Umfrage zu Uni-Abschlüssen: Betriebe unzufrieden mit Bachelor-Abschlüssen
Vor allem kleinere Betriebe klagen laut einer Umfrage über Bachelor-Absolventen: Diese könnten nicht anwendungsorientiert arbeiten. Arbeitsmarktforscher wundern sich über die Ergebnisse.
Viele Betriebe sind unzufrieden mit Bachelor-Absolventen – zumindest sieht das eine Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages unter 2000 Unternehmen so. Demnach sehen nur 47 Prozent der Firmen ihre Erwartungen erfüllt. Bei einer Umfrage vor vier Jahren lag der Wert noch bei 63 Prozent. „Vor allem kleine Unternehmen sind unzufrieden. Größeren fällt es leichter, Bachelor-Absolventen im Job nachzuqualifizieren“, sagte Oliver Heikaus, Bereichsleiter Weiterbildung des DIHK. Vor allem der Tourismus-Sektor (nur zu 40 Prozent zufrieden) und der IT- und Medien-Bereich tun sich mit den Bachelors schwer.
DIHK-Chef kritisiert "Über-Akademisierung"
Die Unternehmen stören sich insbesondere an der geringen Anwendungsorientierung der Studiengänge, sagte Heikaus: „Nur wenige Bachelor-Absolventen können in der Berufspraxis einfach loslegen.“ Moniert werden auch mangelnde methodische, soziale und persönliche Kompetenzen. DIHK-Chef Eric Schweitzer kritisierte in der „Welt“ eine „Über-Akademisierung“. Viele, die studierten, seien in einer Ausbildung besser aufgehoben.
Gleichwohl konnten in den vergangenen beiden Jahren 69 Prozent der Firmen alle für Bachelors ausgeschriebenen Stellen besetzen. Zudem erfüllen Master-Absolventen zu 78 Prozent die Erwartungen. Dazu trage bei, dass nicht wenige zwischen Bachelor und Master Berufspraxis sammeln.
Große Firmen sehen die Akzeptanz des Bachelors ganz anders
Arbeitsmarktforscher und andere Unternehmensverbände wundern sich indes über die Umfrageergebnisse. Die Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeber (BDA) tritt der angeblich mangelnden Akzeptanz der Bachelorabsolventen mit einem aktuellen Argumentationspapier entgegen. „Der Bachelor hat sich hervorragend am Arbeitsmarkt etabliert“, heißt es darin. So hätten fast 70 Prozent der Großunternehmen Bachelor-Absolventen eingestellt, der großen Mehrheit gelinge ein „reibungsloser Berufseinstieg“. Allerdings erwarteten die Unternehmen noch mehr Praxisbezug im Studium.
Den Zugang zum Studium begrenzen? "Nicht nachvollziehbar"
Wie sich Karrieren von Bachelorabsolventen entwickeln, beobachtet das Institut der deutschen Wirtschaft Köln. Nach einer Umfrage von 2011 sahen 85 Prozent der Betriebe für Bachelorabsolventen keine Karriererestriktionen vor, sagt IW-Expertin Christiane Konegen-Grenier. Inzwischen würden viele auf Abteilungs- oder Bereichsleiterpositionen aufsteigen. Nicht nachvollziehbar sei auch der Ansatz des DIHK, aus der Unzufriedenheit mit den Bachelor-Absolventen auf eine Überakademisierung zu schließen. Die Vorstellung, dass der Zugang zum Studium begrenzt werden müsse, damit mehr Jugendliche in Ausbildungsberufe drängen, sei „sachlich nicht nachvollziehbar“. Jungen Menschen, die studieren wollen, würden so Zukunftschancen verbaut. Die Betriebe müssten für ihre attraktiven Ausbildungsgänge, die zum Meister oder zum Fachwirt führen, mehr werben. Zudem sollten sie das Potenzial von ausbildungswilligen Jugendlichen ohne Abitur erkennen, indem sie etwa gezielte Angebote für junge Migranten machen. Dazu sollte die Politik schnell die Rechtsgrundlage schaffen, sagte Konegen-Grenier.
Auch Britta Matthes vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung hält es für kontraproduktiv, junge Leute vom Studium abzuhalten. Denn viele Facharbeiterplätze von heute könnten im Zuge der Digitalisierung wegfallen. Gegen die These von der Überakademisierung würden ohnehin viele Studien sprechen: „Akademiker erzielen in Deutschland bessere Löhne und haben bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt.“ Gäbe es zu viele von ihnen, hätte sich das längst ändern müssen.