McDonalds-Chef über Umweltschutz: "Wir geben nicht vor, die Welt zu retten"
McDonald's hat zehn Tage in Berlin getestet, wie Plastik vermieden werden kann. Im Interview spricht der Deutschland-Chef der Kette über die Erkenntnisse.
Herr Beeck, Sie haben in der Mall of Berlin zehn Tage lang getestet, wie McDonald’s Verpackungsmüll vermeiden kann. Wie fällt Ihre Bilanz aus?
Als ich heute Morgen hier ankam, habe ich als erstes mit unseren Mitarbeitern gesprochen. Und ich war sehr überrascht darüber, wie positiv ihr Feedback war. In der Küche, im Service und operativ – es lief insgesamt sehr gut. Wir hatten durchaus vorab Bedenken, ob es gut zu stemmen ist.
Hand aufs Herz: Ist diese Umwelt-Offensive von McDonald‘s ganz freiwillig oder auch einfach strengerer Gesetzgebung geschuldet?
Wir sind in der Tat aufgerufen, für kommende Gesetzteslagen Lösungen zu finden. Unser Ziel ist es aber immer, dies frühzeitig zu tun. Und für uns ist auch klar: Es braucht Lösungen, die das Geschäft nicht negativ beeinflussen. Es braucht kreative, gute Lösungen, die im besten Fall sogar dafür sorgen, dass es im Anschluss besser läuft. Denn nur das ist nachhaltig.
Ist es für McDonalds nicht auch einfach eine tolle Image-Pflege, den Umweltschützer zu geben?
Wir geben mit Sicherheit nicht vor, die Welt zu retten. Wir können selber ein Stückchen besser werden. Das sind schon ehrliche Bestrebungen bei uns. Und ich bin fest davon überzeugt, dass insbesondere unsere jungen Mitarbeiter uns da in die richtige Richtung bringen. Gerade für sie sind diese Themen hochrelevant und wir bieten ihnen genug Freiheit, sich mit einzubringen.
Wie fanden es die Kunden den Test in der Mall of Berlin?
Häufig ist es schwer, die Meinung der Gäste zu erfahren. In diesem Fall war es ganz anders. Viele wollten Stellung nehmen, wahrscheinlich, weil das Thema derzeit so bewegt. Und auch das Feedback war positiv.
Was aus dieser Phase werden Sie jetzt konkret umsetzen?
Zum Beispiel werden wir die Verpackung unseres McFlurry ändern. Ein äußerst populäres Produkt. (Er greift zu einem Plastikdeckel und Plastiklöffel) Das ist die herkömmliche Verpackung. Im nächsten Jahr werden wir den Plastikdeckel und den Löffel abschaffen. Es wird einen neuen Papierbecher geben. (Er zeigt auf einen Becher aus Pappe mit Holzlöffel) Der Becher kommt erstklassig an. Zwar leicht beschichtet, aber insgesamt deutlich weniger Plastik.
Was kommt noch?
Unsere Milchshake-Becher werden ebenfalls im nächsten Jahr auf eine Papierlösung umgestellt. Der Plastikstrohhalm wird wegfallen. Und auch der McSundae bekommt eine nachhaltigere Verpackung. Hier denken wir eventuell über eine organische Lösung mit Waffel oder Papier nach. Noch nicht entschieden aber weiterverfolgen werden wir das Thema Umstellung der Salatverpackungen. Hier waren wir überrascht wie positiv die Papierlösung ankam. Und auch das Papier zum einwickeln der Burger mit 30 Prozent Grasanteil hat die Gäste begeistert. Das müssen wir aber noch einmal länger testen. Gilt übrigens auch für die Papierstrohhalme – sowohl bei Shakes als auch Kaltgetränken müssen wir noch einmal nachbessern.
Die werden nicht weich?
Ja genau. Diese hier schon. Aber da werden wir noch gute Alternativen finden. Aber es geht auch ums Weglassen. Wir werden unsere Gäste vermutlich in Zukunft bei Kaltgetränken fragen: Möchtest du einen Strohhalm oder nicht? Die meisten sagen dann, sie brauchen gar keinen.
Pappe ist ja nicht gleich Pappe und jede Beschichtung hat andere Vor- und Nachteile. Auf welche Materialien genau setzen Sie bei den neuen Verpackungen?
