Internationalisierung der Hochschulen: Deutsche Unis zögern bei englischsprachigen Angeboten
Ein Plan für die Mehrsprachigkeit und mehr englischsprachige Studiengänge? Die deutschen Unis sind noch in der Planungsphase, zeigt eine HRK-Umfrage.
Internationalisierung steht seit Jahrzehnten auf der Agenda der Hochschulen in Deutschland. Wie weit sie dabei gekommen sind, wird etwa am Anteil von Studierenden und Forschenden aus dem Ausland gemessen und an der Quote der eigenen Erasmusstudierenden. Die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) hat nun ihre Mitglieder gefragt, wie es denn um die „Internationalisierung zu Hause“ steht, die der Wissenschaftsrat im Juli 2018 angemahnt hatte.
In einer Erhebung zur „Sprachenpolitik“ fragte die HRK Ende 2017 unter anderem nach fremdsprachigen Studiengängen und nach dem Sprachkursangebot. Von den 268 Mitgliedshochschulen beteiligten sich 139 an der jetzt veröffentlichten Umfrage.
Keine Aussage zur tatsächlichen Quote fremdsprachiger Studiengänge
Einen Überblick über die Lage bei den Studiengängen bietet die Publikation in den HRK-Beiträgen zur Hochschulpolitik 1/2019 nicht. Knapp 60 Prozent der beteiligten Hochschulen bieten fremd- oder mehrsprachige Bachelorstudiengänge an, 76 Prozent verfügten über entsprechende Masterstudiengänge, heißt es. Das sagt jedoch nichts über die tatsächliche Quote der fremd- beziehungsweise zumeist englischsprachigen Studiengänge aus.
Ein ganz anderes Bild zeigt eine Untersuchung zur Sprachenpolitik an den Hochschulen in den Niederlanden, die in der HRK-Broschüre zusammengefasst wird. Demnach werden im Nachbarland mehr als ein Viertel aller Bachelorprogramme und mehr als die Hälfte aller Masterprogramme auf Englisch angeboten. An den Unis studieren 21 Prozent der Bachelorstudierenden und 70 Prozent der Masterstudierenden auf Englisch, wobei 23 Prozent der Studierenden in Masterprogrammen aus dem Ausland kommen.
Vorbild Niederlande, aber die Politik steuert gegen
Allerdings will die 2017 gebildete Koalitionsregierung der Niederlande unter Ministerpräsident Mark Rutte den Siegeszug des Englischen eindämmen. Unis sollen ihre Wahl für eine Fremdsprache nun eigens begründen und in jeder Studienrichtung ein ausreichendes Angebot auf Niederländisch garantieren. Dies soll auch im Akkreditierungsverfahren eine Rolle spielen.
Die Sprachpolitik an den Hochschulen in Deutschland ist offenbar auch ohne politische Vorgaben von Skepsis geprägt. Die HRK hatte ihre Mitglieder 2011 in eigenen Empfehlungen zu verstärkter Mehrsprachigkeit aufgerufen, gleichzeitig sollte Deutsch als Wissenschaftssprache erhalten bleiben. Die geforderten sprachpolitischen Leitlinien und Programme zur Umsetzung haben bislang aber nur 27 Prozent der Fachhochschulen und 20 Prozent der Unis beschlossen – vor allem die großen Universitäten seien im Hintertreffen, heißt es.
Unterdessen geben 85 Prozent aller Institutionen an, sie würden bereits an der Entwicklung einer Sprachenpolitik arbeiten. Zu den Plänen der Hochschulen gehört, mehr Sprachkurse auch für Mitarbeitende in der Verwaltung und Lehrende anzubieten und englischsprachige Lehrangebote auszubauen. Auf der Wunschliste der beteiligten Hochschulleitungen und Sprachverantwortlichen steht, fremdsprachliches Engagement über die Ziel- und Leistungsvereinbarungen zu honorieren, um das Kollegium zu motivieren.
Ein Problem: mangelnde Sprachkenntnisse der Lehrenden
Zur Problematik englischsprachiger Studiengänge gehört es laut HRK, dass die sprachliche Qualität der Lehre nicht immer gewährleistet sei. Diese werde bislang auch kaum evaluiert. Das ist ein Ergebnis eines HRK-Workshops, der für die Broschüre ausgewertet wurde. Zum einen also müssten die Lehrenden mit Sprachtraining unterstützt werden, zum anderem sollten „englischsprachige Lehrangebote in die Qualitätsmanagementsysteme einbezogen werden“, heißt es.
Kritisiert wird auch, dass den Hochschulverwaltungen interkulturelle Kompetenzen fehlten. Neben Fortbildungen wird hier empfohlen, mehr internationale oder international erfahrene Verwaltungskräfte zu beschäftigen.
Der Wissenschaftsrat hatte von den Hochschulen „eine zu ihrem Profil passende Sprachenpolitik, die auch die Verwaltung einbezieht“ gefordert. HRK-Präsident Peter-André Alt weist darauf hin, „dass eine Förderung von Mehrsprachigkeit erhebliche personelle und infrastrukturelle Ressourcen erfordert“. Die Länder müssten die Hochschulen „angemessen und mit dauerhaft verfügbaren Mittel ausstatten“.