Batteriezelle: 30 Firmen wollen die Fördermilliarde
Bislang wird der Markt für Batteriezellen von asiatischen Herstellern dominiert. Nun interessieren sich auch deutsche Konzerne für eine Fertigung.
Viele Jahre bemühte sich die Berliner Politik vergebens um eine Batteriezellenfertigung hierzulande, nun kommt Schwung in das Projekt. Mehr als 30 Unternehmen haben beim Bundeswirtschaftsministerium Anträge eingereicht zur Förderung einer entsprechenden Produktion. Das Ministerium stellt insgesamt eine Milliarde Euro Steuergeld in Aussicht. „Unser Förderaufruf zum Aufbau einer Batteriezellenproduktion ist ein voller Erfolg und spiegelt die Aufbruchstimmung hierfür in der Industrie wider“, sagte Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU). Unternehmen entlang der gesamten Wertschöpfungskette seien unter den Bewerbern, also Autohersteller und ihre Lieferanten, Batterieproduzenten, Chemiefirmen sowie Rohstoff- und Recyclingunternehmen.
Vergabeverfahren in zwei Stufen
Nach Angaben des Ministeriums werden die eingereichten „Projektskizzen mit Hochdruck geprüft“. Anschließend sollen die Unternehmen ihre Anträge in einer zweiten Stufe konkretisieren. „Dabei wird es auch um die Bildung von Konsortien gehen“, teilte das Ministerium weiter mit. Parallel werde die Förderung mit der EU-Kommission besprochen, damit schnell begonnen werden könne. Die Förderung einer oder mehrerer Zellenfabriken wird von der EU als ein Important Project of Common European Interest (IPCEI) qualifiziert, wodurch überhaupt erst nationalstaatliche Beihilfen möglich sind. In der Regel müssen solche Projekte grenzüberschreitend sein. Zum Beispiel Varta: Der schwäbische Batteriezellenhersteller hatte Ende vergangener Woche über seine Teilnahme an der Altmaier- Ausschreibung informiert. Dazu kooperiert Varta nach eigenen Angaben mit Partnern aus fünf europäischen Ländern „entlang der Wertschöpfungskette für Lithium-Ionen-Zellen, um die Industrialisierung der Batteriezellenproduktion in Europa voranzutreiben“.
VW und Varta sind dabei
Die börsennotierte Varta AG ist das einzige Unternehmen, das sich öffentlich zur Ausschreibung bekennt. Das Bundeswirtschaftsministerium nannte am Montag keine Namen, doch neben Varta ist ein weiterer Bewerber ziemlich sicher dabei: Der Batteriehersteller BMZ will gemeinsam mit den Produzenten von Elektrofahrzeugen e.GO und Streetscooter in Nordrhein-Westfalen eine Zellfertigung etablieren, womöglich mit Hilfe der Ford-Werke in Köln.
Auch Volkswagen bemüht sich um die Steuergelder. Man habe "Interesse an der Forschungsförderung beim Bundesministerium für Wirtschaft und Energie bekundet", teilte der Konzern mit. Der Autohersteller kooperiert mit der südkoreanischen SKI und will drei Batteriezellenproduktionen aufbauen, hierzulande kommt dafür der VW-Standort Salzgitter in Betracht. Volkswagen forciert die Transformation vom Verbrennungs- zum Elektromotor wie kein zweiter Hersteller und braucht dazu bis Mitte des nächsten Jahrzehnts die Kapazität von mindestens drei großen Zellenfabriken. Angeblich will VW bis Ostern Auskunft geben über die konkreten Projekte und Standorte.
CATL baut Fabrik in Erfurt
Der Zellenmarkt wird dominiert von einem halben Dutzend asiatischer Hersteller, die auch die deutschen Autokonzerne beliefern und zunehmend in Europa investieren. Samsung, LG Chem und SKI bauen derzeit Fabriken in Polen und Ungarn, die chinesische CATL hat sich für einen Standort bei Erfurt entschieden, von dem aus auch BMW beliefert wird. BMW baut Elektroautos in Leipzig.
Die Politik hat die Zellenfertigung als Schlüsselindustrie ausgemacht und deshalb mehr als eine halbe Milliarde Euro in den vergangenen zehn Jahren in die Forschung gesteckt. Was hierzulande fehlt, ist eine Zellfertigung für Autobatterien. Varta ist weltweit führend bei kleinen Akkus für Hörgeräte und Kopfhörer, hat aber keine Erfahrung mit den großformatigen Zellen für Autobatterien.
Der Bund finanziert auch eine Forschungsfabrik
„Wenn wir gute Arbeitsplätze in der Industrie erhalten und neue schaffen wollen, müssen wir bei der innovativen Batteriezellfertigung führend sein“, sagte Wirtschaftsminister Altmaier. Deshalb wird auch eine so genannte Forschungsfabrik mit bis zu 600 Millionen Euro gefördert. Auch hier läuft derzeit die Ausschreibung, bis Ende Juni soll entschieden werden, wo die neue Einrichtung entsteht. Beworben haben sich Dresden, Ulm/Karlsruhe, Münster, Achen, München, Braunschweig und Itzehoe.