Wir fragen uns zunächst immer, ob man bei einem Produkt ganz auf die Verpackung verzichtet kann. Wenn dies nicht möglich ist, liegt unsere Präferenz immer auf papierbasierten Verpackungen, für die soweit wie möglich recycelte Fasern eingesetzt werden. Frischfasern stammen zu 100% aus zertifizierten Quellen (FSC oder PEFC). Erst wenn beide Optionen nicht machbar sind, setzen wir auf Kunststoffe oder Verbunde. Auch hier setzen wir bevorzugt Rezyklate (rPET) oder Monomaterialien, insbesondere PET ein. Unabhängig vom Material werden alle Verpackungen auch regelmäßig bezüglich der eingesetzten Rohstoffmenge optimiert, mit dem Ziel möglichst wenig Material für eine Verpackung einzusetzen.
Welche Umstellungen sind bei den Gästen nicht gut angekommen?
Der vorgestellte Holzlöffel beim McFlurry wurde sehr kritisch bewertet. Er verändert in den Augen vieler Gäste das Geschmacksprofil zu stark. Da müssen wir nacharbeiten, was wir auch tun werden. Wir sind uns als größtes Restaurant-Unternehmen in Deutschland unserer Verantwortung bewusst. Aber wir müssen bei allen Maßnahmen immer auch unsere Gäste mitnehmen. Sonst sind die Lösungen nicht nahhaltig.
Wie viel Verpackung will McDonalds durch diese Maßnahmen einsparen?
Wir erwarten, dass wir durch die Schritte in diesem und nächsten Jahr insgesamt ca. 1000 Tonnen pro Jahr weniger Plastik verbrauchen.
Sie wollen diesen ersten Schritt „relativ zügig“ einführen, sagten Sie. Wann ist das?
Schon in diesem Jahr werden wir zum Beispiel die Luftballonhalter aus Plastik abschaffen. Zudem werden wir Verpackung einsparen bei den 4-er Chicken McNuggets. Der Großteil der Maßnahmen kommt dann im nächsten Jahr wenn wir den Dessertbereich auf nachhaltigere Verpackungen umstellen.
Was ist mit dem Abfall, den der Kunde nicht sieht? Müll, der in der Küche oder bei der Zulieferung anfällt. Unternehmen Sie auch hier Vermeidungsstrategien?
Unsere Buns und der Salat werden schon seit vielen Jahren in Mehrwegkörben ins Restaurant geliefert, das funktioniert sehr gut. Und wir prüfen fortwährend, wo in der Küche Verpackungen eingespart werden können. Natürlich müssen Sie dabei immer die Balance zwischen Verpackungsreduzierung auf der einen und Vermeidung von Lebensmittelabfällen auf der anderen Seite im Auge zu haben. Verpackungsgrößen in der Küche sollten möglichst genau dem entsprechen, was bis zum Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums verbraucht wird. Denn sind Verpackungen zu groß, können Lebensmittel schnell schlecht werden und landen in der Tonne. Sind Verpackungen zu klein, wird unnötiger Verpackungsmüll produziert.
Wie viel Prozent des McDonald‘s-Mülls fallen denn beim Kunden an und wie viel Prozent „hinten“, da wo der Kunde es nicht sieht?
Beim Gast fallen rund zwei Drittel des Verpackungsabfalls an, das andere Drittel „hinten“.
Warum wird das Essen von McDonalds, das im Restaurant gegessen wird, überhaupt verpackt? Warum wird es nicht auf Tellern serviert?
Dafür gibt es viele systemische Gründe. Sie brauchen für Porzellangeschirr sehr viel Platz. Außerdem machen Teller alle Prozesse langsamer – und unsere Gäste erwarten von uns Geschwindigkeit.
Wie wichtig ist das Liefer-Geschäft für Sie?
Zunehmend wichtig. 173 unserer Restaurants bieten Lieferservice an. Das Segment wächst deutlich. Wir würden gerne aus mehr Restaurants liefern, aber wir arbeiten dabei ja mit Partnern zusammen. Durch die Übernahme von Delivery Heros Deutschland-Geschäft durch die Lieferando-Mutterfirma Takeaway kommt es hier zu Umstellungen, die etwas Zeit brauchen, aber wir werden das Lieferangebot nach deren Konsolidierung weiter ausbauen.
McDonalds hätte die nötige Größe und Verbreitung, ein Pfandsystem für To-Go-Behälter einzuführen. Denken Sie über so etwas nach?
