Lebensmittelhygiene: Wie Gäste ein sauberes Restaurant erkennen können
Die Bundesregierung will mehr Transparenz bei Hygieneverstößen schaffen. Verbraucherschützer setzen auf eigene Initiativen
Mäuse unterm Herd, Schaben im Salat, Fett auf der Küchenablage – in jedem vierten Betrieb gibt es schätzungsweise etwas zu beanstanden. Wohl dem, der sich vor dem Restaurantbesuch informieren kann, wie es ein Lokal mit der Sauberkeit hält. Doch das ist schwierig: Kontrollbehörden veröffentlichen nämlich längst nicht alle Lebensmittelverstöße.
Die Politik will jetzt für etwas mehr Transparenz sorgen. So hat der Bundestag vorvergangene Woche entschieden, dass Behörden schwerwiegende Hygieneverstöße bald sechs Monate lang auf ihren Internetportalen veröffentlichen können. Die Änderung im entsprechenden Gesetzbuch kam allerdings nicht ganz freiwillig. Das Bundesverfassungsgericht hatte zuvor die Bundesregierung aufgefordert, endlich klare Regeln zu schaffen. Bislang gab es etwa keine einheitliche Frist, bis zu der Negativeinträge wieder gelöscht werden müssen. Manche Behörden haben gravierende Ekel-Fälle deshalb gar nicht erst auf ihren Internetseiten publik gemacht – aus Angst vor Rechtsstreitigkeiten.
Verbraucherschützer werden selbst aktiv
Oppositionspolitiker bezweifeln aber, dass sich für Restaurantbesucher wirklich etwas verbessert. Im Gegenteil: „Die sechsmonatige Frist zur Löschung von Informationen schwächt die Stellung der Verbraucher“, behauptet etwa Renate Künast, ernährungspolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag. So hätten einige Bundesländer die Informationen bislang sogar zwölf Monate zur Verfügung gestellt. Außerdem ist die Veröffentlichung mit einer Hürde versehen: Nur wenn Behörden einen Verstoß mit mindestens 350 Euro ahnden, darf er auf die Liste. Erschwerend kommt hinzu, dass es noch keinen bundesweit einheitlichen Bußgeldkatalog gibt. Zwar soll der bald kommen, noch aber kann der gleiche Verstoß etwa in Berlin unter der 350- Euro-Grenze liegen, während andere Bundesländer ihn mit einer saftigen Geldstrafe belegen.
Verbraucherschützer bemühen sich seit Jahren um mehr Transparenz in Lebensmittelbetrieben. Vereine wie Foodwatch setzen bislang auf eigene Initiativen, um Ekelfälle zu enttarnen. Eine davon ist die Plattform „Topf Secret“, ein gemeinsames Projekt von Foodwatch und dem Portal „Frag-den-Staat“. Über die Internetseite können Verbraucher die Ergebnisse von amtlichen Hygienekontrollen bei den zuständigen Behörden abfragen. Das Portal macht sich dabei das Verbraucherinformationsgesetz, kurz VIG, zunutze. Danach haben Bürger in der Regel das Recht, sämtliche Kontrollergebnisse aus den vergangenen fünf Jahren einzusehen. Das Prinzip: Auf einer virtuellen Stadtkarte klicken Verbraucher auf den Betrieb, zu dem sie sich Informationen wünschen.
Dänemark ist Vorbild für Transparenz
Anschließend stellen sie über ein Online-Formular mit ihrem Namen und mit Adressdaten einen Antrag auf Einsicht. Die Betreiber von Topf Secret schicken dann eine vorformulierte E-Mail mit den Daten an die zuständige Behörde. Mit einer Antwort dürfen Nutzer aber erst nach gut zwei Monaten rechnen. Wer spontan neugierig ist, dem hilft also auch Topf Secret nicht. Die Verbraucherschützer empfehlen außerdem, nicht mehr als drei Anfragen gleichzeitig zu stellen. Denn Anfragen bei ein und derselben Behörde sind nur bis zu einem Bearbeitungsaufwand von 1000 Euro kostenlos.
Wie von vornherein mehr Transparenz funktioniert, machen andere Länder vor: In Dänemark etwa erfahren Verbraucher direkt an der Ladentür anhand von Smiley-Symbolen, wie es um die Sauberkeit im Lokal bestellt ist. Das scheint zu wirken: Schon kurz nach der Einführung vor knapp 17 Jahren hat sich die Quote der beanstandeten Betriebe halbiert – von 30 Prozent auf rund 15 Prozent.
Branche wehrt sich gegen Vorwürfe
Ähnliche Transparenzzeichen gibt es etwa in Norwegen und Wales. Auch Pankow unternahm schon vor knapp zehn Jahren einen Versuch, ein solches Smiley-System einzuführen. Der Berliner Bezirk verteilte mal fröhlich, mal grimmig blickende Comic-Gesichter – abhängig von der Sauberkeit – an Gaststätten, Imbissbuden und Restaurants, ebenfalls einsehbar auf einer Internetseite. Den Smileys ist das Lachen allerdings wenige Jahre später vergangen. Betreiber klagten gegen die Veröffentlichung, das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg untersagte die Liste daraufhin.
Vereine wie Foodwatch kritisieren schon länger, dass Lebensmittelbetriebe die Veröffentlichung von Verstößen unbedingt verhindern wollen. Zuletzt machte Foodwatch ein internes Antwortmusterformular des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) öffentlich, das der Verband an seine Mitglieder herausgegeben hat. Mit dem Formular fordern beschuldigte Betriebe die Behörden auf, angefragte Kontrollberichte nicht an Verbraucher herauszugeben. Dabei wäre mehr Transparenz für die allermeisten Unternehmen die beste Werbung, sagt Arne Semsrott, Projektleiter von Frag- den-Staat. „Der Verband schützt die Schmuddelbetriebe und arbeitet gegen den Großteil der eigenen Mitglieder.“ Der Dehoga wehrt sich gegen die Vorwürfe: „Die Veröffentlichung von amtlichen Kontrollergebnissen schafft nur eine vermeintliche Transparenz“, sagt Dehoga-Hauptgeschäftsführerin Ingrid Hartges. Restaurantbesitzer und Mitarbeiter könnten längst gewechselt haben, doch Missstände blieben jahrelang in den Aufzeichnungen. Das könne Betrieben nachträglich die Existenz kosten. Zudem habe der Verband erhebliche Zweifel daran, dass die Veröffentlichung auf Topf Secret rechtens ist.
Gäste sollen Augen offenhalten
Ob nun durch Rechtsstreitigkeiten oder Behörden-Wirrwarr: Für Verbraucher bleibt es jedenfalls schwierig, hinter die Kulissen eines Restaurants zu schauen. Gäste sollten deshalb zumindest im Lokal die Augen offenhalten, rät Silke Schwartau von der Verbraucherzentrale Hamburg. „Ein insgesamt schmuddeliger Eindruck kann ein Hinweis darauf sein, dass das Restaurant es mit der Hygiene insgesamt nicht so genau nimmt.“ Indizien könnten schlecht gereinigte Toiletten, Lippenstiftreste an Gläsern oder dreckige Tische sein. In Imbissbuden sollten Gäste zudem auf saubere Kleidung des Personals achten. Und auch die Küchenutensilien wie Messer, Schneidebretter oder Eisportionierer sollten sauber sein. Langfristig müsse aber der Gesetzgeber reagieren, fordert Schwartau. „Mit einer Lebensmittelinfektion steht man alleine da.“