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Für fast immer und ewig. Deutschland sucht ein Endlager für hochradioaktive Abfälle. Bisher gibt es nur Deponien für schwach- bis mittelstark strahlenden Müll wie hier in Morsleben.
© picture alliance / dpa

Atomendlager: Der Staat soll den Atomausstieg übernehmen - und den Müll in tiefen Fels bringen

Der strahlende Abfall sollte rasch in der Tiefe verschwinden, aber zugänglich bleiben. Die Kosten für den gesamten Atomausstieg werden die Energieversorger allein kaum bewältigen können. Daher sollte der Staat ihn jetzt komplett übernehmen, bevor es zu spät ist. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Ralf Nestler

Ein Gedankenspiel: Die Baumeister des Römischen Reiches haben neben dem prächtigen Kolosseum, den raffinierten Wasserleitungen von fernen Bergen bis in die Städte und den unkaputtbaren Pflasterstraßen auch Kernkraftwerke gebaut. Die lieferten Wärme und Licht für Thermen und Häuser, bis die Bürger aufbegehrten und der Kaiser einen Atomausstieg verfügte. Die Kraftwerke wurden abgerissen, und der strahlende Müll kam in ein Endlager. Wäre es heute, 2000 Jahre und mehrere Naturkatastrophen und Kriege später, noch sicher?

2000 Castor-Behälter mit stark strahlendem Abfall

Die Frage mussten sich die Römer nicht stellen. Aber wir! In Deutschland, Frankreich, Großbritannien – insgesamt 31 Ländern, die Kernkraftwerke betreiben, deren Reste sicher verwahrt werden müssen. Und zwar nicht nur für zwei Jahrtausende, sondern hundert Mal länger.

Allein in Deutschland werden 2000 Castor-Behälter mit stark radioaktivem Abfall erwartet, wie aus dem aktuellen „Konzept zur Entsorgung des Atommülls“ hervorgeht. Für schwach- bis mittelradioaktive Abfälle wie Schutzanzüge von Kraftwerksmitarbeitern, Laborgeräte oder bestimmte Chemikalien gibt es Schacht Konrad, der ab 2022 als Müllschlucker dienen soll. Für stark strahlende Reste wie Kernbrennstäbe fehlt ein Endlager, weltweit.

Auch die Kirchen haben Vertreter in die Endlagerkommission geschickt

Hierzulande entwickelt derzeit eine Kommission Kriterien für die Endlagersuche. Die 33 Mitglieder kommen aus Wissenschaft, Wirtschaft, Politik sowie Umweltgruppen. Selbst Gewerkschaften und die beiden Kirchen sind vertreten, um ein nationales Abfallproblem zu lösen. Ende des Jahres sollen die wichtigsten Punkte formuliert sein, auf denen die weiteren Erkundungen aufbauen.

Es ist bekannt, dass bei diesem Thema nicht nur Geologen und Ingenieure gefragt sind. Für chemische Abfälle haben sie längst ein unterirdisches Endlager eingerichtet, von dem kaum einer spricht. Taucht aber das Wort „Atom“ auf, bekommen viele Deutsche ein mulmiges Gefühl, unabhängig davon, wie groß das individuelle Risiko tatsächlich ist. Schwer vorstellbar, dass sich die Bevölkerung in bestimmten Regionen für ein Endlager einsetzt, weil sie wirtschaftlichen Aufschwung erhofft, wie es in Schweden der Fall war.

Transmutation könnte Atommüll entschärfen

Aber die strahlenden Reste müssen nun mal weg, das sind wir unseren Enkeln und Urenkeln schuldig: nach unten in tiefe Gesteinsschichten, wo sie besser vor Naturgefahren, Krieg und Terrorangriffen geschützt sind als an der Oberfläche. Die Experten müssen klären, in welches Gestein – Salz, Ton oder Granit? Mit Steinsalz gibt es hier einige Erfahrungen. Theoretisch umschließt es die Abfallbehälter und macht das Endlager noch sicherer. Ob das praktisch gelingt, ist fraglich, wie das Pannenlager Asse zeigt. Auf der anderen Seite verhindert die Salzhülle, dass nachfolgende Generationen an die Castoren herankommen, um den Inhalt womöglich zu „entschärfen“. Das könnte mit der Transmutation gelingen. Dabei werden mittels Neutronenbeschuss radioaktive Elemente mit langer Halbwertszeit umgewandelt in solche, die in wesentlich kürzerer Zeit zerfallen.

Bislang steht die Technik noch am Anfang, Aufwand und Kosten sind so hoch, dass eine Abfallbehandlung absurd wäre. Doch bei radioaktiven Abfällen muss man in anderen Zeiträumen denken. Welche technischen Fortschritte sind in den vergangenen hundert Jahren gelungen? Die Transmutation auf ewig abzutun, wäre kurzsichtig. Auf sie zu warten, töricht. Deshalb müssen die Castoren im tiefen Fels verwahrt werden und doch zugänglich bleiben.

Am Ende werden die Steuerzahler einspringen müssen

Um das Jahr 2050 könnte das deutsche Endlager fertig sein. Die Kosten dafür sowie für den Abriss der Kernkraftwerke sollen die Energieversorger tragen. Dafür haben sie Rückstellungen in Höhe von 36 Milliarden Euro gebildet – Geld, das nicht sofort verfügbar ist, sondern in Wertpapieren oder Kraftwerken und Stromnetzen steckt. Fraglich ist, ob sie ihren Wert halten. Ebenso fraglich ist, ob die großen Stromkonzerne in ein paar Jahren überhaupt noch fähig sind, weiteres Geld in den Atomausstieg zu stecken. Denn das wird sicher nötig werden.

Am Ende werden die Steuerzahler einspringen. Es wäre nur fair, das bereits heute anzukündigen. Dann sollte die Regierung auch konsequent sein und den Atomausstieg komplett übernehmen. Und sich über die nächsten Jahre die Rückstellungen überweisen lassen. Bevor es zu spät ist.

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