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Vor einem historischen Universitätsgebäude stehen junge Menschen, die Plakate mit Aufschriften wie "Resist" hochhalten.
© Frank Franklin/dpa

Reaktionen auf Donald Trumps Präsidentschaft: Deutsche Wissenschaft diskutiert über Headhunting in den USA

Sollten deutsche Forschungsinstitute und Unis jetzt aktiv auf US-Forscher zugehen, um sie abzuwerben? Sie tun es wohl, geben es aber nicht offen zu.

Jürgen Mlynek, der ehemalige Präsident der Helmholtz-Gemeinschaft, rät Forschungsorganisationen und Universitäten zum Headhunting in den USA. Es wäre angesichts der unsicheren Situation der scientific community durch die von US-Präsident Donald Trump verfügten Kürzungen und der Reisebeschränkungen „blöd“, sich nicht um exzellente Forscher zu bemühen, sagte Mlynek am Mittwoch bei der Vorstellung der Strategie der Bundesregierung zur Internationalisierung von Bildung und Forschung.

Offiziell gilt Headhunting in den USA als "schlechter Stil"

Deutschland sei dank der guten Ausstattung der Wissenschaftsorganisationen und durch die Exzellenzinitiative „so attraktiv wie nie zuvor“. „Da können wir jetzt noch aktiver Angebote machen“, sagte Mlynek, der als Sprecher des Hightech-Fachforums "Internationalisierung" an der Formulierung der Strategie beteiligt war. Tatsächlich ist aus der Bundespolitik zu hören, dass die Spitzen der Wissenschaft bereits entsprechende Signale in die USA aussenden. Offiziell signalisieren die Wissenschaftsorganisationen und -förderer aber diplomatische Zurückhaltung.

Eine Headhunting-Offensive wie sie jetzt die Rektorenkonferenz der Schweizer Universitäten angekündigt hat, gelte als „schlechter Stil“, ist zu hören. Andererseits hat der Unions-Fraktionsvize Michael Kretschmer (CDU) dezidiert ein solches Programm gefordert, um die "besten Köpfe" aus den USA und aus Großbritannien für die deutsche Wissenschaft zu gewinnen, wie unter anderem die "Dill-Post" am Mittwoch berichtete.

Auch Bundesforschungsministerin Johanna Wanka (CDU) sagt, sie halte die gezielte Abwerbung von US-Wissenschaftlern für „kontraproduktiv“. Allerdings sei international ohnehin bekannt, dass „die Tore weit offen stehen“. Die hochdotierte Alexander-von-Humboldt-Professur für internationale Gastwissenschaftler, die für einen längeren Aufenthalt gewonnen werden sollen, werde bislang mangels exzellenter Bewerbungen nicht ausgeschöpft. Das könnte sich nun ändern.

Mehr Mobilität für Wissenschaftler, Studierende und Auszubildende

Von alledem findet sich nichts in der Internationalisierungsstrategie – abgesehen von der Selbstverpflichtung zu größtmöglicher „internationaler Aufgeschlossenheit und Kooperation“. Für Studierende und Wissenschaftler, die nach Deutschland kommen oder ins Ausland gehen, will man Mobilitätsbarrieren abbauen. Ausländische Absolventen sollen leichter eine Arbeitserlaubnis in Deutschland bekommen. Ausbauen will man auch die Auslandsmobilität von Auszubildenden. Private Anbieter dualer Ausbildungsgänge sollen ihre Angebote exportieren. Um Fluchtursachen zu bekämpfen, werden Forschungs- und Bildungszentren in Subsahara-Afrika ausgebaut.

Kai Gehring, hochschulpolitischer Sprecher der Grünen im Bundestag, mahnt „bessere aufenthaltsrechtliche Möglichkeiten für Forschende aus Entwicklungs-, Schwellen- und Krisenländern“ an. Die Austausch- und Stipendienprogramme müssten gestärkt werden. Wanka hatte dazu auf Nachfrage angemerkt, dass die Aufnahme von Wissenschaftlern etwa aus den USA nicht an der Finanzierung der Aufnahmeprogramme scheitern werde.

Briten und Schweizer von Koordinierungsstellen ausgeschlossen

Wie sich nationale Abschottungsmaßnahmen aber schon jetzt auf den internationalen Wissenschaftsbetrieb auswirken, erklärte Jürgen Mlynek. Wegen des bevorstehenden Brexits Großbritanniens und des ab 2019 beschränkten Zuzugs von Ausländern in der Schweiz würden Vertreter beider Länder etwa beim Flagship-Vorhaben der Europäischen Kommission für die Entwicklung von Quantentechnologien nicht mehr in führende Koordinierungspositionen berufen. "Damit müssen die umgehen."

Wanka zeigte sich zudem besorgt in der Frage, wie es um das geistige Eigentum etwa an Rohdaten und um Patente von Wissenschaftlern bestellt sei, die solche Länder verlassen wollten oder müssten. Die Ministerin warnte allerdings davor, in den Wissenschaftsbeziehungen "rote Linien", an denen Kooperationen enden sollten, kategorisch zu ziehen. Wissenschaftliche Kontakte hätten vielmehr eine zentrale Funktion, um auch politische Kanäle offenzuhalten.

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