Elektromobilität: Zu wenige E-Autos in Fuhrparks der Ministerien
Zehn Prozent der neuangeschafften Wagen der Bundesministerien sollten inzwischen E-Autos sein. Doch die meisten Häuser halten sich nicht daran.
Während die Bundesregierung die Vorzüge der Elektromobilität bei Industrie und Volk propagiert, ist sie selbst kaum mit schadstoffarmen Autos unterwegs. Das ist das Ergebnis der Antworten der Bundesregierung auf zwei schriftliche Anfragen des Bundestagsabgeordneten und verkehrspolitischen Sprechers der Grünen-Fraktion, Stephan Kühn. Den Dokumenten zufolge, die dem Tagesspiegel vorliegen, haben im vergangenen Jahr nur acht der 17 Bundesministerien und -behörden das im „Regierungsprogramm Elektromobilität“ selbst gesteckte Ziel über klimafreundliche Pkw-Neuanschaffungen erreicht. Demzufolge sollten ab 2013 zehn Prozent aller in einem Ressort angeschafften Neuwagen aus Elektroautos und Fahrzeugen mit besonders geringen CO2-Emissionen bestehen. 2017 steigt das Ziel auf 20 Prozent.
„Die Bundesregierung ist bei der Förderung der Elektromobilität kein Vorbild“, sagte Stephan Kühn dem Tagesspiegel. „Es ist eine Blamage, dass die Bundesregierung ihr eigenes, bescheidenes Ziel so deutlich verfehlt.“ Auswärtiges Amt (AA), das Bundesarbeitsministerium (BMAS), das Bundesgesundheitsministerium (BMG) und das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) schnitten dabei mit Blick auf neue Fahrzeuge am schlechtesten ab: Sie haben im Jahr 2016 keinen einzigen Dienstwagen mit Elektroantrieb angeschafft. Das Haus von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt kommt bei den Neuanschaffungen dagegen auf eine Quote von 95,5 Prozent. Mit weitem Abstand folgen das Bundesministerium für Bildung und Forschung (26,7 Prozent), das Ressort Umwelt und Bauen (23,0 Prozent) sowie das Frauen- und Innenministerium (jeweils 16,7 Prozent).
Nur ein Fünftel der Fahrzeuge des Kanzleramts sind Elektroautos
Betrachtet man den aktuellen Anteil von Elektrofahrzeugen am Gesamtbestand der einzelnen Fuhrparks (Stand 4. April 2017), hat auch hier das Bundesverkehrsministerium die Nase vorn. Fast drei Viertel (71,4 Prozent) der dort eingesetzten Dienstfahrzeuge sind mittlerweile elektrisch unterwegs. Auf einen ähnlich hohen Wert bringt es außer dem Verkehrsressort nur das Bundespresseamt (55,6 Prozent). So weit wie die beiden Vorreiter ist man in den meisten anderen Ministerien noch nicht. Bundesgesundheitsministerium und Umweltministerium kommen immerhin auf einen Elektro-Fahrzeugbestand von mehr als 30 Prozent. Schlusslichter der Statistik sind das Haus von Kulturstaatsministerin Monika Grütters und der Bundesnachrichtendienst mit einer Elektroquote von 0,4 und 0,9 Prozent. Der Fuhrpark von Kanzlerin Angela Merkel kommt auf einen Anteil von fünf Prozent. Das entspricht einem Elektroauto. Ein weiteres soll im Mai dazukommen.
„Die Bundesregierung setzt weiter auf einen fossilen Fuhrpark“, kritisierte Kühn. „Ausgerechnet im Haus der Bundeskanzlerin gibt es kaum Elektroautos. Wenn selbst die Kanzlerin keine Vorreiterrolle bei der Elektromobilität übernimmt, ist das ein fatales Signal für die Zukunft der Autoindustrie.“ Warum gerade das Kanzleramt immer noch so wenige Elektrofahrzeuge im Einsatz hat, konnte das Bundespresseamt auf Nachfrage zunächst nicht erklären. Das Bundeswirtschaftsministerium ließ eine entsprechende Anfrage des Tagesspiegels ebenfalls unbeantwortet.
Auch Verbraucher kaufen noch ungern E-Fahrzeuge
Aber nicht nur in den Ministerien sondern auch in der Gunst der deutschen Verbraucher führen Elektroautos im Vergleich zu Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor hierzulande immer noch ein Schattendasein: Von den 359.683 im März neu zugelassenen Wagen im Land waren gerade einmal 2642 Elektroautos. Aus dem mit 1,2 Milliarden Euro gefüllten Fördertopf für den Kauf von Elektroautos sind laut „Automobilwoche“ bislang erst 55 Millionen Euro abgerufen worden.