Israel in der Omikron-Welle: Die fatalen Auswirkungen einer frühen Booster-Kampagne
In Israel sind fast 90 Prozent der über 60-Jährigen zweifach geimpft, doch erreichte die Zahl der Corona-Toten zuletzt einen Höchststand. Was steckt dahinter?
Neue Höchststände an Schwerkranken und Toten trotz einer vierten Impfkampagne: Die Omikron-Welle des Coronavirus traf Israel zu Beginn dieses Jahres besonders hart.
In den vergangenen vier Wochen, vom 17. Januar bis 14. Februar, sind in Israel 1217 Menschen an oder in Verbindung mit dem Coronavirus gestorben. In diesem Zeitraum übertraf Israel auch den täglichen Höchststand aus dem vergangenen Winter – 121 waren es am 4. Februar 2021.
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Rund die Hälfte der insgesamt 1217 Toten in vier Wochen war bereits vollständig geimpft, lediglich 67 Menschen von ihnen waren unter 60 Jahre alt. Das geht aus Daten des israelischen Gesundheitsministeriums hervor.
Wer allerdings denkt, dass der hohe Anteil an geimpften Toten dafür spricht, dass die Impfungen nicht wirken, liegt falsch: Setzt man die Zahl der Toten ins Verhältnis der absoluten Zahl an Menschen, gibt es deutlich mehr ungeimpfte Tote als geimpfte unter 60 Jahren. Am 8. Februar beispielsweise lag das Verhältnis der ungeimpften zu den geimpften Toten bei 25 zu 1 pro 100.000 Einwohner.
8 Prozent der Israelis haben zweiten Booster bekommen
Die Inzidenz der Todesfälle – also die Fälle pro 100.000 Einwohner – unter Ungeimpften liegt seit Beginn der Pandemie konstant über der der Geimpften. Dass das auch während der Omikron-Welle so blieb, liegt daran, dass fast 90 Prozent der Menschen über 60 Jahre mittlerweile zweifach geimpft sind.
[Lesen Sie auch: Drei Anträge liegen vor: Kommt die Impfpflicht noch vor der nächsten Welle? (T+)]
In Israel hat sogar bereits die vierte Impfkampagne begonnen, rund acht Prozent der Menschen haben ihren zweiten Booster erhalten. Denn, das zeigen israelische Daten, eine vierte Impfung soll sehr effektiv sein. Der Schutz vor einer schweren Erkrankung steige bei Menschen über 60 Jahren um das vierfache, heißt es in einer aktuellen Studie.
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Und doch gibt es Gründe, warum der nachlassende Impfschutz neben den gefallenen Corona-Maßnahmen eine Rolle bei den hohen Totenzahlen spielen könnte. Gerade auch vor dem Hintergrund, dass die Anzahl der Toten in Israel im Verhältnis zur Bevölkerungszahl zuletzt täglich fast dreimal so hoch war wie in Deutschland.
Während Israel, wie beschrieben, in den vergangenen vier Wochen mehr als 1200 Corona-Tote zählte, waren es in Deutschland in den vier Wochen zwischen Anfang Januar und Anfang Februar 3241. Zu 366 von ihnen lagen wie in Israel klinische Informationen vor. Das geht aus dem aktuellen Wochenbericht des Robert Koch-Instituts (RKI) hervor.
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Allerdings war eben nicht die Mehrheit in Deutschland in diesen vier Wochen wie in Israel geimpft, sondern 63 Prozent von ihnen ungeimpft. Dabei waren ähnlich viele Menschen von ihnen, rund 90 Prozent, älter als 60 Jahre.
Klar ist: Israel hat seinen Impfvorsprung teilweise verspielt. Im Vergleich zu Deutschland sind dort weniger Menschen ein zweites und drittes Mal geimpft.
- In Israel sind rund zwei Drittel der Bevölkerung zweimal geimpft worden, in Deutschland sind es drei Viertel.
- In Israel ist rund die Hälfte der Bevölkerung dreimal geimpft worden, in Deutschland rund 55 Prozent.
Es sind auf den ersten Blick recht kleine Impflücken zwischen Israel und Deutschland. Zudem ist die Bevölkerung in Israel deutlich jünger als die deutsche. Doch, da die Impfkampagne in Israel jeweils sehr viel früher als im Rest der Welt begann, liegen die Impfungen bei den Menschen auch schneller zu lange zurück, um noch ausreichend zu schützen. So wird die Impflücke auf den zweiten Blick groß.
Studien zeigen, dass vom Schutz der Corona-Impfstoffe rund ein halbes Jahres nach der Injektion meist nicht mehr viel übrig ist. In Deutschland begann die Booster-Kampagne im August, nahm aber erst im Herbst richtig Fahrt auf.
Ende November erst waren zehn Prozent der Deutschen ein drittes Mal geimpft. Es dauert also bis Mai, ehe eine vierte Impfung für einen großen Teil der Bevölkerung nötig würde, wenn sie nicht auf anderem Wege geschützt werden kann.
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In Israel hingegen begann die Booster-Kampagne bereits im Juli. Einen Monat später schon waren zehn Prozent der Israelis dreimal geimpft. Ende November waren es bereits mehr als 40 Prozent. Nun, im Februar, lässt beim ersten Teil der Bevölkerung der Impfschutz nach. Eine vierte Impfung ist aber noch nicht für jeden von ihnen in Sicht.
Was Israel nun zum Verhängnis wurde: Winterwellen, das haben mittlerweile zwei gezeigt, fallen deutlich heftiger aus als solche im Frühjahr oder Herbst. Die vierte Impfung konnte die nun auftretende Impflücke der zweiten und dritten Kampagne nicht komplett kaschieren. In dem Fall war es aus deutscher Sicht sogar förderlich, dass die Booster-Kampagne später anlief und das geschützte Halbjahr in den Wintermonaten lag.
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