Edeka-Chef von Berlin und Brandenburg: "Wir setzen alles daran, nicht alle Preiserhöhungen weiterzugeben"
Mark Rosenkranz, Chef der Edeka-Regionalgesellschaft Minden-Hannover, über steigende Preise, leere Regale und Ausbaupläne in der Region.
Mark Rosenkranz weiß, was seine Kundschaft umtreibt: „Der Preis ist wieder heiß“, sagt der Vorstandssprecher der Edeka Minden Hannover. Am Mittwoch hatte das Statistische Bundesamt eine Inflationsrate von 7,4 Prozent für den April gemeldet, Nahrungsmittel haben sich dabei sogar um 8,6 Prozent verteuert. Im Schnitt. Öle kosten jetzt 27 Prozent, Fleisch fast zwölf Prozent mehr als vor einem Jahr. Das geht an den Kunden und an den Händlern nicht spurlos vorüber. „Alle buhlen um die Gunst der Verbraucher“, sagte Rosenkranz am Donnerstag bei Vorstellung der Jahreszahlen in Minden, „und das geht vor allem über den Preis“.
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Rosenkranz weiß, wovon er spricht. Edeka ist der größte Lebensmitteleinzelhändler in Deutschland, die Regionalgesellschaft Minden-Hannover, zu der die Edeka-Märkte, die Edeka-Center, die NP- und Marktkauffilialen in Berlin und Brandenburg gehören, ist die umsatzstärkste Regionalgesellschaft im genossenschaftlichen Verbund. Elf Milliarden Euro haben die knapp 78.000 Märkte im Corona-Jahr 2021 umgesetzt, ein Plus von 3,5 Prozent. Von den pandemiebedingten Lockdowns haben deutschlandweit alle Lebensmittelhändler profitiert, auch der Marktführer. Die Tatsache, dass die Menschen monatelang nicht ins Restaurant konnten und statt in der Kantine im Homeoffice gegessen haben, hat auch der Edeka Minden Hannover prächtige Gewinne beschert. Das Ergebnis vor Steuern stieg um 27 Prozent auf 215 Millionen Euro.
Kampfansage: Kerrygold-Butter für 1,49 Euro
Doch nun werden die Karten neu gemischt. Rosenkranz ist froh, wenn er in diesem Jahr die Umsätze des Vorjahres halten kann. „Wir setzen alles daran, nicht alle Preiserhöhungen weiterzugeben“, verspricht der Manager. Rewe-Chef Lionel Souque hatte vor kurzem berichtet, auf einen dreistelligen Millionenbetrag verzichtet zu haben, um Preiserhöhungen abzubremsen.
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Auch Edeka stellt sich dem Preiskampf: 7000 Artikel der Marke „Gut und Günstig“ sind nicht teurer als beim Discounter, versichert Rosenkranz. Er hat nicht nur Aldi und Lidl im Blick, sondern auch Kaufland. Denn die Supermarktkette hat wie Edeka ein größeres Sortiment als die Discounter und ist vor allem in Berlin mit seinen vielen Filialen ein harter Konkurrent. Eine deutliche Kampfansage hatte Edeka vor Ostern an all seine Wettbewerber geschickt. Das Päckchen Kerrygold-Butter gab es in den Märkten vorübergehend für 1,49 Euro und damit deutlich billiger als anderswo.
Die Kunden reagieren: Sie kaufen verstärkt Produkte der „Gut und Günstig“- Reihe. Rindfleisch, das in den vergangenen Wochen sichtbar teurer geworden ist, bleibt jetzt liegen, dafür greifen die Kunden jetzt wieder mehr zum günstigeren Schweinefleisch, wenn sie überhaupt noch Fleisch kaufen.
Bessere Tierhaltung, mehr Bio
Um bessere Haltungsbedingungen zu unterstützen, verkauft Edeka jetzt bei Schwein und Geflügel nur noch Produkte der Haltungsstufe zwei, bei der die Tiere etwas mehr Platz haben als gesetzlich vorgeschrieben. In Zukunft sollen die Anforderungen weiter steigen und Fleisch nur noch aus den Haltungsstufen drei und vier kommen. Doch wann das realisierbar ist, lässt Rosenkranz offen.
Klar ist: Nicht nur beim Fleisch soll es mehr Bio geben. Bio-Lebensmittel sollen in diesem Jahr generell um 20 Prozent zulegen. Schon bald will die Gruppe eigene Bio-Backwaren herstellen und diese im Selbstbedienungsbereich, bei der Tochter Schäfer’s oder als Tiefkühlware anbieten. Zudem denkt man darüber nach, dass die eigene Fleischerfirma „Bauerngut“ künftig auch Fleischersatzprodukte herstellen soll.
Edeka-Warenkorb: Preise steigen um fünf Prozent
Verglichen mit den Zahlen des Statistischen Bundesamts kommen Edeka-Kunden aber günstiger davon, betont Rosenkranz. Edeka hat einen eigenen Warenkorb zusammengestellt, gefüllt mit den meistverkauften Produkten der Handelskette. Für den Edeka-Warenkorb stiegen die Preise im März verglichen mit dem Vorjahr um 4,8 Prozent, im April um rund fünf Prozent.
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Aber nicht nur der Preis, auch die Verfügbarkeit ist ein wichtiger Punkt im Kampf um die Kunden. Hier hatten selbst Mitglieder der Genossenschaft den Eindruck, dass die Regale bei Edeka weniger gut gefüllt waren als etwa bei den Discountern. Rosenkranz hat daraufhin über Wochen Stichproben machen lassen und kommt zu dem Schluss, dass der Eindruck täuscht. Zudem scheint sich die Lage auch wieder zu entspannen. Selbst Sonnenblumenöl ist wieder da. „Jeder kann Öl und Nudeln kaufen“, betont Rosenkranz, auch der Engpass beim Mehl habe sich relativiert. „Die Lebensmittel-Versorgung ist sichergestellt“, sagt er, man müsse sich aber daran gewöhnen, dass nicht mehr alles zu jeder Zeit in allen Varianten zu haben ist.
Was Edeka in Berlin und Brandenburg plant
Trotz der angespannten Lage will Rosenkranz investieren. 2021 stieg die Zahl der Märkte bereits von 1469 auf 1480. Unter den Neu-Standorten finden sich auch „Leuchttürme“ wie das Edeka-Center Heerstraße in Berlin-Spandau. In Schwedt, Falkensee und Rangsdorf will Edeka in diesem Jahr die heutigen Real-Standorte übernehmen. Die Real-Filialen in Teltow und Potsdam gehören bereits seit dem vergangenen Jahr zu Edeka und sind an einigen Stellen modernisiert worden. Jetzt steht der grundlegende Umbau an. Das E Center Potsdam wird ab der nächsten Woche für vier Wochen geschlossen und umgebaut, Teltow voraussichtlich in der zweiten Jahreshälfte.
477 Millionen Euro will Edeka Minden Hannover in diesem Jahr investieren, 18 Millionen Euro mehr als im Vorjahr. Die NP-Filialen verschwinden und werden zu „Nah und gut“-Märkten, die einstigen Kaiser’s Tengelmann-Standorte sollen von den Marktleitern als Existenzgründer übernommen werden. Vorantreiben will Edeka auch den bargeldlosen Einkauf, den „Easy Shopper“, bei dem Kunden die Waren scannen, bevor sie sie in den Einkaufskorb legen und am Ende per Kreditkarte oder Lastschrift zahlen.
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