zum Hauptinhalt
Unter Druck. In Wolfgang Schäubles Ressort fällt die Aufsicht über die HRE.
© dpa

Buchungspanne: Zufällig exakt 55,5 Milliarden Euro

Das Bundesfinanzministerium will den Buchungsfehler der Bad Bank der HRE nicht gekannt haben. Dabei legt eine Antwort auf eine Anfrage der Linken-Bundestagsfraktion etwas anderes nahe.

Berlin - Die skandalöse Fehlbuchung von 55,5 Milliarden Euro bei der Bad Bank der verstaatlichten Hypo Real Estate (HRE) war im Bundesfinanzministerium womöglich länger bekannt als zunächst zugegeben. Das legt jedenfalls eine am Dienstag veröffentlichte Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Hartmut Koschyk auf eine Anfrage der Linken-Bundestagsfraktion nahe. Das Ministerium dementiert allerdings.

Das Schreiben datiert vom 13. September und gibt die Schulden der Bad Bank – sie heißt FMS Wertmanagement – für 2011 mit 161 Milliarden Euro an. Das sind exakt 55,5 Milliarden Euro weniger, als für 2010 genannt wurden. Das Ministerium erklärt jedoch, es sei erst am 4. Oktober, also drei Wochen nach dem Brief, „auf Arbeitsebene“ informiert worden. Der Wirtschaftsprüfer habe den Buchungsfehler auch erst am 30. September entdeckt. Der Schuldenstand sei in Koschyks Brief unabhängig davon auf Grund einer Schätzung um 55,5 Milliarden Euro nach unten korrigiert worden.

Eine zufällig punktgenaue Schätzung? Angesichts dieser These hält der politische Druck auf Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) an. „Entweder hat Schäubles Ministerium die Brisanz der Fehler nicht erkannt, oder die Zahlen wurden bewusst zurückgehalten. Beides ist nicht zu entschuldigen“, erklärte der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD- Fraktion, Thomas Oppermann. Linken-Chef Klaus Ernst, der den Fall mit seiner Anfrage ins Rollen gebracht hatte, nannte es „denkbar, dass das Chaos bei der HRE zum Gegenstand einer umfassenden Untersuchung im Bundestag wird“. Einen Untersuchungsausschuss mochte die Opposition aber zunächst nicht fordern. Dafür müsste sie mindestens ein Viertel der Abgeordneten mobilisieren.

Für den heutigen Mittwoch hat Schäuble die Verantwortlichen der FMS Wertmanagement, der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Pricewaterhouse-Coopers (PWC), der Finanzmarktstabilisierungsanstalt (FMSA) und der HRE zum Rapport ins Ministerium bestellt. Die Verantwortlichen der FMS sollen auch dem Finanzausschuss Rede und Antwort stehen. Dabei klingt die Summe von 55,5 Milliarden Euro größer, als ihre Wirkung in diesem Fall ist: Denn erst in vielen Jahren wird sich errechnen lassen, wie viel das Portfolio der FMS wirklich wert ist und was den Steuerzahler die Verstaatlichung gekostet hat. Mehr als die Hälfte der Papiere laufen noch über das Jahr 2020 hinaus, einige sogar bis 2060, und alle sollen sie zu möglichst hohen Preisen verkauft werden. Allerdings hat die korrigierte Bilanz der FMS dazu geführt, dass die deutsche Staatsverschuldung von mehr als 2000 Milliarden Euro rechnerisch leicht gesunken ist.

Moritz Döbler

Zur Startseite