK führt keine Statistiken zur IT-Ausstattung.

Aus anderen Studien ist aber bekannt, dass es große Unterschiede zwischen den Bundesländern gibt. Demnach sind Bremen, Hamburg und Rheinland- Pfalz bei der IT-Infrastruktur in der Spitzengruppe, Berlin im Mittelfeld. Zu den führenden Ländern gehört Berlin – gemeinsam etwa mit Bayern und Baden-Württemberg – wenn es um den Einsatz digitaler Medien in der Schule geht. Doch Birgit Eickelmann, Professorin für Schulpädagogik an der Uni Paderborn und Leiterin der ICILS-Studie, hat darauf hingewiesen, dass der quantitative Einsatz nichts über die Qualität des digitalen Unterrichts aussagt.

Wie sehr die Schulen auf den Start des Digitalpakts warten, zeigte zuletzt eine GEW-Mitgliederbefragung: 82 Prozent der Lehrkräfte forderten eine Verbesserung der digitalen Ausstattung. Am wichtigsten ist ihnen die technische Wartung der Geräte und die Bereitstellung von Endgeräten für Lehrer und Schüler – beides Wünsche, die der Digitalpakt eben nur an besonders gut ausgestatteten Schulen erfüllen soll. Investitionen des Bundes auch in Köpfe, etwa in die von Digitalwarten, sollen zwar über die angestrebte Grundgesetzänderung möglich werden. Doch ob und in welcher Form sie durchkommt, ist offen.

1,5 Lehrerstunden für IT-Beratung und -Wartung

„Wir sind erschüttert, wenn der Digitalpakt scheitert“, beschreibt am Mittwoch Konrektorin Annette Harney die Stimmung an der Heinz-Brandt-Sekundarschule in Berlin-Weißensee. Veraltete Hardware und knappes Personal prägen die Ausgangslage: Für IT-Beratung und IT-Wartung stünden der Schule „nur 1,5 Lehrerstunden zu“, sagt Harney – eine schlechte Ausgangslage. Weitere Probleme benennt Ralf Treptow vom Pankower Rosa-Luxemburg-Gymnasium: In einem Teil der Schule fehlt die Vernetzung, im anderen gibt es kein stabiles WLAN für die 1120 Schüler.

Treptow, der auch den Verband der Oberstudiendirektoren führt, wünscht sich dringend einen stärkeren Einfluss des Bundes auf die Bildungspolitik und hofft auf eine Einigung beim Digitalpakt – „auch wenn Berlin in der nächsten Zeit keine Baufachleute hätte, die das Geld verbauen könnten“.

Berlins Schulsenatorin Sandra Scheeres (SPD) betonte am Mittwoch, Berlin habe „großes Interesse am Digitalpakt“. Die Länder sollten den Schulterschluss suchen, um gemeinsam mit dem Bund zu Lösungen in der Frage der Grundgesetzänderung zu finden.

Amory Burchard, Anja Kühne, Susanne Vieth-Entus

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