Klimawandel: Den Hummeln wird es zu heiß
Der Klimawandel verursacht ein Hummelsterben. Denn die Insekten ziehen sich aus dem Süden zurück, weichen aber trotzdem kaum nach Norden aus.
Derzeit brummt es allerorten über den Wiesen und Blumenbeeten. Oft sind es Hummeln, die Nektar sammeln und dabei Blüten bestäuben. Ähnlich wie die Honigbienen spielen sie ein wichtige Rolle beim Anbau von Obst und Gemüse, Raps, Tomaten und Paprika. Doch der Klimawandel bringt die summenden Landwirtschaftshelfer schwer in Bedrängnis. Ihr Verbreitungsgebiet hat sich in den vergangenen Jahren deutlich verkleinert, berichten Biologen im Fachmagazin „Science“.
Studienleiter Jeremy Kerr von der Universität Ottawa und seine nordamerikanischen Kollegen haben 31 Hummelarten in ihrer Region analysiert, während Oliver Schweiger vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) in Halle und Pierre Rasmont von der Universität Mons in Belgien für 36 europäische Hummelarten zuständig waren. Rund 423 000 Beobachtungen dieser Arten aus den Jahren 1901 bis 2010 haben die Forscher ausgewertet und dabei ein erstaunliches Muster entdeckt. Auf beiden Kontinenten haben die Tiere einen rund 300 Kilometer breiten Streifen ganz im Süden ihres Vorkommens verloren und sind dort seither verschwunden. Im Norden haben sie aber kaum neue Regionen erschlossen. Dabei stiegen die Temperaturen an ihrer nördlichen Verbreitungsgrenze in dieser Zeit um 2,5 Grad. Riesige Areale wurden so „Hummel-tauglich“, nur nutzten die Insekten diese Chance nicht. Ihr Verbreitungsgebiet wurde unterm Strich kleiner. „Der Klimawandel quetscht die Hummeln wie in einem Schraubstock ein“, sagt Kerr.
Für Schmetterlinge dagegen wächst das Verbreitungsgebiet
Andere Arten wie etwa Schmetterlinge reagieren anders. Auch wenn es im Süden ihres Verbreitungsgebietes wärmer wird, geben sie diese Regionen nicht auf. Da es im Norden ebenfalls wärmer wird, nutzen sie diese Situation und erschließen dort neue Gebiete. Ihr Verbreitungsgebiet wächst also – auch wenn die Bewegung der Tiere in Richtung Norden etwas langsamer abläuft, als es die Temperaturen erlauben würden.
Die Erklärung der Forscher lautet, dass viele dieser Arten in den Tropen entstanden und sie sich später polwärts ausbreiteten. Daher kommen sie wohl mit steigenden Temperaturen besser zurecht. Hummeln dagegen entwickelten sich in kühlen Regionen, sie fliegen oft schon bei wenigen Grad über null. Mit hohen Temperaturen kommen sie anscheinend weniger gut zurecht. „Es scheint ihnen einfach zu heiß zu werden“, vermutet Kerr.
Jede dritte Hummelart in Nordamerika zeigt bereits Verluste, bei manchen ist der Rückgang an Tieren dramatisch, berichten die Forscher. Noch in den 1970er und den frühen 1980er Jahren war die Dunkle Erdhummel im südlichen Ontario weit verbreitet. Trotz intensiver Suche hat Sheila Colla von der York-Universität in Toronto in den letzten zehn Jahren gerade zwei dieser Insekten aufgestöbert, berichtet die Biologin.
Landnutzung und Schädlingsbekämpfung sind nicht ausschlaggebend
Eine denkbare Ursache für den Verlust könnte auch der Einsatz von Schädlingsbekämpfungsmitteln und die Art der Landnutzung sein. Das haben die Forscher ebenfalls untersucht, doch diese Faktoren spielen demnach nur eine untergeordnete Rolle. Das bestätigt auch eine Untersuchung von UFZ-Forscher Oliver Schweiger an mehr als 1000 europäischen Bestäuber-Arten von Schmetterlingen über Hummeln bis zu Bienen, die als Einzelgänger leben. Demnach beeinflusst der Klimawandel das Vorkommen dieser Arten weit mehr als zum Beispiel der Einsatz von Pestiziden.
„Solche Bestäuber sind für die Versorgung mit Lebensmitteln essenziell“, sagt Kerr. „Wir müssen ihre Chancen verbessern. Vor allem aber müssen wir endlich ernsthaft beginnen, den Klimawandel zu bremsen.“ Bis solche Maßnahmen wirken, vergehen aber viele Jahre. Daher schlägt er vor, der Natur etwas zu helfen: Hummelköniginnen könnten in Gebiete verfrachtet werden, die der Klimawandel Hummel-tauglich gemacht hat und in die sie aus eigener Kraft offensichtlich nicht fliegen.
Roland Knauer