Hightech in der Landwirtschaft: Roboter erobern die Bauernhöfe
Ob beim Säen, beim Ernten und im Stall: Moderne Technik kann Landwirte entlasten – vor allem bei eintöniger Arbeit.
Mit ruckartigen Bewegungen marschiert die Gruppe achtbeiniger Roboter über das Feld. Immer wieder halten sie inne, fahren den Bohrer aus und setzen die Saat in den Boden. Von einem Landwirt ist weit und breit nichts zu sehen. Dieser kleine Ausblick in die Zukunft des Ackerbaus stammt von der US-Robotik-Firma „Dorhout Research and Development“. Die kleinen Roboter, die etwas an Spinnen erinnern, säen eigenständig Samen und kommunizieren dabei miteinander. Die Idee dafür haben sich die Entwickler bei den Ameisen abgeschaut. Bei der Nahrungssuche markieren die Tiere ihre Wege mit Duftstoffen, die Artgenossen müssen dieser Spur nur noch folgen. Ähnlich arbeiten die Roboter, über versprühte Markierungen „sprechen“ sie sich bei der Arbeit ab. Eine doppelte Aussaat wird so vermieden.
Bis man die Robospinnen auf deutschen Feldern sieht, wird noch einige Zeit vergehen. Bisher würden die Anschaffungskosten die Finanzmittel eines durchschnittlichen Bauernhofs weit übersteigen. „Langfristig werden Roboter aus der Landwirtschaft aber nicht mehr wegzudenken sein“, sagt Ludger Frerichs, Leiter des Instituts für mobile Maschinen und Nutzfahrzeuge an der TU Braunschweig.
Immer aufmerksam
Gerade schwere und eintönige Arbeiten könnten Roboter auch in der Landwirtschaft übernehmen. In der Industrie ist das längst üblich. „Anwendungen gibt es in der Land- und Forstwirtschaft genug, von der Aussaat über das Düngen und den Pflanzenschutz bis hin zum Ernten“, sagt Frerichs. Durch den Einsatz von Robotern ließe sich Geld sparen, die Hightechhelfer können über lange Zeit ermüdungsfrei präziser arbeiten. Sie kommen dadurch beispielsweise mit weniger Spritzmittel und Dünger aus. Zudem entstehen geringere Lohnkosten. „Außerdem gibt es in der Landwirtschaft einen zunehmenden Fachkräftemangel“, sagt der Wissenschaftler.
Vielversprechende Ansätze gibt es beispielsweise im Obst- und Gemüseanbau. So können Obstbäume von Robotern bewässert und abgeerntet werden. Selbst empfindliche Früchte wie Erdbeeren sind keine größere Herausforderung. Ernteroboter können sogar zwischen reifen und noch unreifen Früchten unterscheiden. Pflücken ausschließlich Menschen, geht knapp die Hälfte aller Erdbeeren verloren, vor allem weil der richtige Zeitpunkt zur Ernte verpasst wird.
Über 100 000 Euro für einen Melkroboter
In einem anderen Anwendungsfeld ist die Robotik schon weiter: im Kuhstall. Fast jede zweite neu angeschaffte Melkmaschine ist inzwischen ein Roboter, die Kosten dafür liegen bei über 100 000 Euro. Wirtschaftlich lohnt sich der Melkroboter schon ab einer Herdengröße von 60 bis 70 Tieren. „Für die Tiere ist die Automatik kein Problem, sie gewöhnen sich schnell an die Melkroboter“, sagt Matthias Gauly vom Lehrstuhl für Produktionssysteme der Nutztiere an der Uni Göttingen. So funktionieren sie: Eine Kamera scannt das Euter, erkennt durch die individuelle Form das entsprechende Tier und setzt die Melkbecher optimal an. Euterpflege und Reinigung der Maschine laufen genauso automatisch wie die Kommunikation mit dem Landwirt. Bei Problemen schickt die Anlage eine Nachrichte auf das Smartphone des Bauern, auch Angaben zu Milchmenge und Qualität können gesammelt werden.
