„Wer soll das bezahlen?“: Rewe-Chef warnt vor zu teuren Lebensmitteln
Man kann nicht alles nach hinten an den Letzten weitergeben, sagt Lionel Souque. Der Rewe-Chef kündigt Widerstand in den Verhandlungen mit den Lieferanten an.
Lionel Souque ist ein Freund der klaren Worte – auch wenn es um die steigenden Preise für Lebensmittel geht. „Es ist totaler Schwachsinn zu glauben, dass wir alles nach hinten an den Letzten weitergeben können“, sagte der Chef des Handels- und Touristikkonzerns Rewe am Dienstag in Köln. „Wer soll das bezahlen?“, fragt der Franzose mit Blick auf die Sorgen vieler Bundesbürger, denen angesichts steigender Preise für Energie und Lebensmittel immer weniger Geld zum Leben bleibt.
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Das sind ungewohnte Töne in einer Branche, die Verbraucher seit Wochen auf immer neue Preiserhöhungswellen für Lebensmittel einstimmt. So hatte Aldi am Montag erneut die Preise für zahlreiche Produkte heraufgesetzt, zum dritten Mal innerhalb von vier Wochen.
Vor allem Milchprodukte und Chips werden teurer
Vor allem Butter, Jogurt, Milch, Chips und Kaffee sind teurer geworden. Auch Edeka und Lidl haben die Preise erhöht. Trotz steigender Rohstoff- und Energiepreise hält Souque das aber nicht für einen Automatismus: Vor allem die Preisvorstellungen der großen multinationalen börsennotierten Konzerne will er nicht kampflos akzeptieren. Nicht jede Forderung sei berechtigt, meint der Konzernchef.
Die Preisverhandlungen werden hart geführt. So wollen die Einkäufer auf Seiten von Rewe von den Lieferanten wissen, was sie getan haben, um die Kosten niedrig zu halten. Haben sie sich vertraglich vergleichsweise günstige Preise für Energie und Rohstoffe langfristig gesichert oder kaufen sie kurzfristig zu den aktuell schlechten Konditionen ein?
Rewe selbst drückt seine Energiekosten, indem sich der Konzern an einem Offshore-Windpark in der Nordsee beteiligt hat und die Energiepreise mit den Betreibern für zehn Jahre festgelegt hat. Seit 2008 arbeiten die Märkte ohnedies nur noch mit Grünstrom.
Trotz der harten Verhandlungen mit den Lieferanten hat auch Rewe für Milchprodukte, Kaffee und Nudeln die Preise heraufgesetzt. Die Erhöhungen sind jedoch niedriger ausgefallen als eigentlich nötig wäre, sagt Souque – auf Kosten der eigenen Gewinnmarge. Man habe auf einen dreistelligen Millionenbetrag verzichtet, um die Preisaufschläge zu begrenzen. „Wir haben im letzten Jahr genug verdient“, räumt der Rewe-Chef ein.
Die Umsätze aus fortgeführten Geschäften stiegen 2021 in der Gruppe um 2,5 Prozent auf 76,5 Milliarden Euro. Im Supermarkt-Geschäft in Deutschland legten die Umsätze – ohne die Einnahmen der selbstständigen Kaufleute – um 0,9 Prozent auf 26,7 Milliarden Euro zu, die Discount-Tochter Penny blieb mit einem Umsatz von acht Milliarden Euro in Deutschland auf Vorjahresniveau.
Der Konzern verbuchte deutliche Gewinnzuwächse. Das operative Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen wuchs um 22 Prozent auf 1,49 Milliarden Euro, unterm Strich blieben 756 Millionen Euro in der Kasse – ein Plus von 82 Prozent.
Rewe vergleicht sich mit Aldi
Dass die Sorge vor teuren Lebensmitteln die Menschen verstärkt zu den Discountern treibt, glaubt Souque nicht. Die Rewe-Supermärkte verkaufen inzwischen 800 Produkte der Billiglinie „Ja“ auf Discounterniveau. Die Preispolitik von Aldi haben die Konkurrenten aus Köln dabei stets im Blick, auch bei Markenartikeln. Der Anspruch: „Jeder kann bei Rewe genauso günstig kaufen wie bei Aldi“, sagt Souque.
Für Hamsterkäufe hat der Franzose kein Verständnis. „Wenn alle vernünftig einkaufen, ist genug da“, betont er - und bezieht das weitgehend ausverkaufte Sonnenblumenöl ausdrücklich mit ein. In Frankreich, Polen oder Spanien gibt es keinerlei Engpässe, berichtet der Konzernchef.
Schon vor dem Angriff Russlands auf die Ukraine hatte sich Rewe aus den Märkten zurückgezogen. 2020 verkaufte der Konzern seine 32 Märkte in der Ukraine, im Jahr darauf die 161 Märkte in Russland. Man wollte sich aus den politisch und wirtschaftlich schwierigen Ländern zurückziehen, berichtet Souque und ist heute froh über diesen Schritt: „Man muss im Nachhinein sagen, das waren verdammt gute Entscheidungen auch mit ein bisschen Glück.“
Das Reisegeschäft erholt sich
Das Tourismusgeschäft ist bislang durch den Krieg nicht in Mitleidenschaft gezogen worden, betont Sören Hartmann, Chef der Reisesparte des Konzerns (DER, Jahn Reisen, ITS).
Zwar habe es in der ersten Kriegswoche eine gewisse Zurückhaltung bei den Buchungen gegeben, doch in der vergangenen Woche hätten die Buchungen schon wieder um 30 Prozent über dem entsprechenden Zeitraum aus dem Vor-Coronajahr 2019 gelegen. Hartmann rechnet nach zwei verlustreichen Jahren in diesem Jahr mit einer schwarzen Null und einer Rückkehr des Sommergeschäfts auf 80 Prozent eines normalen Sommers.
Wegen der steigenden Preise für Sprit erwartet der Manager, dass auf Reisende erneut ein Kerosinzuschlag zukommen könnte. Auf der Mittelstrecke würden die Kunden wahrscheinlich einen Aufschlag von 50 Euro akzeptieren. Wer dem entgehen will, sollte nicht zu lange warten: „Wer zügig bucht, kommt noch zu den alten Kerosin-Preisen weg.“
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