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Das Biontech-Vakzin gegen Covid-19, gemeinsam mit dem US-Konzern Pfizer entwickelt, ist der am schnellsten realisierte Impfstoff aller Zeiten.
© AFP

Und der Gewinner ist... ein Vakzin aus Deutschland: Das Jahr des schnellsten Impfstoffs aller Zeiten

Die ersten Impfstoffe gegen Covid-19 in weniger als 12 Monaten sind ein Ausnahme-Durchbruch für die Forschung. Aber es gab 2020 weitere „Science-Breakthroughs“.

An jedem Freitag vor Weihnachten kürt das Fachmagazin „Science“ den wichtigsten wissenschaftlichen „Durchbruch“ der vergangenen zwölf Monate. Seit Jahren. Und fast immer ist die Wahl eher willkürlich.

Denn wer kann schon wirklich sagen, ob die forscherische Leistung, ein Foto von einem Schwarzen Loch zu schießen – Gewinner 2019 –, nun bedeutender ist, als wichtige Medikamente gegen Ebola oder Mukoviszidose, im vergangenen Jahr nur „Runner-ups“.

In diesem Jahr jedoch, gibt es keinen Zweifel. Wohl niemand hätte 2020 eine andere wissenschaftliche Errungenschaft gekürt als die ersten Impfstoffe gegen Covid-19. Zu Recht. Es ist in der Tat ohne Beispiel, mit welcher Geschwindigkeit Forscher, aber auch unzählige Experten in Pharmafirmen und den zuständigen Prüf- und Zulassungsbehörden das Design, die Entwicklung und die Produktion eines Impfstoffs in weniger als 12 Monaten bewerkstelligt haben.

Wichtiger Fortschritt im Kampf gegen ein anderes Virus

Ob die Biontech/Pfizer-, Moderna- oder die noch folgenden Corona-Impfstoffe am Ende mehr Menschenleben retten werden, als etwa ein neuer Ansatz zur Kontrolle von HIV-Infektionen, wird sich zeigen.

Ebenfalls in diesem Jahr zeigten nämlich Untersuchungen an 64 ganz besonderen HIV-Infizierten, warum diese nie die tödliche Immunschwächekrankheit Aids entwickelten, obwohl sie keine virenhemmende Medikamente nehmen. Normalerweise ist das ständig und ein Leben lang nötig, um Aids zu verhindern, denn selbst wenn die Medikamente das Blut völlig virenfrei bekämen, ein Rest bleibt: HIV schreibt eine Kopie seines Viruserbguts ins menschliche Genom, so dass die menschliche Zelle jedes Mal, wenn es die eigenen Gene aktiviert, auch die Produktion neuer Viren anschiebt – und somit letztlich wieder Aids auslöst.

Bei den 64 gesunden HIV-Infizierten aber stellte sich heraus: Das Viruserbgut sitzt bei ihnen meist in Erbgutregionen, wo kaum Gene vorkommen, gewissermaßen in der Wüste des Genoms. Das Immunsystem ist also bei diesen Menschen in der Lage, Zellen abzutöten, in den HIV zufällig in „aktiven“ Erbgut-Regionen gelandet ist. Wüsste man wie, dann müssten HIV-Infizierte womöglich bald keine Medikamente mehr nehmen.

Gen-Schere heilt Sichelzellanämie und Thalassämie

Ein weiterer medizinischer Durchbruch hat ebenfalls mit dem Erbgut zu tun. Mit Hilfe der Gen-Schere Crispr/Cas9 – Science’s Durchbruch 2015 und Nobelpreis 2020 – gelang es schon 2019, die ersten Patientinnen mit den genetisch bedingten Krankheiten Sichelzellanämie und Beta-Thalassämie zu heilen, bei denen der Blutfarbstoff Hämoglobin nicht mehr korrekt hergestellt werden kann.

Jetzt zeigen Untersuchungen an über einem Dutzend Patienten: Die Gen-Schere reaktiviert tatsächlich wie gewünscht ein Gen, das normalerweise nur bis zur Geburt eine fötale Hämoglobin-Variante produziert.

Die Behandlung war so erfolgreich, dass die Patienten keine Bluttransfusionen mehr brauchen. Das habe ihr Leben verändert, äußerte sich eine Behandelte, eine Mutter dreier Kinder.

Und jetzt die Proteinfaltungsvorhersage: Es wird helical und faltblattig

So unmittelbar erschließt sich der Nutzen des als „Durchbruch“ gekürten Computerprogramms „AlphaFold“ nicht, das die räumliche Form – und damit Funktion – eines Proteins anhand der Abfolge der Aminosäure-Bausteine, aus denen es besteht, vorhersagen kann. Fünf Jahrzehnte lang versuchten Forscher dieses Problem zu lösen.

