Bier und Gewässerschutz: Brauereireste sollen braunes Spreewasser klären
Schwimmern in Berlin und Brandenburg ist die braune Färbung vieler Gewässer vertraut. Eine Dresdner Forscherin möchte klare Verhältnisse schaffen.
Giftgrüne Schlieren ziehen sich durch das Wasser der Spree, die träge durch das Regierungsviertel Berlins fließt. Zu der Aktion am Donnerstag bekannten sich Aktivisten der Klimabewegung Extinction Rebellion. Sie wollen mit dem Farbstoffanschlag gegen die Wasserverschmutzung durch Kohlegewinnung protestieren.
Die Problematik ist in Berlin aber nicht als grüne, sondern als „braune Spree“ bekannt: Eisen verfärbt das Wasser. Und es sieht nicht nur schmutzig aus, es mindert die Wasserqualität für Lebewesen und Trinkwassergewinnung.
„Dresdner Forscherin will mit Bier den Spreewald retten“ berichtete die „Dresdner Neue Nachrichten“ ebenfalls am Donnerstag. Simona Schwarz vom Leibniz-Institut für Polymerforschung in Dresden erforscht, wie belastetes Wasser gereinigt werden kann. Dazu gehört auch das ockerbraun verfärbte Wasser in der Spree, der Pleiße, der Elster und in anderen Gewässern der ehemaligen sächsischen Braunkohleabbaugebiete.
Altlasten des Bergbaus
Für den Braunkohletagebau wurden die Grundwasserstände abgesenkt. Das abgepumpte Wasser enthält hohe Konzentrationen von Eisenverbindungen, die aus dem Boden gelöst wurden. Bevor es in Fließgewässer eingeleitet wird, wird es mit Fällungsmitteln behandelt, die das Eisen binden und aus dem Wasser entfernen.
Der Eintrag in Fließgewässer ist dennoch hoch. Das hängt damit zusammen, dass in einigen Gebieten nach der Tagebaustilllegung das Grundwasser wieder steigt. In den nach dem Bergbau belüfteten Böden wird dann eine natürlich vorkommende Eisen-Schwefel-Verbindung, das Pyrit, abgebaut und Eisen und Schwefel gelangen in die Gewässer.
Die Arbeitsgruppe von Simona Schwarz entwickelt in Kooperation mit der Technischen Universität München und Partnern aus der Wirtschaft Filter, um Eisen und andere Schwermetalle aus dem Wasser zu entfernen. Dabei kommen ungewöhnliche Zutaten zum Einsatz: Treber, Bierhefe und andere Reste aus Bierbrauereien.
Aus der Hefe könne Chitosan gewonnen werden, schlagen die Forscher vor. Das ist eine Kette von Zuckermolekülen, die erstmals aus dem Panzer von Krustentieren gewonnen wurde. Chitosan kann positiv geladene Eisen- und negativ geladene Schwefelteilchen gleichzeitig binden.
Für den Einsatz in Fließgewässern sollen Säcke mit Chitosan-beschichteten Kügelchen ins Wasser gehängt werden. Für das Wasser sei das unbedenklich und die mit Eisen- und Sulfationen beladenen Chitosankügelchen könnten in der Stahlindustrie verwertet werden. Im Jahr 2022 sollen die Filter erstmals getestet werden.
Sichtbar und unsichtbar
„Wir brauchen neue Ansätze um das Verockerungsproblem zu lösen“, sagt Tobias Goldhammer vom Berliner Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei dem Tagesspiegel. Die Spree sei von der Quelle bis zum Braunkohlenrevier ein ganz normaler Wiesenfluss, enthalte aber weiter flussabwärts eine erhebliche Eisenfracht.
Für das Ökosystem unsichtbare, im Wasser gelöste Eisenverbindungen problematisch. Sie können zum Beispiel giftig auf Fische wirken. Aber auch die sichtbaren, ockerfarbenen Eisenhydroxidpartikel sind eine Belastung. Trübes Wasser ist für viele Lebewesen schlicht ein schlechterer Lebensraum. Die Partikel wirken aber nicht direkt giftig und sie sinken irgendwann zum Grund.
Die Gewässerökologen messen etwa vor der Talsperre Spremberg, an der die Spree zwischen Cottbus und Spremberg aufgestaut wird, Konzentrationen von bis zu 4 Milligramm pro Liter. Nach der Talsperre ist die Eisenpartikelmenge auf ein Zehntel reduziert. Für die Spree ist das aber nur eine kurzzeitige Entlastung.
Viele Zuflüsse vor allem im südlichen Spreewald sind hochbelastet, mit teilweise 50 Milligramm pro Liter. In Berlin kommt zwar nur relativ wenig von der Eisenfracht an, Goldhammer betrachtet die Gewässerbelastung jedoch insgesamt kritisch: „In den letzten trockenen, heißen Sommern mit geringen Abflussmengen haben sich die Spitzenbelastungen durch Aufkonzentration noch weiter verstärkt.“ Dabei spielt auch der Schwefelanteil der freigesetzten Eisenverbindungen eine Rolle: Als Sulfat im Wasser gelöst wird es über weite Strecken transportiert.
Den von den Aktivisten von Extinction Rebellion verwendeten giftgrünen Farbstoff „Uranin“ hält er jedoch für unbedenklich. „Er wird auch in bei hydrologischen Feldversuchen eingesetzt, weil man mit sehr wenig Substanz beeindruckende Resultate erzielen kann“, sagt Goldhammer. „Ohne weiteres“ sollte der Farbzusatz für Shampoos und Badeseife aber nicht in Gewässer eingebracht werden.
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