Für die FU hat das Folgen: Die Aufarbeitung des Fall Giffeys beginnt erst
Der Fall Giffey muss auch für die Freie Universität Konsequenzen haben. Das Handeln der Uni wird lange in Erinnerung bleiben, meint unser Kolumnist.
Wer geglaubt hat, mit der Aberkennung des Doktorgrades durch die Universität sei die Sache nun erledigt, hat sich geirrt: Die Aufarbeitung des Falls Franziska Giffey beginnt erst.
Die Partei der Kandidatin für das Amt der Regierenden Bürgermeisterin hat entschieden, dass die Wähler darüber befinden mögen, ob Betrug beim Erwerb eines akademischen Titels ein hohes politisches Amt ausschließt. Auch so kann man sich der Verantwortung entledigen.
Hätte statt der Universität ein ordentliches Gericht den Betrug beurteilt und daran Konsequenzen geknüpft, wäre eine Feststellung über die fehlende Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter denkbar.
Die vom Dr.-Titel befreite Kandidatin bekräftigt, sie habe nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt. Das ist gar nicht so abwegig. Sie verfügt über kein Universitätsexamen, sondern ist Absolventin einer Fachhochschule. Das Ausbildungsziel dort ist die Vorbereitung auf Berufe, nicht auf eine wissenschaftliche Karriere, an deren Anfang die Promotion steht. Ihr waren möglicherweise, weil sie Betrieb und Arbeitsweise der Universität nicht kannte, manche Regeln nicht geläufig.
Die große Verantwortung der Doktormutter
Umso größer ist die Verantwortung der Doktormutter in einem solchen Fall. Deshalb ist es unverständlich, wie der Präsident der Freien Universität in einem sehr frühen Stadium des Verfahrens erklären konnte, die Doktorandin sei Täterin, die Doktormutter Opfer. Das suggeriert eine passive Rolle derjenigen, die Dissertationsthemen vergeben. Die Betreuerin ist eher Mittäterin. Selbst auf der falschen Einordnung als Opfer bleibt ungeklärt, wie die FU es zulassen konnte, dass sie, in der Sache befangen, Einfluss auf die Zusammensetzung der Kommission nehmen konnte, die wegen der Plagiate lediglich eine Rüge aussprach.
Wenn die Universität nunmehr die Rücknahme des Titels erklärt, bleibt der gescholtenen Kandidatin ein lebenslanger Makel. Die Doktormutter kann fleißig weiter machen. Wo bleibt da ein internes Kontrollsystem, das für die Zukunft solche Fälle vermeiden hilft?
Universitäten nehmen für sich das Selbstverwaltungsrecht in Anspruch. Dazu gehören aber auch Sanktionen bei Verstößen. Zwar verfügen Universitäten über keine eigene Gerichtsbarkeit mehr. Maßnahmen zur Erhaltung ihres Status und ihrer Glaubwürdigkeit aber können sie dennoch treffen. Man kann es der Leitung durchaus abnehmen, dass sie Vorsorge treffen wird, damit sich ähnliche Dinge nicht wieder ereignen können.
Neid und Missgunst sind in Hochschulen nicht unbekannt
Ein anderes Verhalten wäre verräterisch; die Hoffnung, die Sache werde in Vergessenheit geraten, wohl zu optimistisch. Neid und Missgunst sind in Hochschulen nicht unbekannt. Hat es schon manche gewundert, wie die FU bei der Tolerierung des Gebarens einiger ihrer Mitglieder in den 1960/70er Jahren den Exzellenzstatus erwerben konnte, so wird ihr auch die „Causa Giffey“ erhalten bleiben.
Spätestens in der nächsten Runde, wenn die Spitzen-Universitäten ausgekungelt werden, wird man sich des Themas und seiner Nichtbewältigung erinnern und es zum Gegenstand der Bewertung der Institution machen – womöglich schon von Seiten der TU, der HU und der Charité im Exzellenz-Verbund der Berlin University Alliance.
Der Autor hingegen erklärt hiermit – nach bestem Wissen und Gewissen – sich in der Sache Giffey an dieser Stelle nicht mehr zu äußern.
Wer trotzdem mit ihm diskutieren möchte, kann ihm eine E-Mail senden: george.turner@t-online.de