Diskussion um das Zentralabitur: Bildungsforscherin warnt vor vor "Gleichmacherei"
Bildungsforscherin Petra Stanat kritisiert "extreme Einengung" durch ein bundesweites Zentralabitur. Das jedoch wird von 80 Prozent der Deutschen gefordert.
In der aktuellen Debatte um das Zentralabitur warnt die renommierte Bildungsforscherin Petra Stanat vor einer „kompletten Gleichmacherei“, zu der bundesweit einheitliche Abiturthemen und -aufgaben führen würden. „Sollen denn wirklich alle Abiturientinnen und Abiturienten sich vertieft nur mit dem Faust beschäftigen?“, fragt Stanat. Das würde zur einer „extremen Einengung“ führen, die zudem die Berücksichtigung regionaler Besonderheiten unmöglich machen würde.
Stanat fordert statt „immer wieder neuer Grundsatzdiskussionen“ um das Zentralabitur, den bereits von den 16 Bundesländern eingeschlagenen Weg „über gemeinsame Abituraufgaben-Pools Vergleichbarkeit in den Anforderungen zu erreichen“ weiter zu gehen. „Dieser Weg funktioniert, wenn die Ländern ihn konsequent weiterverfolgen“, sagt Stanat, Direktorin des Instituts zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) an der Humboldt-Universität.
KMK setzt weiter auf gemeinsame Aufgaben aus dem "Pool"
Das IQB erstellt die gemeinsamen Abituraufgaben in den Kernfächern Deutsch, Englisch, Französisch und Mathematik. Sie werden in dem Berliner Institut in enger Zusammenarbeit mit Expertinnen und Experten aus den Ländern entwickelt – entlang den 2013 von der Kultusministerkonferenz (KMK) verabschiedeten Bildungsstandards, die bundesweit gelten und an denen sich die Lehrpläne orientieren.
Die Länder nutzen die Aufgaben aus dem Pool jedoch höchst unterschiedlich. Hamburg und Bremen haben im Abitur in diesem Jahr erstmals durchweg IBQ-Aufgaben gestellt. Für die Grundkursklausuren in Mathematik hatten die Abiturkommissionen beider Länder aber Aufgaben gewählt, mit denen viele in der Prüfung überfordert waren. Daraufhin wurden die Noten im Nachhinein hochgesetzt.
Die meisten anderen Länder haben – gemäß den geltenden Vorgaben der KMK – nur eine Aufgabe pro Fach aus dem Pool genommen und ansonsten ländereigene gestellt. Dabei soll es nach einem Beschluss der KMK vom Juni auch bleiben. Allerdings dürfen die Länder die IQB-Aufgaben ab 2021 nicht mehr modifizieren.
Zudem hat KMK-Präsident Alexander Lorz (CDU), Bildungsminister in Hessen, auf eine „eine hohe Verbindlichkeit, die gemeinsamen Aufgaben verstärkt zu nutzen“ hingewiesen. Dies ergebe sich aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2017 zum Medizinstudium, nach dem die Abiturnoten bundesweit vergleichbarer werden müssen.
Auch wenn sich Baden-Württembergs Ministerin Susanne Eisenmann (CDU) und zuletzt auch die kommissarische SPD-Chefin Manuela Schwesig für ein Zentralabi aussprechen: Offiziell setzt die KMK darauf, dass ein einheitlicheres Niveau bei den Abituraufgaben und damit mehr Gerechtigkeit beim Numerus Clausus für besonders begehrte Studienfächer über die gemeinsamen Aufgaben aus dem IQB-Pool erreicht werden.
80 Prozent wollen einheitliche Prüfungen im ganzen Land
Eine deutliche Mehrheit der Menschen in Deutschland ist jedoch für ein Zentralabitur im Sinne von bundeseinheitlichen Aufgaben. In einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov für die Deutsche Presse-Agentur sprachen sich 80 Prozent der Befragten dafür aus, dass Abiturienten im ganzen Land einheitliche Prüfungen vorgelegt bekommen. Nur jeder Zehnte lehnt das ab. Selbst in Bayern sprachen sich 74 Prozent für einheitliche Abi-Aufgaben aus. Eine deutliche Mehrheit von 61 Prozent der Bundesbürger lehnt es zudem ab, dass in Deutschland jedes Bundesland für Bildung selbst zuständig ist. Nur 28 Prozent sind für den sogenannten Bildungsföderalismus. Die Umfrage bestätigt ähnliche Befragungen aus der Vergangenheit.
Die CSU-Führung in Bayern sieht das vollkommen anders. „Wir wollen die beste Bildung für unsere Schüler und keinen deutschen Durchschnitt“, erklärte Generalsekretär Markus Blumes am Freitag. (mit dpa)
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