Die Technik holt auf: Wie Roboter die Wirtschaft verändern
In der industriellen Fertigung kommen Roboter seit vielen Jahren zum Einsatz. Jetzt erobern sie andere Bereiche – auch das Private.
Irgendwie gehört der kleine Putzteufel schon fast zur Familie. Wenn Daniela Grötzinger am Morgen mit Mann und Kindern das Haus verlässt, hat „Staubi“ seinen großen Einsatz: Tagein, tagaus fährt die Edelstahlscheibe auf vier Rädern dann in konzentrischen Kreisen den Küchen- und Wohnzimmerboden ab und macht Wollmäusen und Krümeln den Garaus. Nach getaner Arbeit zieht sich der Putzhelfer diskret zurück in seine Ladestation und versorgt seine Akkus automatisch mit Strom.
Roboter wie dieser und andere Automaten sind im Privaten wie in der Wirtschaftswelt auf dem Vormarsch. Ob in der eigenen Immobilie, der Landwirtschaft, der Sicherheitsbranche, der Gastronomie, der Medizin, dem Handel oder der Industrie: Die künstliche Intelligenz ist dabei, sich in allen Bereichen des Lebens zu etablieren. Laut Prognose des Fachverbandes Robotik und Automation (VDMA) werden im Jahr 2015 rund um den Globus mehr als 1,5 Millionen Roboter im Einsatz sein – wobei vor allem die „Servicerobotik“ als Markt mit großem Wachstumspotenzial gilt.
2025 sollen Roboter zentraler Teil der Wertschöpfungskette sein
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) subsummiert unter dem Begriff all jene Apparate, die mithilfe von künstlicher Intelligenz gesteuert werden und außerhalb der industriellen Fertigung quasi als Dienstleister zum Einsatz kommen. Sie sollen dem Mensch Arbeit komplett oder teilweise abnehmen oder ihn bei der Verrichtung von bestimmten Tätigkeiten unterstützen. „Für das Jahr 2025 darf erwartet werden, dass die Servicerobotik zum zentralen Element in Wertschöpfungsketten wird und einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil für die deutsche Wirtschaft darstellt“, heißt es in einer Prognose des Ministeriums.
Schon jetzt sind laut BMWi mehr als 100 000 solcher Roboter auf dem Markt. Im Kuhstall zum Beispiel können vollautomatische Melkmaschinen die Landwirte von körperlicher Anstrengung und hohem Zeitaufwand entlasten. Derartige Maschinen melken Kühe mithilfe von Lasern und Sensoren nicht nur völlig autonom, sondern sind auch in der Lage, einwandfreie Milch von Flüssigkeit mit Schadstoffen zu unterscheiden und voneinander zu trennen. Sogar die Vitaldaten der Kuh werden von dem Roboter überwacht. Die Technik hat ihren Preis: Melkroboter kosten 150 000 Euro aufwärts.
In Berlin operieren Ärzte bereits mit Robotern
Auch in der Gesundheitsbranche kommen verstärkt Roboter zum Einsatz. Der Berliner Oberarzt und Chirurg Colin M. Krüger etwa operiert am Vivantes Humboldt Klinikum in Reinickendorf seit Anfang des Jahres zusammen mit dem vierarmigen Roboter „DaVinci®“ Patienten minimal-invasiv mit gut- oder bösartigen Tumoren an Magen, Darm und Bauchspeicheldrüse. Rund zwei Millionen Euro hat der Roboter das Krankenhaus gekostet – etwa 180 000 Euro Wartungskosten pro Jahr kommen dazu. Derzeit wird wissenschaftlich untersucht, ob und in welcher Weise die Patienten vom Einsatz des neues Gerätes profitieren. Für Krüger hat der Roboter vor allem einen Nutzen: „Er macht einzelne Operationsschritte wie das schichtgerechte Präparieren und Nähen im Bauchraum noch präziser“, sagt er.
