Studienfinanzierung: Der Semesterbeitrag als Hürde
Finanzschwache Studierende brauchen Hilfe, meint der Verein Arbeiterkind.de. Doch weitere Spendenkampagnen soll es nicht geben.
Die Semestergebühren sind fällig – für viele Studierende eine Summe, die nicht auf die Schnelle aufzubringen ist. Eine Spendenkampagne von Arbeiterkind.de macht auf diese Problematik aufmerksam. Staatliche Hochschulen erheben in Deutschland keine Studiengebühren. Zweimal im Jahr, im Februar und im August, wird es trotzdem brenzlig für viele Studierende. Dann sind die Semesterbeiträge fällig, mit denen die Unis Verwaltungskosten, ÖPNV-Tickets und Sozialbeiträge decken. Dieser Betrag liegt je nach Bundesland und Hochschule bei 300 bis 400 Euro. In Berlin sind es an der FU aktuell 311,99 Euro, ähnlich an den anderen Berliner Hochschulen.
Auch Anna, eine Berliner Studentin der Sozialarbeit, stellte die diesjährige Zahlungsaufforderung vor ein großes Problem. Neben ihrem Studium geht sie jobben, weil ihre Eltern sie finanziell nicht unterstützen können, ihr aber trotzdem nur geringe Bafög-Leistungen zustehen. Dazu kommt die Pflege einer Angehörigen. Als das Bafög-Amt nach dem vierten Semester Leistungsnachweise forderte, musste Anna passen, sie lag in ihrem Bachelor-Programm zurück. Das Bafög wurde ihr gestrichen – und nun war auch noch die Rückmeldegebühr fällig. So schildert Arbeiterkind.de, eine bundesweite Initiative zur Unterstützung von Erstakademikern, Annas Geschichte – und startete eine Spendenkampagne für sie und andere Studierende (https://de.gofundme.com/cause/arbeiterkind). Die Namen der Betroffenen sind für die Internetprotokolle anonymisiert, aber Arbeiterkind.de nach Auskunft der Initiative bekannt.
Ähnliche Fälle sind seit langem bekannt
Katja Urbatsch, Gründerin von Arbeiterkind.de, kennt Fälle wie Annas seit langem. Immer, wenn die Hochschulen ihre Zahlungsaufforderungen verschicken, erreichten die Initiative Zuschriften und Anrufe von Studierenden, die diesen Betrag nicht aufbringen können, sagt Urbatsch. In diesem Winter startete sie nun die Crowdfundingkampagne, in der sie dazu aufrief, Anna und eine weitere Studentin mit Spenden zu unterstützen. Nach dem Start der Kampagne meldeten sich weitere Studierende mit dem gleichen Problem. Auch ihre Fälle werden auf der Seite von Arbeiterkind.de beworben. Gerade Studierende, die Bafög beziehen und aus finanzschwachen Familien kommen, seien mit der auf einmal fälligen Gebühr überfordert, sagt Urbatsch. In der Berechnung des Bafög-Satzes wird der Semesterbeitrag nicht berücksichtigt, er müsse also vom Gesparten bezahlt werden. Solche Rücklagen existierten meist nicht.
Die Crowdfunding-Aktion war ein Erfolg: Innerhalb weniger Tage wurde das jeweilige Spendenziel der Studierenden erreicht, von dem sie ihre Beiträge und in Einzelfällen auch Kosten für Fachbücher begleichen können. Weitere individuelle Spendenkampagnen wolle Arbeiterkind.de nicht starten, sagt Urbatsch. Sie fordert eine langfristige Lösung von der Politik: Die Rückmeldegebühren müssten mit der Bafög-Reform, die ab Herbst 2019 gelten soll, in der Berechnung der Sätze ebenso berücksichtigt werden wie steigende Mietkosten.
Rabea C. Westarp