Studium mit Betriebsanbindung: Das duale Studium muss besser werden
Schlechte Verzahnung zwischen Theorie und Praxis, unklare Vergütungsansprüche für Studierende: Der DGB fordert neue Regeln für das duale Studium
Auf dualen Studiengängen ruht in Deutschland manche Hoffnung. Die Verbindung von betrieblicher Praxis und Studium könnte den vielen entgegenkommen, die zwar bildungsambitioniert sind, aber gleichwohl zu praxisaffin, um ein reguläres Studium in Mathematik, Informatik, Natur- oder Technikwissenschaften (MINT) anzustreben. Durch duale Studiengänge könnte der Fachkräftemangel in diesen Bereichen etwas entschärft werden, die Abbrecherquoten gesenkt werden. Allerdings haben mehrere Studien bei allem Lob für das duale Studium manche Schwächen kritisiert.
Diese stellt auch der DGB in einem neuen Positionspapier fest. Oft seien Hochschule und Arbeitswelt nur unzureichend miteinander verzahnt, Theorie und Praxis stünden unverbunden nebeneinander. Die Bewerberauswahl durch die Betriebe entlang von Bestnoten könne zur sozialen Selektion führen. Auch schon eine Acatech-Studie von 2015 hatte die Fokussierung der Unternehmen auf Bestnoten moniert. Der DGB kritisiert ferner die hohe Arbeitsbelastung der Studierenden, auch durch lange Fahrtzeiten zwischen Hochschule und Betrieb, die zum Teil hohe finanzielle Belastung durch Studiengebühren an privaten Hochschulen sowie die unzureichende vertragliche Absicherung.
Die meisten dual Studierenden wählen Ingenieurwissenschaften oder Wirtschaft
Von Deutschlands über 2,8 Millionen Studierenden sind 95.000 in dualen Studiengängen eingeschrieben. Die meisten von ihnen an Fachhochschulen, die im Jahr 2014 mehr als 1000 duale Studiengänge anboten. Die Hälfte der dual Studierenden in Deutschland ist an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) eingeschrieben, die 204 Studiengänge anbietet. 188 Studiengänge gibt es an Berufsakademien. Nur 71 bieten Universitäten an. Der größte Anteil des Studienangebots ist ingenieurwissenschaftlich (39 Prozent), gefolgt von Wirtschaftswissenschaften (32 Prozent). Auf Informatik entfallen zwölf Prozent der Angebote, auf Erziehung, Gesundheit und Pflege elf Prozent. Bei einer Umfrage unter dual Studierenden durch das Institut Arbeit und Qualifikation sagten 76 Prozent der Befragten, als Alternative zum dualen Studium hätten sie ein Vollzeitstudium erwogen. Nur knapp 14 Prozent sagten, sie hätten alternativ eine Ausbildung angestrebt. Die Abbrecherquote im dualen Studium liegt trotz der – nach Auffassung des DGB – oft zu hohen Arbeitsbelastung niedrig: Nur sieben Prozent brechen ab (gegenüber 28 Prozent im Bachelorstudium).
Nicht alles verdient das Etikett "dual", meint der DGB
Fast 50 Prozent der dual Studierenden studieren im „praxisintegrierenden“ Modell, in dem das Studium mit längeren Praxisphasen im Unternehmen kombiniert ist. 39 Prozent befinden sich in „berufsintegrierenden“ Studiengängen, in denen eine berufliche Teilzeittätigkeit in das Studium integriert ist. Der DGB fordert die Kultusministerkonferenz und den Akkreditierungsrat auf, klarere Vorgaben zum Studium zu machen. Studienformate, die Praxisphasen beinhalten, die keine studienrelevanten Inhalte vermitteln oder in der Praxis vertiefen, sollten nicht länger als „dual“ bezeichnet werden dürfen. Die Studienformate sollten durch ein Bundesgesetz definiert werden. Die Gültigkeit des Berufsbildungsgesetzes müsse auf die dualen Studiengänge ausgeweitet werden, um den Vergütungsanspruch, die Freistellung für Lehrveranstaltungen und Bindungsklauseln zu regeln.