Woran Techniker derzeit basteln
Der Arzt kommt gerade zurück aus den USA, wo er zusammen mit dem Marketingchef des Berliner Medizintechnikunternehmens „World of Medicine“ (WOM) Stefan Kürbis in San Francisco den amerikanischen Chirurgen-Kongress (ACS) besucht hat. „In den vergangenen drei Jahren galt Robotik in unserem Bereich eher als experimentell“, sagt Krüger. „In diesem Jahr war das Thema bei Vorlesungen und Workshops fester Bestandteil.“ Obwohl auch in seiner Branche immer mehr künstliche Intelligenz zum Einsatz kommt, ist er sich sicher, dass sie den Menschen im Operationssaal niemals vollständig ersetzen, sondern nur ergänzen wird.
Für WOM-Marketing-Chef Kürbis ging es in San Francisco darum, wie sich die Operationsgeräte, die sein Unternehmen anbietet, künftig in Roboter wie „DaVinci®“ integrieren lassen. In Berlin unterhält das international tätige Unternehmen am Salzufer einen Forschungs- und Entwicklungsbereich mit derzeit 59 Mitarbeitern. Zwei Jahre, schätzt Kürbis, werde eine entsprechende Weiterentwicklung der Maschine dauern.
Die Japaner arbeiten an einem Roboter, der Zeichensprache beherrscht
In Japan optimieren Ingenieure des Technikkonzerns Toshiba derzeit den Prototyp eines Roboters, der wie ein Mensch aussieht, sprechen kann, Hände und Arme bewegt und eine japanische Zeichensprache beherrscht. Der Humanoide in Gestalt einer jungen Frau soll bei den Olympischen Spielen 2020 in Tokio unter anderem für die Betreuung von Besuchern eingesetzt werden. Später soll der Roboter auch in der Kranken- und Altenpflege seinen Dienst tun.
Ebenfalls in Japan will der Schweizer Lebensmittelkonzern „Nestlé“ ab Dezember 1000 Roboter Kaffeemaschinen verkaufen lassen. Die „Pepper“ sollen in großen Supermärkten zum Einsatz kommen, interaktiv mit Kunden kommunizieren und sich auch untereinander austauschen können.
Auch das Kinderzimmer könnte bald ein Roboter aufräumen
Ob es „Squirrel“ jemals in die Elektronikabteilungen der Einzelhändler schafft, steht dagegen noch in den Sternen. Die Entwicklung des Aufräum- und Sortierroboters ist eines von zahlreichen Forschungsprojekten am Stuttgarter Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA). Der ebenfalls menschlich anmutende „Squirrel“ soll eines Tages in der Lage sein, unaufgeräumte Kinderzimmer und ähnlich chaotische Örtlichkeiten selbstständig in einen Hort der Ordnung zu verwandeln.
Was der erwachsene Mensch ohne großes Nachdenken bewerkstelligen könne, stelle Serviceroboter wie Squirrel mithin vor schwierige Aufgaben, sagt Ingenieur Jens Lambrecht von der Technischen Universität (TU) Berlin. Der wissenschaftliche Mitarbeiter am Fachbereich Industrielle Automatisierungstechnik erforscht unter anderem, wie menschliche Bewegungsabläufe und Gesten auf Roboter übertragen werden können. „In der Industrie erledigen Maschinen klar definierte Aufgaben immer nach demselben Muster in einer unveränderlichen Umgebung“, erläutert der Wissenschaftler. Ein Haushalt dagegen sei mit all seinen Hindernissen und möglichen Veränderungen ein sehr komplexes System, das enorm hohe Anforderungen an künstliche Intelligenz stelle. Wenngleich Roboter heutzutage schon einiges könnten, was noch vor Jahren unvorstellbar war, dämpft Lambrecht allzu hohe Erwartungen an die Roboter von morgen. „An die kognitiven Fähigkeiten des Menschen, seine Fähigkeit zur Abstraktion und an die feine Sensorik seiner Nervenzellen wird eine Maschine niemals heranreichen“, ist sich der Wissenschaftler sicher.
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