Wir arbeiten in 33 Restaurants bereits mit dem Start-up „Recup“ zusammen, das ein Pfandsystem für Kaffeebecher etwa in Bäckereien und Einzelhandel aufbaut. Natürlich sind wir interessiert an einem Partner, der ein bundesweites Pfandsystem einführen kann. Aber es ist nicht einfach 1500 Restaurants in so etwas zu integrieren. Die Tests mit "Recup" werden wir aber kontinuierlich ausweiten.
Warum machen Sie es nicht einfach selbst?
„Schuster bleib‘ bei deinen Leisten“ würde ich hier sagen. Unsere Stärke sind die Restaurants, für andere Services holen wir wie auch beim Liefer-Geschäft Experten, die ihre Stärken ausspielen können. Im Übrigen kann man schon lange im McCafe seinen eigenen Becher mitbringen und bekommt den Kaffee dann sogar 10 Cent günstiger.
Plastik ist zum Synonym für Umweltverschmutzung geworden. Es gibt aber auch Stimmen, die die Vorteile von Plastik betonen und davor warnen, es unisono zu verdammen. Wie stehen Sie dazu?
Erstens: Es muss erlaubt sein, kontrovers zu diskutieren. Zweitens: Es wird sich nichts allein durch Verbote lösen lassen. Es braucht einen Anstoß durch die Politik, aber man muss durch Innovationen etwas verändern. Wenn wir etwas einführen, muss das nachweislich und wissenschaftlich erwiesen einen Nutzen für die Umwelt haben. Und es darf nicht einfach nur irgendeiner Ideologie geschuldet sein.
Ist in Deutschland zu viel Ideologie in der Umweltpolitik?
Was wir hier in Deutschland für den Umweltschutz ausgeben, ist fraglos gut angelegt. Aber beim Thema Klima- und Umweltschutz müssen Sie eigentlich internationaler denken. Nur mal ein Gedanke: Vielleicht wäre es sinnvoller, wenn wir zumindest mit einem Teil des Geldes in Länder investieren würden, die direkt am Meer liegen und noch kein gutes Abfall- und Recyclingsystem besitzen. Mit den Mitteln und gutem fachlichen Know-How könnte man adäquate Systeme dort aufbauen. Das würde im Hinblick auf Plastikmüll im Meer vermutlich schneller und direkter helfen. Vielleicht eine steile These, aber davon bin ich fest überzeugt.
Wenn man Nachhaltigkeit über den Müll-Aspekt hinaus denkt, muss ich auf das letzte Interview zu sprechen kommen, das Sie dem Tagesspiegel gegeben haben. Damals sagten Sie, es wäre derzeit nicht machbar, Bio-Fleisch bei McDonalds anzubieten, Sie würden das aber weiter beobachten. Was hat die Beobachtung seitdem ergeben?
Wir hatten Bio-Rindfleisch für einen begrenzten Zeitraum im Angebot. Das war allerdings nicht wirtschaftlich. Es ist nach wie vor eine Nische. Insofern sehe ich im Moment noch keine Möglichkeit, in der Größenordnung, die wir nun mal haben, Bio-Fleisch zu verwenden. Aber wir haben mittlerweile einen veganen Burger im Programm, um den steigenden Bedarf an Alternativen zu Fleisch zu befriedigen. Dieser erfüllt bis dato seine Erwartungen.
Um den Hersteller Beyond Meat ist zuletzt ein wahrer Hype entstanden. Wie blicken Sie auf diese Entwicklung?
Ich habe ihn probiert; ob das an der Börse eine „Vegan-Blase“ ist, kann ich deshalb aber noch lange nicht beurteilen. Ich selbst bin ohnehin eher der Fleischesser. Aber meine Frau, die ihren Fleischkonsum reduzieren will, isst auch gerne mal einen fleischlosen Burger. Aber natürlich lieber den bei uns, der schmeckt ja auch besser (lacht).
Holger Beeck (60) wurde in Halle geboren und wuchs in der DDR auf. 1984 siedelte er mit seiner Familie nach Westdeutschland über und begann dort als Assistant Manager bei McDonald‘s. Drei Jahre später übernahm er die Leitung einer Filiale in Mönchengladbach. Seitdem war er in verschiedenen Positionen für McDonald’s tätig, unter anderem führte er das Konzept McCafé ein. Seit 2008 verantwortet er das Deutschland-Geschäft von McDonalds.