Roboter können im Stall auch noch andere Aufgaben übernehmen, beispielsweise die Fütterung. Ein Automat stellt die richtige Futtermenge zusammen und ein Roboter sorgt für neues Heu und sauberes Futter im Trog. Auch das Reinigen des Stallbodens von Mist ist bereits heute eine Routineaufgabe für Maschinen. Die Pläne der Entwickler gehen noch weiter. So können zusätzlich Sensoren das Vieh und seine Aktivitäten überwachen: Wie viel bewegen sich die einzelnen Tiere, trinken und fressen sie genug? „Den Landwirt machen diese technologischen Möglichkeiten noch lange nicht überflüssig“, sagt Gauly.
Das Smartphone wird zum neuen Werkzeug
„Die vielen Informationen sind nur sinnvoll, wenn sie auch ausgewertet werden und entsprechend darauf reagiert wird.“ Im Idealfall laufen die Daten auf dem Rechner des Bauern zusammen, können ausgewertet und gleichzeitig von anderen Systemen wie Fütterungsmaschinen genutzt werden. Ein mobiler Leitstand, auf dem Smartphone oder Tablet, wird so in Zukunft zu einem wichtigen Handwerkszeug für Bauern werden.
Der Göttinger Forscher sieht allerdings auch Nachteile. Bisher seien die Tiere im Stall an den täglichen Umgang mit dem Menschen gewöhnt, sagt Gauly. Ein Besuch vom Tierarzt oder der Weg zur Schlachtbank bedeuten deshalb im Idealfall weniger Stress. „Verschwindet der Mensch aber aus dem Stall, könnten neue Probleme entstehen.“ Deshalb steht bei den meisten Forschungsprojekten die Arbeitserleichterung und nicht das vollständige Ersetzen von Menschen im Vordergrund.
Mobiles Chemielabor auf dem Acker
Eine solche Arbeitserleichterung ist das „Precision Farming“. Über Sensoren und einen Bordcomputer in der Landmaschine erfährt der Landwirt, welche Düngemittel er wo und in welcher Menge auf den Boden geben muss. Das exakte Ausbringen übernimmt automatisch der Düngerstreuer. Die genaue Dosierung von Düngemitteln wie Stickstoff ist bisher eine schwierige Angelegenheit. Dünger ist im Boden mobil, ob die Pflanzen genug bekommen oder Nitrate ins Grundwasser übergehen, lässt sich deshalb oft nur schwer einschätzen. Einen vielversprechenden Ansatz liefern dabei Forscher der Uni Bremen. Sie entwickeln einen Chip zur Analyse des Nährstoffgehaltes. Mit einem kleinen Chemielabor auf dem Acker lässt sich der Boden analysieren. Ein Teelöffel Erde wird in Wasser aufgelöst und gefiltert, die elektrische Analyse der chemischen Bestandteile liefert innerhalb weniger Minuten Angaben zur idealen Dosierung des Düngers.
Für diese Technik sprechen zwei Argumente: Wirtschaftlichkeit und Umweltschutz. Dünger ist teuer, Überdüngung ist ein Problem für die Umwelt. Auch wenn die Präzision beim Ausbringen bereits verbessert wurde, werden nitrathaltige Düngemittel häufig noch in zu großen Mengen auf die Felder gebracht. Die Folge sind hohe Nitratgehalte im Grundwasser. Den oberirdischen Gewässern hingegen droht die sogenannte Eutrophierung, bei der der Sauerstoff knapp wird und viele Lebewesen sterben.
Scanner "sehen" Gräben früher als der Traktorfahrer
Eine weitere Erleichterung gibt es direkt bei den Landmaschinen. Wie im Auto nimmt auch im Cockpit der Trecker und Mähdrescher die Zahl der Assistenzsysteme zu. „Die Arbeit auf dem Traktor ist sehr anstrengend und Schichten von acht bis 14 Stunden sind keine Seltenheit“, sagt der Braunschweiger Forscher Ludger Frerichs. Die Zukunft könnte auch hier weitere Erleichterung bringen: Mithilfe von Laserscannern und GPS können sich die Fahrzeuge fast selbstständig auf den Feldern orientieren. Damit werden auch Hindernisse wie Gräben oder Rehe erkannt und so Unfälle vermieden.
Birk Grüling
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