Jetzt gelang es britischen Forschern von DeepMind mit Hilfe Künstlicher Intelligenz. Die Proteinform (etwa alpha-Helices oder Beta-Faltblattstrukturen) allein aus der Geninformation, die für die Abfolge der Aminosäuren kodiert, abzuleiten, wird helfen, die Funktion des Proteins zu verstehen und mit passgenauen Medikamenten zu beeinflussen.

Präzisere Einschätzung des Klimawandels

Als Forschungsgebiet hat der Klimawandel eine deutlich längere Geschichte. Und eine wechselvollere. Die ersten Modellierungen projizierten aufgrund der Verschmutzung der Atmosphäre mit Schwebstoffen eine zu erwartende Abkühlung.

Heute wissen wir, was die regelmäßigen Sachstandsberichte des Weltklimarats IPCC zusammenbringen. Für die Klimasensitivität, die zu erwartende Erwärmung bei einer Verdopplung des Kohlendioxidgehaltes der Atmosphäre gegenüber vorindustrieller Zeit, gab der IPCC zuletzt an, dass sich die Erde dabei um einen Wert zwischen 1,5 und 4,5 Grad Celsius erwärmt. Dabei sind 1,5 Grad als noch verträgliches Maß der Erwärmung anerkannt, während 4,5 Grad durchaus als Klimakatastrophe gelten dürfen.

Ein Wert von um die drei Grad Celsius gilt als der wahrscheinlichste, doch es gibt eine Reihe von Unsicherheiten: etwa Wolken, die je nach Position wärmend oder kühlend wirken, und Rückkopplungen im Klimasystem, die schwer einzurechnen sind. 2020 gelang es nun die Klimasensitivität genauer einzugrenzen.

25 Forschende des World Climate Research Programme engten die Spanne auf 2.6 bis 3.9 Grad Celsius ein. Damit erscheint die schlimmste Klimakatastrophe ausgeschlossen, aber auch 2,6 Grad mehr bedeuten nie dagewesene klimatische Herausforderungen für die Menschheit. Und wir haben uns der Verdopplung der Kohlendioxid-Konzentration bereits halb angenähert. Für vorindustrielle Zeit wird eine Konzentration von 280 ppm (Teilen pro Million Teile) angenommen. Derzeit stehen wir bei etwa 420 ppm.

Magnetare als Quelle schneller Radiowellen

Von außerhalb der Atmosphäre stammten die bislang etwa 100 kurzen aber starken Impulse elektromagnetischer Strahlung, die Teleskope gelegentlich auffingen. Einige konnten bis in die Galaxie zurückverfolgt werden, aus der sie stammen. Aber kein Teleskop hat eine so große Auflösung, dass es den Ursprungsort erkennbar machen könnte. Im vergangenen Jahr entdeckten Astronomen die hauptverdächtige Quelle der „fast radio bursts“ (FRB): Magnetare.

Die zur Klasse der Neutronensterne gehörenden Himmelskörper haben extrem starke Magnetfelder. Sie entstehen, wenn ausgebrannte Sterne in sich zusammenstürzen. Zu den kurzen und intensiven Strahlungsimpulsen passt diese Form. FRB-Quellen müssen klein und energiereich sein. Im April erreichten dann Strahlungsblitze aus der Milchstraße die Erde, die bis zum Magnetar SGR 1935+2154 zurückverfolgt werden konnten. Wie genau er FRB produziert, ist allerdings noch nicht geklärt. Die Diskussion geht also weiter.

Wie man in der Wissenschaft miteinander umgeht - oder umgehen sollte

Die Form wird dabei voraussichtlich gewahrt. Das ist in der Wissenschaft aber nicht immer so: etwa als eine hellhäutige Hundebesitzerin im Mai im Central Park von New York einen dunkelhäutigen Vogelkundler auf Beobachtungstour rassistisch beschimpfte. Für die Forschungscommunity von People of Color war das Anlass zur Gründung von #BlackBirdersWeek und einer Reihe weiterer Online-Anlaufpunkte. „Wir sind wenige und weit verstreut“, sagt Ti'Air Riggins, Medizin-Doktorand an der Michigan State University, der die #BlackInNeuro-Woche mitbegründete. Sich in einem virtuellen Raum per Hashtag #BlackIn––– zusammenfinden zu können, sei hilfreich, um ein gerechteres und offeneres Klima in der Wissenschaft zu schaffen.

Als weitere Durchbrüche nennt „Science“ die Datierung der in Indonesien entdeckten ältesten bekannten Höhlenmalerei. Bereits vor etwa 44 000 Jahren wurde dort eine Jagdszene verewigt. Außerdem gehören die Entdeckung der Supraleitung bei Zimmertemperatur und die geistigen Fähigkeiten von Vögeln zu den Highlights von 2020.

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