Förderung der E-Mobilität: Wohin die Milliarden für neue Batteriezellen-Fabriken fließen
Die Politik nimmt viel Geld in die Hand, um Batteriezellen in Deutschland zu erforschen und zu produzieren. Nun zeichnet sich ab, wo die Fördermittel landen.
Das Bemühen der Politik um eine Batteriezellenfertigung hierzulande kommt auf die Zielgerade: Am 7. Juni will die Gründungskommission des Bundesministeriums für Bildung und Forschung über den Standort einer Forschungsfabrik zur Batteriezellenfertigung entscheiden, die vom Bund mit rund 500 Millionen Euro ausgestattet wird.
Ebenfalls noch im Juni soll auch die erste Hälfte der sogenannten Altmaier-Milliarde fließen, mit der das Bundeswirtschaftsministerium den Aufbau von Zellenfabriken fördert. Ein Konsortium um den französischen Energiekonzern Saft, die Autokonzerne PSA/Opel und BMW sowie BASF und den schwäbischen Kleinzellenhersteller Varta soll den Zuschlag bekommen. Als Standort ist das rheinland-pfälzische Kaiserslautern im Gespräch, wo Opel ein Komponentenwerk betreibt. Die Beihilfen für dieses deutsch-französische Konsortium werden vermutlich ohne große Probleme von der EU-Kommission gebilligt.
Das zweite Konsortium um den Batteriehersteller BMZ, die Elektroautohersteller Streetscooter und e.Go, sowie Ford und den belgischen Chemiekonzern Umicore bemüht sich gerade um ein förderfähiges Konzept. Auch hier soll der Zuschlag erfolgen, solange noch die jetzige EU-Kommission im Amt ist. Anvisiert ist ein Zeitpunkt im Spätsommer. Als Standort für das zweite Konsortium ist NRW gesetzt: In Köln produziert Ford, Streetscooter und e.Go in Aachen.
Markus Söder hat vergeblich für Bayern geworben
„Leuchtturmprojekte und Unternehmen wie Daimler in Düsseldorf und Ford in Köln bis zu der e.Go Mobile AG und Streetscooter GmbH zeigen mit ihren Produkten eindrucksvoll, wie Elektromobilität ,made in Nordrhein-Westfalen‘ Fahrt aufnimmt“, sagt Ministerpräsident Armin Laschet (CDU). An diesem Montag präsentieren zwei Minister der Landesregierung das Konzept des Landes für die Batterie-Forschungsfabrik.
Das gehört zum Marketing. Fünf Bundesländer bewerben sich um die neue Institution, zwischen 100 und 200 Millionen Euro wirft jedes Land in die Waagschale. Das Projekt ist hochpolitisch. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat mehrmals bei Angela Merkel (CDU) für einen Standort in Bayern geworben – vergeblich. Favoriten sind Baden-Württemberg und NRW, konkret das Batterieforschungsinstitut MEET in Münster. Stadt und Land hätten „das größte Potenzial, Kräfte bundesweit zu einen“, meint die Düsseldorfer Wirtschaftsministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen.
Das klingt im Süden der Republik ganz ähnlich. „Baden-Württemberg ist perfekt aufgestellt“, sagte die Stuttgarter Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut dem Tagesspiegel. „Wir sind in Sachen Batterie seit Jahren führend.“ Auf engem Raum gebe es rund um Stuttgart Kompetenzen und Partner für Forschung und Entwicklung sowie Produzenten und Anwender von Zellen. „Damit haben wir uns bundesweit einen einmaligen Standortvorteil erarbeitet“, sagte Hoffmeister- Kraut. „Wir stehen in den Startlöchern.“
Ulm bekommt wohl einen Zuschlag
Nach Tagesspiegel-Informationen hat die Ministerin rund 40 Absichtserklärungen von Unternehmen vorliegen und finanzielle Zusagen von über 50 Millionen Euro. Das Land selbst stellt für die Forschungsfabrik im ersten Schritt rund 100 Millionen Euro zur Verfügung, weitere 85 Millionen sollen in den nächsten Jahren folgen. Grundstück und Gebäude in Ulm stehen bereit.
Das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung (ZSW) konzentriert sich in Ulm auf die Entwicklung, Erprobung und Herstellung von Brennstoffzellen und Batteriefertigung. Von Ulm ist es nicht weit auf die Schwäbische Alb, wo in Ellwangen mit Varta der größte deutsche Zellenhersteller beheimatet ist. Bislang produziert Varta kleine Rundzellen für Hörgeräte und Kopfhörer, bereitet aber den Einstieg in die Herstellung großformatiger Zellen für Autobatterien vor.
Varta beteiligt sich deshalb auch an dem deutsch-französischen Konsortium, das Brancheninsidern zufolge eine Hälfte der Altmaier-Milliarde bekommt und das vermutlich nach Kaiserslautern geht. Der Standortproporz im föderalen Deutschland sähe dann die Forschungsfabrik in Baden-Württemberg (Ulm) vor. Und weil NRW die Forschung nicht bekäme, erhielte die zweite Hälfte der Altmaier-Milliarde das Konsortium um Ford und Streetscooter in Köln. Damit geht der Osten wieder leer aus, obgleich der Bundeswirtschaftsminister im vergangenen Jahr der Lausitz eine Batteriezellenfertigung in Aussicht gestellt hatte. Die gibt es definitiv in der Nähe von Erfurt, wo die chinesische CATL eine Produktionsanlage baut.
Doch es sind noch viel mehr Fabriken erforderlich. „2025 hat allein VW einen Bedarf von 300 Gigawatt“, heißt es in einer Konzernstudie. Mit einer Milliarde Euro, die VW in den kommenden drei Jahren in den Aufbau einer Pilotfertigung in Salzgitter investiert, kommt der Konzern nicht weit. Bis Mitte der 2020er Jahre braucht VW die Kapazität von mindestens einem halben Dutzend Fabriken, von denen jede einzelne mehrere Milliarden Euro kostet. Allein Daimler, nur ein Bruchteil so groß wie VW, hat bis 2025 Zellverträge über rund 20 Milliarden Euro abgeschlossen. Das Geschäft ist gigantisch – und bislang allein in der Hand von asiatischen Herstellern.
Daher ist es möglich, dass VW mit der südkoreanischen SKI in Ostdeutschland investiert, denn das VW-Werk in Zwickau ist nach aktuellen Plänen als Leitwerk des Konzerns für elektrische Pkw vorgesehen. Eine Zellfabrik in der Nähe würde Sinn ergeben – wenn die Politik eine Befreiung von der EEG-Umlage zusichert und überhaupt Geld locker macht. „Für eine Zellfertigung in Deutschland zeigt die Wirtschaftlichkeitsrechnung einen Standortnachteil von mehr als 20 Prozent“, heißt es im Strategiepapier von VW. Hier ist politischer Wille gefragt.